Romana Exklusiv 0172
„Befürchtest du, ich würde mich dafür rächen, dass du mich verlassen und mir meinen Sohn vorenthalten hast?“
„Du hättest hinter uns herkommen können“, entgegnete sie ruhig. „Wenn du uns wirklich gewollt hättest …“
Er stieß verächtlich die Luft aus, während es in seinen Augen ärgerlich aufblitzte. „Hast du das von mir erwartet, Davina? Wolltest du einen Mann haben, der dich immer wieder von Neuem erobert? Was war denn mit dem Mann, wegen dem du mich verlassen hast? Mit diesem Engländer, der dir mehr bedeutet hat als dein Ehegelübde? Was ist aus ihm geworden? Hat er sich nicht mehr für dich interessiert, nachdem du nicht mehr die Condesa de Silvadores sein wolltest?“
Davina hatte sich nie mit dem Titel anfreunden können. Doch das war jetzt nicht wichtig. Sie war bestürzt über Ruys Bemerkungen und zornig über die Unterstellung, sie sei mit einem anderen Mann zusammen gewesen.
„Es hat nie einen anderen gegeben!“, wehrte sie sich ärgerlich. Ruy glaubte ihr nicht, das sah sie ihm an.
„Nein?“, stieß er hervor. „Du lügst, Liebes. Man hat dich mit ihm in Sevilla gesehen. Außerdem weiß jeder, dass du mit ihm und meinem Kind Spanien verlassen hast.“
Auf einmal wurde ihr klar, was er meinte. Sie hatte zufällig einen Landsmann in Sevilla getroffen. Er war Künstler, und sie waren ins Gespräch gekommen. Ihre Schwiegermutter hatte sie in dem kleinen Straßencafé entdeckt. Unschuldig, wie sie gewesen war, hatte Davina angenommen, ihre Schwiegermutter sei entsetzt darüber, dass sie in so einem schäbigen Café saß. Doch offenbar hatte die Condesa gedacht, Davina hätte eine Affäre mit dem Mann. Jetzt begriff sie auch, warum Ruy bezweifelte, dass Jamie sein Sohn war. Monatelang hatte sie ihm ihre Schwangerschaft verschwiegen. Sie war verbittert gewesen, weil Ruy sie nicht liebte, und hatte die Tatsache, dass sie schwanger war, lieber für sich behalten.
„Wenigstens gibst du endlich zu, dass Jamie dein Sohn ist“, antwortete sie nur. Egal, was sonst noch unausgesprochen zwischen ihnen lag, was Jamie anging, durfte es keine Zweifel geben.
„Jedenfalls behaupten es alle“, erklärte Ruy. „Es muss während unserer Flitterwochen geschehen sein, ehe …“
„Ehe ich herausfand, weshalb du mich wirklich geheiratet hast?“, unterbrach Davina ihn und hob stolz den Kopf. Nachdem sie erfahren hatte, dass er Carmelita liebte, hatte sie sich geweigert, mit ihm zu schlafen, obwohl es ihr schwer gefallen war. Jede Nacht hatte sie stundenlang wach gelegen und sich daran erinnert, wie herrlich es gewesen war, neben Ruy einzuschlafen. Sie hatte sich unendlich sicher gefühlt in seinen Armen, doch diese Sicherheit war nur eine Illusion gewesen. Ruy hatte mit ihr geschlafen, weil sie ihm gezeigt hatte, wie leidenschaftlich sie ihn begehrte. Vielleicht hatte er sogar Mitleid mit ihr gehabt.
Immer noch verursachten ihr die Erinnerungen an ihre Flitterwochen Kopfschmerzen. Erst nach der Trauung hatte sie Ruys Familie und den Palacio kennengelernt. Er hatte erklärt, er würde sie mit nach Hause nehmen, in das Haus inmitten der Sierras. Davina war ganz aufgeregt und nervös gewesen. Dieser attraktive, weltgewandte Mann hatte sie geheiratet, und sie verließ ihre eigene Welt, um ihm in seine zu folgen. Mit Männern hatte sie, abgesehen von einigen harmlosen Küssen, die sie mit Jugendfreunden ausgetauscht hatte, keine Erfahrung. Ihre Eltern lebten nicht mehr, und sie war bei ihrer Großmutter aufgewachsen, die sie sehr streng erzogen hatte. Ruy lachte, als sie ihm zu erklären versuchte, wie unerfahren sie in der Liebe sei.
„Meinst du, ich hätte nicht gemerkt, dass du noch völlig unschuldig bist?“, fragte er liebevoll. Davina war damit zufrieden gewesen. Später, als sie die Wahrheit erfahren hatte, war ihr bewusst geworden, was für eine Ironie es gewesen war. Die Frau, die er eigentlich hatte heiraten wollen, kam aus denselben gesellschaftlichen Kreisen wie er und wusste genau, was einem Mann gefiel und was nicht, während sie …
Sie verzog das Gesicht. Hatte sie sich überhaupt verändert? Sie hatte ein Kind zur Welt gebracht, aber mit Männern hatte sie genauso wenig Erfahrung wie damals, als sie Ruy verlassen hatte. Er war ein geduldiger Liebhaber gewesen, behutsam und sanft hatte er ihre Sinnlichkeit geweckt.
Dass er den Raum durchquert hatte, fiel ihr erst auf, als er die Türen zum Patio öffnete. Er drehte ihr den Rücken zu und blickte hinaus in die
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