Romana Exklusiv 0197
ihren Gedanken.
„Dummkopf“, erwiderte sie liebevoll und ging mit ihm zurück.
Man hatte die Brieftasche schon gefunden und händigte sie ihm aus. Danach hatte Noel keine Lust mehr, sich den Pazifik anzuschauen. Lysan war es recht.
Als sie später am Abend die Koffer packte, dachte sie darüber nach, wie sehr sich ihr Leben durch ihre Liebe zu Enrico verändert hatte. Normalerweise hätte sie sich gefreut, wieder nach Hause zu fliegen. Dieses Mal war jedoch alles ganz anders, sie würde die Rückreise mit sehr gemischten Gefühlen antreten. Wenn sie das Land verlassen würde, würde sie gleichzeitig jede Hoffnung aufgeben müssen, den geliebten Mann jemals wiederzusehen.
Traurig und bedrückt legte sie sich ins Bett. Sie konnte nicht einschlafen, sondern durchlebte in Gedanken noch einmal all die schönen Stunden mit Enrico. Ohne ihn würde ihr das Leben leer vorkommen. Trotzdem bedauerte sie es nicht, ihm begegnet zu sein. Sie hatte mit ihm gelacht, ihn geliebt und gehasst – ganz besonders dann, wenn er so kühl und eifersüchtig reagiert hatte.
Eifersüchtig? Unvermittelt richtete sie sich auf. War Enrico wirklich eifersüchtig gewesen?
Sorgfältig rief sie sich jeden Augenblick ihres Zusammenseins ins Gedächtnis zurück. War er an jenem Abend in der City, nachdem sie den Tag in Viña del Mar verbracht und er sie anschließend zum Dinner eingeladen hatte, etwa eifersüchtig gewesen? Nein, natürlich nicht, das ist absurd, sagte sie sich sogleich. Aber er war immer gereizter und aggressiver geworden, als er sie nach ihren Männerbekanntschaften ausgefragt hatte. Und nachher hatte er sich entschuldigt und sie geküsst.
Sehnsüchtig dachte Lysan an seine Zärtlichkeiten, verdrängte aber die Gedanken rasch wieder. Sie wollte sich nicht ablenken lassen, dazu war ihr die Sache zu wichtig. Sie stand auf und ging im Zimmer auf und ab, während sie versuchte, sich an jede Einzelheit zu erinnern, an Enricos Worte, seine Blicke und seine Stimmungsschwankungen. Am Ende war sie jedoch überzeugt, dass es nur Wunschdenken war, zu glauben, er wäre eifersüchtig gewesen. Denn wenn es so gewesen wäre, hätte er auch zumindest eine gewisse Zuneigung zu ihr empfunden, und das konnte sie sich nicht vorstellen. Nichts in seinem Verhalten ließ darauf schließen, dass er sie gern hatte.
Nach der schlaflosen Nacht war Lysan am nächsten Morgen sehr früh auf den Beinen. Noel wollte um zehn Uhr abfahren, damit sie am Flughafen noch reichlich Zeit hätten, einen Kaffee zu trinken. In gedrückter Stimmung ging Lysan hinunter zum Frühstück. Noel war nirgendwo zu entdecken. Da sie sowieso keinen Bissen hinunterbringen würde, trank sie nur ein Glas Orangensaft und bezahlte dann an der Rezeption die Rechnung.
Während sie auf das Wechselgeld wartete, fiel ihr ein, wie wütend Enrico sich zwischen sie und Noel gestellt und sie gefragt hatte, ob Noel sie belästigt hätte. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie seltsam seine Reaktion eigentlich gewesen war. Als der intelligente Mensch, der er war, hätte er sich denken können, dass sie sich nicht von einem Fremden umarmen lassen würde, ohne sich mit Händen und Füßen zu wehren. Offenbar war es eine Kurzschlusshandlung von Enrico gewesen. Aber warum? Was steckte dahinter?
Plötzlich stand ihr Entschluss fest. „Ich habe es mir anders überlegt und werde noch nicht abreisen. Kann ich das Zimmer noch eine Zeit lang behalten?“, fragte Lysan den Mann an der Rezeption.
„Ja, natürlich, Señorita Hadley“, antwortete er sogleich und lächelte sie freundlich an.
„Vielen Dank, Señor.“ Sie lächelte auch. Dann machte sie sich auf die Suche nach Noel.
Er frühstückte gerade. Lysan setzte sich zu ihm an den Tisch und erklärte ihm, dass sie den Urlaub verlängern würde.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein!“, rief Noel.
„Doch, es ist mir sogar sehr ernst.“ Sie wusste noch nicht, wie es weitergehen sollte und was sie als Nächstes tun würde, hatte jedoch das Gefühl, in Enricos Nähe bleiben zu müssen. „Warum? Du hast jetzt zweieinhalb Wochen die Sonne und Wärme genießen können.“
„Ich kann sie doch auch noch länger genießen, oder?“
Noel spürte, dass viel mehr dahintersteckte. Aber nachdem er mindestens fünf Minuten versucht hatte, sie zum Mitkommen zu überreden, sah er ein, dass sie nicht umzustimmen war.
„Wir können ja noch einige Tage hier gemeinsam verbringen“, schlug er vor, fügte jedoch sogleich hinzu: „Verdammt, das geht ja gar
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