ROMANA EXKLUSIV Band 0173
nicht zum ersten Mal beneidete Marian ihn um diesen festen Anker in der Wirklichkeit, in der Zukunft.
Grant Chapman, ein großer dunkelhaariger Mann mit scharfen Zügen, begrüßte Sam und Marian in gewohnt weltmännischer Art. Auch Tamsyn Chapman war freundlich und charmant wie immer, aber Marian glaubte bei ihr eine gewisse Zurückhaltung zu spüren.
Unsinn, ermahnte sie sich sofort, das bildest du dir nur ein, weil du weißt, dass Robert mit ihnen befreundet ist.
Das Haus der Chapmans war eine alte, geräumige Villa, aus Korallensandstein erbaut, auf einem wundervollen Hanggrundstück oberhalb der Lagune. Nach der erfolgten Renovierung erstrahlte es in neuem Glanz, was die geschmackvolle Einrichtung aus Antiquitäten, modernen Möbeln und ausgesuchten Kunstobjekten erst richtig zur Geltung brachte. Die meisten Gäste hatten sich draußen auf der großen Terrasse versammelt, von wo sich ein herrlicher Blick auf die unterhalb gelegene Lagune bot.
Marian und Sam hatten gerade fünf Minuten die Runde gemacht, als Marian Robert entdeckte. Sie hielt den Atem an. Ihr Herz hämmerte, als wolle es zerspringen. In den vergangenen zwei Monaten hatte sie Robert mit schmerzlicher Sehnsucht vermisst, und in den letzten beiden Tagen hatte sie sich immer wieder gefragt, ob es nicht feige gewesen war, seine unvergleichliche Leidenschaft so leichtfertig zurückzuweisen. Robert aber hatte offensichtlich keine Zeit mit derartigen Seelenqualen verschwendet.
Er unterhielt sich angeregt mit einer Frau, die sein Lächeln strahlend und verheißungsvoll erwiderte. Sie war ein hübsches, temperamentvolles Geschöpf mit seidigen schwarzen Locken und funkelnden Augen. Marian erkannte sie sofort, denn ihr Foto tauchte regelmäßig in den australischen Zeitschriften auf: Fiona Trickett, eine reiche Erbin, die mit ihrer Stiefmutter im Strandhaus irgendeines Millionärs auf Urlaub weilte.
Wutentbrannt wandte Marian sich nun ab, mehr denn je entschlossen, sich von Robert fernzuhalten. Ihr gegenüber hatte er stets Distanz gewahrt, während er bei dieser Fiona völlig locker und entspannt wirkte. Weil sie reich war? In dem Fall war er ein erbärmlicher Snob und konnte ihr nur leidtun.
Was natürlich Unsinn war. Tatsächlich fühlte Marian sich verraten und betrogen. Da war es leichter, Robert als Snob abzutun, als zuzugeben, er könne sich zu Fiona hingezogen fühlen. Marian schlenderte ein Stück hinaus in den Garten, um sich zu beruhigen.
Unten in der Lagune waren die Lichtfischer bei der Arbeit. Sie warfen ihre blitzenden Netze, die von unzähligen goldenen Lichtern markiert waren, über das dunkle Wasser. Verzaubert verlor Marian sich ganz in diesen Anblick und sog mit den Augen einer Künstlerin jedes Detail auf.
Sie war so versunken in dieses Schauspiel, dass sie die Stimmen in der Nähe erst registrierte, als es zu spät war, sich zurückzuziehen, ohne gesehen zu werden. Marian erstarrte, als sie Roberts Stimme erkannte. Die andere klang hell und noch sehr jung.
„… deshalb wollte ich erst dich fragen. Meinst du, es würde Gina gefallen?“
„Ja, ich glaube schon“, antwortete Robert ernst.
„Es ist so schwer, ein Geschenk für sie auszusuchen …“
„Das stimmt, aber du hast ein Talent, genau das Richtige zu treffen. Gina mag immer, was du ihr mitbringst.“
Roberts junge Begleiterin war offenbar hocherfreut über dieses ehrliche Lob. „Meinst du wirklich? Ich gebe mir jedenfalls Mühe.“
Wer war Gina? Anscheinend irgendeine gemeinsame Bekannte der beiden. Marian war wütend, weil sie lauschte und weil sie für einen Moment schon wieder eifersüchtig gewesen war. Dabei hatte Robert in völlig beiläufigem Ton von dieser Gina gesprochen.
Und sie wusste jetzt, mit wem er sich unterhielt: Es war Louise, die ältere Tochter der Chapmans, ein hübsches dreizehnjähriges Mädchen.
„Bleibst du länger?“ Louise gab sich deutlich Mühe, erwachsen zu klingen, aber es war nicht zu überhören, wie sehr sie Robert anhimmelte.
„Nein, diesmal nicht.“ In ungewohnt liebevollem, neckendem Ton fügte Robert hinzu: „Aber wir werden dich ja bald wiedersehen, wenn die Schule angefangen hat. Du wirst uns doch an den Wochenenden wieder besuchen, oder? Mrs. Hastie liebt es, dich zu verwöhnen.“
„Ja, natürlich, außer an den Wochenenden, die ich bei Großmutter und Großvater verbringe.“ Mit einer arglosen Begeisterung, die verriet, wie kindlich sie wirklich noch war, gestand Louise: „Ich bin verrückt nach Mrs.
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