Romana Exklusiv 0186
„Aber das Leben in der Stadt verschafft ihnen Futter, sei also nicht zu traurig darüber. Viele Generationen haben ihr ganzes Leben auf den Dächern von Piccadilly verbracht. Etwas anderes haben sie nie gekannt, deshalb ist es ihnen auch nicht fremd erschienen. Aber in den zwei Jahren, die du in London bist, hast du dich sehr oft wie eine Fremde gefühlt, oder?“
„Manchmal“, gab sie zu, „aber ich passe mich an.“
„Nein“, widersprach er. „Vermutlich denkst du immer an Cathlamet, wo du als Kind deine Ponys übers Moor geritten hast. Cathlamet wartet auf deine Rückkehr.“
Das Herz wurde ihr schwer, als er das sagte. Deshalb also hatte er sie zum Piccadilly Circus gebracht, damit sie nachts die Vögel hörte und Heimweh nach ihrem Zuhause bekam.
„Wie du mir gesagt hast“, ihre Stimme klang jetzt wieder kalt, „lässt du dich bei deinen Entscheidungen niemals von Gefühlen leiten.“
Er antwortete nicht. Er hatte den Kopf nach hinten geneigt und lauschte den Vögeln. Auf seinem Gesicht lag, sie sah es, ein Ausdruck von Traurigkeit, die auch sie empfand, über diese ruhelosen Kreaturen, die in den blendenden, die Nacht ausgrenzenden Lichtern aufgeregt zwitscherten und mit den Flügeln schlugen.
Sie fröstelte leicht, und er bemerkte es. „Zeit, nach Hause zu gehen“, sagte er, und sie gingen zurück zum Wagen. In seinem Innern war es bald warm, und Bliss fühlte, wie ihre Anspannung etwas nachließ.
„Du … du wirst wohl bald die ersten Vorbereitungen treffen“, sagte sie vorsichtig.
„Für unsere Hochzeit, ja?“
„Ja. Du willst hoffentlich keine große Sache daraus machen.“
„Das will keiner von uns. Wir heiraten in Athen. Und anschließend fahren wir nach Dovima, auf eine Insel in der Ägäis, die mir gehört. Dort verbringen wir unsere Flitterwochen.“
„Aha!“ Bliss war sich seiner überdeutlich bewusst, als er das Wort aussprach. Ein Wort, das für verliebte Paare sehr aufregend sein und Vorstellungen von Sinnlichkeit und Romantik wecken musste. „Ich habe dabei wohl nicht viel zu sagen?“
„Du darfst dir dein Kleid aussuchen“, antwortete er trocken.
„Werden wir in einer Kirche getraut?“
„Natürlich.“
„Wird deine Mutter darüber erfreut sein, dass du eine Engländerin heiratest?“
„Nicht ganz.“
„O, Lukas … bitte … Wie könnten wir jemals glücklich sein?“
„Über Glück habe ich mir noch nie viele Gedanken gemacht.“ Der Wagen glitt ruhig an die Bordkante vor dem Haus, in dem Bliss wohnte. Sobald er anhielt, löste sie ihren Sicherheitsgurt, öffnete die Tür und flüchtete die Stufen zum Eingang hinauf. Sie kramte in ihrer Handtasche nach den Schlüsseln, da riss Lukas sie zu sich herum und zog sie in seine starken Arme. Wütend sah sie zu ihm auf. Der Lichtschein der Türbeleuchtung fiel auf ihr Gesicht, auf dem ein Ausdruck von Verzweiflung lag.
„Du denkst nur an dich“, stieß sie hervor. „Wenn ich auf ein wenig Glück hoffe – was ist dann? Zählt das gar nicht?“
„Du glaubst nicht, dass du mit mir glücklich sein kannst?“, fragte er.
„Mit dir?“ Sie sah ihn zweifelnd an, erstaunt über seine Frage. „Ich bin die Braut zum Sonderpreis, oder hast du das vergessen? Ich wurde gekauft und bezahlt!“
„Ja.“ Er schob die Finger in ihr Haar, legte ihr eine Hand auf den Nacken und küsste sie besitzergreifend. Wie ein Mann, dem Zärtlichkeit ein Leben lang fremd geblieben war. Bliss beugte sich ihm – wie sollte sie sich auch gegen ihn wehren? –, aber auf das fordernde Spiel seiner Zunge reagierte sie nicht. Bewusst teilnahmslos ließ sie seinen Kuss über sich ergehen, und plötzlich gab er sie leise fluchend frei.
„Ich bringe dich noch so weit, dass du in meinen Armen dahinschmilzt“, warnte er sie, und seine Augen funkelten gefährlich in seinem dunklen Gesicht.
„Wenn Eis schmilzt, Lukas, bleibt nur eine Wasserpfütze übrig.“ Den Kopf nach hinten geneigt, trotzte sie seinem gefährlichen Blick.
„Du hast auf alles eine Antwort parat, wie?“ Spöttisch verzog er die Mundwinkel. „Geh jetzt schlafen. Ich lass dann von mir hören.“ Er nahm ihre Hand und presste die Lippen kurz auf ihren Ring, dann machte er auf dem Absatz kehrt, eilte die Stufen hinunter und auf den Jaguar zu. Er ist, sagte sich Bliss, so geschmeidig und so sehr auf seine Beute konzentriert wie eine große Dschungelkatze. Und wenn es seinen Zwecken dienlich war, konnte er genauso grausam sein.
Sie ging ins Haus und schloss die
Weitere Kostenlose Bücher