Roman
am Telefon war, wies Kristina sie an: „Wimmel ihn ab!“
Murrend tat ihre Freundin, was sie verlangte. „Sie will dich nicht sprechen, Tom. Wie oft muss ich dir das noch sagen?“, herrschte Rita ihn am Telefon an. „Es hat sich ausgedurdeld. Ruf nimmer an.“ Damit knallte sie den Hörer auf und wandte sich an Kristina: „Das war heute das 20. Mal, dass er angerufen hat.“ Dann reichte sie ihr entnervt einen Stapel mit handschriftlich beschriebenem Papier. „Und die hat er per Fax geschickt.“
Kristina warf nur einen flüchtigen Blick darauf. Ohne zu zögern, zerriss sie die Faxe und pfefferte die Schnipsel in Ritas Mülleimer.
Rita trommelte nervös mit den Fingernägeln auf den Schreibtisch. „Er kommt her, hat er gesagt. Er will mit dir reden. Der lässt nicht locker. Vielleicht …“
„Nur über meine Leiche. Ich will ihn nicht mehr sehen. Ende!“, rief Kristina und eilte zur Eingangstür. Der Schlüssel steckte bereits im Schloss, und sie überprüfte, ob die Tür auch abgeschlossen war.
Wie Rita befürchtet hatte, ließ Tom nicht locker. Doch sie legte jedes Mal auf, sobald er sich am Telefon meldete. Auch als er es mit unterdrückter Telefonnummer probierte, durchschaute Rita ihn sofort. An ihr als Zerberus kam Tom nicht vorbei.
Schließlich tauchte er persönlich auf und versuchte, in die Praxis zu kommen. Rita sah durch den Türspion und machte ihm nicht auf. „Verschwinde. Kristina will dich nicht sehen.“
„Rita, bitte, ich muss mit ihr reden“, flehte er. „Bitte lass mich rein.“
Rita war unschlüssig. Irgendwie tat ihr Tom leid. Und seine hartnäckigen Bemühungen, mit Kristina zu reden, imponierten ihr. Draußen klopfte Tom erneut gegen die Tür. Schließlich gab sie sich einen Ruck. Ach, was soll’s, dachte sie und wollte ihm gerade aufschließen, als Kristina wie ein geölter Blitz auf sie zugeschossen kam.
Sie zog den Schlüssel ab und fauchte: „Ich will ihn nicht sehen!“
„Ich kündige, wenn du so weitermachst“, warf Rita ihr an den Kopf. „Seit Tagen ist das hier wie im Irrenhaus. Wie lange soll das noch so weitergehen?“
„Bis er aufgibt“, erwiderte Kristina und ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst damit meinte.
„Und was ist mit dir? Wie lange willst du dich hier noch verschanzen?“
„Bis das da aufhört, so weh zu tun.“ Dabei fasste sie sich ans Herz.
„Ich will sie sehen“, sagte Rita.
„Wen?“
„Na, dieses Weib, mit dem er dich betrügt.“
„Wie soll das gehen? Wir können ja schlecht bei ihm klingeln“, meinte Kristina entrüstet.
„Ich schon.“
„Kommt nicht in Frage. Ich mach mich doch nicht lächerlich.“
Als Tom sich am nächsten Tag gemeinsam mit einem Patienten Zutritt verschaffen wollte, wurde Rita allerdings rabiat. „Drool die!“, schleuderte sie ihm entgegen und fuchtelte dabei wild mit einem Lineal herum.
Tom nahm ihr das Lineal ab und hielt sie an den Handgelenken fest. „Aber warum will sie mich nicht mehr sehen? Ich verstehe es nicht. Was hab ich denn falsch gemacht?“, fragte er verzweifelt.
Rita riss sich los. Inzwischen hatte sie hektische Flecken im Gesicht bekommen. „Du elender Hallodri“, schimpfte sie. „Du weißt genau, warum! Abmarsch!“ Sie erteilte ihm Hausverbot und drohte damit, die Polizei zu rufen, falls er noch einmal hier auftauchen würde.
Doch Tom gab sich nicht so schnell geschlagen. Er bombardierte Kristina weiter mit Faxen. Rita stellte daraufhin das Gerät ab. In den folgenden Tagen warf Tom Briefe in den Briefkasten. Auch sie landeten ungelesen im Papierkorb.
Rita begann, Kristina mit Argusaugen zu beobachten – so als hätte sie Angst, ihre Freundin würde sich etwas antun. Doch davon war Kristina weit entfernt. Stattdessen wuchs ihre Wut auf Tom und auf sich selbst immer weiter.
„Ich muss total verblödet gewesen sein, als ich auf diesen jungen Kerl hereingefallen bin. Ich hab mich total lächerlich gemacht“, sagte sie irgendwann.
Da platzte Rita der Kragen. „Etz her halt endle auf mit deim Rumgejammer, glaabsd es naa!“
„Du hast gut reden“, beschwerte Kristina sich schluchzend. „Wenn du sie gesehen hättest … so verliebt. Oh, wie gemein.“
Mit jedem neuen Tag gelang es Kristina ein bisschen besser, sich zusammenzureißen. Sie ging dazu über, Tom mit keinem Wort mehr zu erwähnen. Doch wenn sie nachts in ihrem Bett lag, kam das heulende Elend. Sie vergoss unzählige Tränen, und es dauerte lange, bis sie die Müdigkeit übermannte. Morgens
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