Romana Exklusiv 0172
kann Jamie dort schlafen.“
„Und ich auch“, erklärte Davina mutig. In ihrem kleinen Apartment in London teilte sie sich das Schlafzimmer mit Jamie. Er hätte sicher Angst so allein in einem fremden Raum.
„Nein, du schläfst in meinem Bett, Davina, sonst werde ich Jamie in einem anderen Flügel des Palacios unterbringen“, entgegnete Ruy hart.
„Aber warum?“
Er blickte sie hart und unversöhnlich an. „Weil du meine Frau bist, darum.“ Seine Stimme klang gefährlich sanft. „Ich will nicht den mitleidigen Blicken meiner Familie und des Personals ausgesetzt sein. Es würde sich rasch herumsprechen, dass meine Frau nur zurückgekehrt ist, weil sie nicht mehr neben mir im Bett liegen muss. Damals hast du es eine Erniedrigung genannt, stimmt’s? Du wirst dich daran gewöhnen, mit mir in einem Raum zu schlafen. Und du wirst begreifen, wie demütigend die Behinderung für mich ist. Ich bin sogar der Meinung“, er ließ den Blick über ihr blasses Gesicht gleiten, „du könntest Rodriguez ersetzen.“
Davina war die Kehle wie zugeschnürt. Sie schluckte, während tiefes Mitleid sich in ihr ausbreitete. Wie sehr musste dieser Mann leiden, der nie an seiner Kraft und Stärke gezweifelt hatte! Das war der schwerste Schlag, der ihn hatte treffen können. Obwohl er sie zutiefst verletzt und gedemütigt hatte, hätte sie am liebsten die Hand ausgestreckt und ihm das schwarze Haar aus der Stirn gestrichen. Und sie hätte ihn gern umarmt und getröstet. Diese Regung verblüffte sie. Was war mit ihr los? Sie verstand sich selbst nicht mehr.
Plötzlich ging die Tür auf, und Rodriguez kam mit dem Gepäck herein. Davina folgte ihm durch das Badezimmer mit der in den Boden eingelassenen grünen Malachitbadewanne und den Armaturen aus demselben Material.
In dem Ankleideraum standen ein Bett und mehrere Kommoden. Als sie wieder allein waren, zog sie Jamie aus und wusch ihn im Badezimmer. Dabei plapperte er unaufhörlich, und sie beantwortete seine Fragen beinah automatisch. Ihre Gedanken schweiften jedoch immer wieder zu seinem Vater.
Der Kleine war gerade fertig, als eine Frau eine köstlich duftende Paella auf einem Tablett hereinbrachte.
Jamie machte sich sogleich mit so viel Appetit über das Essen her, dass Davina lächeln musste. Der Junge hatte offenbar kein Problem damit, mit all dem Neuen, das auf ihn einstürzte, zurechtzukommen. Sie hatte es sich schwieriger vorgestellt.
Nachdem er eingeschlafen war, ging sie wieder ins Wohnzimmer. Zu ihrer Erleichterung war Ruy nicht allein. Sein Bruder leistete ihm Gesellschaft.
„Ruy, willst du es dir nicht noch einmal überlegen?“, hörte sie Sebastián fragen. „Du willst doch Davina bestimmt ersparen …“
„Du meinst, ich solle ihr den Anblick der Narbe ersparen?“, unterbrach Ruy ihn hart. „Warum? Ist mir etwas erspart geblieben? Nein, Sebastián, meine Frau kann von mir keine Rücksicht erwarten“, fügte er unbarmherzig hinzu. „Oder hast du Schuldgefühle, kleiner Bruder, weil du Madre keinen Enkel geschenkt hast? Dann hätte Davina nicht herkommen müssen.“
Davina stöhnte auf. Sogleich drehten sich die beiden Männer zu ihr um.
„Ah, da bist du ja“, sagte Ruy betont liebevoll. „Du kannst mir helfen, mich zum Essen umzuziehen.“
„Ich möchte nichts essen“, erklärte Davina.
In dem Moment mischte Sebastián sich ein. „Das kannst du nicht machen, Ruy! So etwas kannst du deiner Frau nicht zumuten. Bist du völlig gefühllos? Was macht Jamie?“, wandte er sich an Davina. „Hat er sich schon an die neue Umgebung gewöhnt?“
„Ja, schneller, als ich erwartet habe“, erwiderte sie. Sie bemerkte Sebastiáns schuldbewussten und irgendwie verlegenen Blick. Ihr war natürlich jetzt klar, warum er sich am Flughafen und während der Fahrt so seltsam verhalten hatte. Seine Mutter hatte ihn wahrscheinlich aufgefordert, Ruys Zustand nicht zu erwähnen.
„Ich bin gerührt, wie sehr mein Bruder um dich besorgt ist“, sagte Ruy ironisch, als Sebastián weg war. „Du hast doch hoffentlich noch ein anderes Outfit mitgebracht“, fügte er hinzu und musterte sie geringschätzig. „Du hast sicher nicht vergessen, dass wir uns zum Essen umziehen, oder?“
Sie hatte es nicht vergessen. Seit Jamies Geburt und ihrer Rückkehr nach England hatte sie kein Geld gehabt für irgendwelchen Luxus und elegante Abendkleider. Doch die Outfits, die Ruy ihr nach der Hochzeit gekauft hatte, besaß sie noch. Sie verzog verbittert die Lippen, als sie
Weitere Kostenlose Bücher