Romana Exklusiv 0224
gelang ihr nicht.
Etwas anderes berührte sie allerdings seltsamerweise noch mehr. Sie hatte gemeint, die Trennung von David wäre sehr schmerzlich gewesen, doch verglichen mit den Qualen, die sie momentan durchlitt, schien diese nichts gewesen zu sein.
„Mit Männern hast du kein Glück“, sagte sie ärgerlich. „Du solltest besser ins Kloster gehen.“
Der Wasserkessel pfiff und rief sie an den Herd zurück. Sie bereitete sich einen Pulverkaffee zu, unterdrückte jeden Gedanken an Ray und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den vor ihr liegenden Tag. Im Dorf fand heute ein Markt statt, zu dem sie fahren wollte, um Gemüse und andere Vorräte einzukaufen. Sie setzte sich mit dem Kaffeebecher an den Küchentisch und machte eine Liste, die sie gerade fertig hatte, als ihr Handy klingelte. Vermutlich meine Mum oder Heidi, schoss es ihr durch den Kopf, und sie meldete sich.
„Hallo, Caitlin, bist du so weit, dass wir reden können?“, fragte Ray lässig.
Sie versteifte sich sogleich. „Dass du dich traust, mich anzurufen, überrascht mich sehr.“ In ihr herrschte ein Aufruhr der Gefühle, und sie stellte zu ihrem großen Schrecken fest, dass sie sich insgeheim freute, seine Stimme zu hören. Verzweifelt kämpfte sie dagegen an. „Nein, ich bin nicht so weit und werde es auch nie sein.“
„Sei nicht albern“, erwiderte er ungeduldig. „Ich habe dir eine Woche Zeit gegeben, damit du dich beruhigen und über alles nachdenken konntest. Das ist lang genug. Ich finde, wir sollten uns treffen und uns wie zwei Erwachsene unterhalten.“
Er sprach mit ihr, als wäre sie ein aufsässiges Kind! „Scher dich zum Teufel!“
„Was hast du heute vor?“
„Ich fahre zum Markt, um einzukaufen, obwohl dich das, verdammt noch mal, nichts angeht.“ Warum, in aller Welt, hatte sie es ihm überhaupt erzählt? „Ich will dich nie wiedersehen, Ray.“ Schon trennte sie die Verbindung und trommelte dann mit den Fingern nervös auf den Tisch, während sie versuchte, sich zu fassen. Es ärgerte sie entsetzlich, wie leicht er es schaffte, sie völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen. Schon beim Klang seiner Stimme bekam sie weiche Knie.
Eilig stand sie auf, um zu duschen, und nahm sich energisch vor, keinen einzigen Gedanken mehr an Ray zu verschwenden.
Warum nur entpuppen sich alle Männer in meinem Leben als Enttäuschung? fragte sie sich, während sie den Wasserhahn aufdrehte. Als sie zwölf gewesen war, hatte ihr Vater ihr und ihrer Mutter den Rücken gekehrt und sich fünf Jahre nicht mehr bei ihnen gemeldet. Dann war da Julian gewesen, der ihr schöngetan hatte, aber ein Lügner und Betrüger gewesen war. Die Beziehung zu David hatte in einem Fiasko geendet, und Ray vervollständigte die Liste. So seltsam es war, sein Verrat schmerzte am meisten, was eigentlich unerklärlich war, denn sie kannte ihn erst kurze Zeit. Wenn sie nur an seine leidenschaftlichen Küsse und Umarmungen dachte, an seine Zärtlichkeiten und Blicke, erwachte immer gleich ein heftiges Verlangen in ihr …
Du wolltest keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden, ermahnte sie sich und hielt das Gesicht unter den Wasserstrahl, als dieser plötzlich versiegte. War vielleicht die alte Armatur kaputtgegangen, oder hatte Ray ihr tatsächlich das Wasser gesperrt?
Mit zitternden Händen nahm sie das Badetuch, wickelte es um sich und drehte den Hahn am Waschbecken auf, um sich Gewissheit zu verschaffen. Doch auch hier floss kein Wasser.
Wütend stand sie da, konnte kaum glauben, dass Ray wirklich zu diesem Mittel gegriffen hatte. Dann rief sie sich ins Gedächtnis, wie kaltblütig er sie verführt hatte, um sein Ziel zu erreichen, und hatte keine Zweifel mehr. Da klingelte auch schon ihr Handy, und sie hielt es sich ans Ohr.
„Habe ich jetzt deine Aufmerksamkeit?“, erkundigte Ray sich kühl.
„Ich lasse mich nicht unter Druck setzen.“ Bestürzt merkte sie, dass ihre Stimme leicht bebte.
„Ich möchte nur, dass wir uns im Dorf zum Mittagessen treffen“, meinte er, als hätte sie nichts geantwortet. „Du hast gesagt, dass du zum Markt willst, also bist du schon vor Ort.“
„Ich will dich nicht zum Mittagessen treffen.“
„Möchtest du wieder Wasser haben?“
„Das weißt du ganz genau.“
„Dann sprich mir nach: ‚Ja, ich treffe dich um halb zwei zum Mittagessen im Restaurant am Marktplatz.‘“
Scher dich zum Teufel, hätte sie ihm am liebsten erwidert, schwieg aber eine Weile und versuchte, klar zu denken. Wasser tropfte ihr aus
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