Romana Exklusiv 0186
energisch. Sie ärgerte sich über ihre Gedanken.
„Es war ein schöner Tag, Mrs. de Montoya“, sagte Horst. „Es war sehr nett von Ihnen, dass ich bei David bleiben durfte.“
„Das ist doch selbstverständlich“, erwiderte Cassandra und forderte ihren Sohn auf, seine Shorts anzuziehen. „Wir haben uns gefreut, dass du da warst. Stimmt’s, David?“
„Was? Ach so, ja.“ David schnitt wieder ein Gesicht. „Es macht mir Spaß, ihm zu beweisen, was für ein Schwächling er ist.“
„Weißt du, was du bist? Ach, in Gegenwart deiner Mutter sage ich es lieber nicht.“ Horst musste lachen.
„Nur keine Hemmungen“, neckte David ihn. Dann liefen sie über den Strand und wälzten sich schon bald lachend im Sand.
Cassandra seufzte und folgte ihnen mit großen Schritten. David war größer und geschickter als Horst, und er war ein hübscher Junge. Cassandra konnte sich gut vorstellen, wie attraktiv er einmal werden würde. Hoffentlich schlägt er nicht in jeder Hinsicht nach seinem Vater, dachte sie deprimiert.
Die Pension del Mar war relativ klein. Eine gestreifte Markise schützte die weiße Fassade vor der Sonne. Der Service war überraschend gut, obwohl es eins der preisgünstigsten Angebote gewesen war. Señor Movida, der Inhaber, war ein freundlicher, netter Mann und bemühte sich sehr, seinen Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.
Zu ihrer Erleichterung stand der kleine Fiat, den Horsts Eltern gemietet hatten, auf dem Parkplatz vor der Pension. Und Horsts Vater wartete am Eingang schon auf seinen Sohn, der ihm entgegenlief.
„Er hat Glück“, sagte David leise.
Cassandra blickte ihn verblüfft an. „Wie bitte?“
„Horst kann glücklich sein, dass er einen Vater hat“, erklärte David mürrisch. „Vielleicht ist Post für uns da“, fügte er hinzu.
„Post?“, wiederholte sie verständnislos. „Wer sollte uns schon schreiben? Mit deinem Großvater haben wir erst gestern Abend am Telefon gesprochen.“
David zuckte die Schultern. „Ach, es war nur ein Gedanke“, antwortete er.
Plötzlich überlief es Cassandra kalt. Doch ehe sie überlegen konnte, was Davids Bemerkung zu bedeuten hatte, kam Horsts Vater auf sie zu.
„Ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie auf Horst aufgepasst haben, Mrs. de Montoya.“ Der Mann betrachtete bewundernd und ungeniert ihre schlanke Gestalt. „Hat er sich gut benommen?“
Sie war sich auf einmal viel zu bewusst, wie feucht ihr knöchellanger Baumwollrock war. „Ja, das hat er“, versicherte sie ihm. „Hat sich der Ausflug gelohnt?“
„O ja, es war sehr interessant.“ Der Mann nickte. „Wir haben einige Paläste und Museen besichtigt. Meinem Sohn hätte es sicher nicht gefallen.“
„Das glaube ich auch.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „David würde sicher auch nicht mit nach Sevilla fahren.“
„Wissen Sie, dass de Montoya in Andalusien ein sehr häufiger Name ist?“, fragte Horsts Vater. „Wir haben uns Literatur beschafft, und daraus geht hervor, dass die Familie de Montoya für die Qualität ihrer Weine und die prächtigen Stiere berühmt ist, die sie auf ihrem riesigen Landgut nicht weit von hier züchtet. Sind Sie vielleicht mit dieser Familie verwandt, Mrs. de Montoya?“
„Nein“, antwortete sie hastig.
In dem Moment kam ein Mann aus dem Haus. Cassandra wurde blass. Sie legte David schockiert die Hand auf die Schulter und stand wie erstarrt da. Das ist doch völlig unmöglich, schoss es ihr durch den Kopf. Aber es war wirklich Enrique de Montoya. Er blieb stehen und beobachtete die Szene vor ihm kühl und irgendwie verächtlich.
Du liebe Zeit, das gibt es doch gar nicht, überlegte Cassandra. Außer ihrem Vater hatte sie niemandem verraten, wo sie Urlaub machte. Ihr Chef, der Inhaber der Buchhandlung, in der sie arbeitete, wusste natürlich, dass sie in Spanien war, mehr jedoch nicht. Von ihm konnten es die de Montoyas nicht erfahren haben.
Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet. Enrique sah noch genauso aus wie damals, er war noch genauso stolz, arrogant, herablassend und attraktiv. Vor zehn Jahren hatte sie sich viel zu sehr zu ihm hingezogen gefühlt, was er rücksichtslos ausgenutzt hatte.
„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte Horsts Vater besorgt.
Cassandra hoffte verzweifelt, es sei reiner Zufall, dass Enrique hier aufgetaucht war. Vielleicht erkannte er sie ja gar nicht. David hatte er sowieso noch nie gesehen, und er ahnte auch nicht, dass es ihn überhaupt gab.
„Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher