ROMANA EXKLUSIV Band 0179
sie hervorbrachte.
„Es ist ganz einfach. Du heiratest mich, die Treuhandschaft ist aufgehoben, und du kannst mit dem Kasino tun, was immer du willst. Du bist Lester los, und er ist machtlos dagegen.“
„Aber … ich kann dich unmöglich heiraten! Ich … ich kenne dich doch kaum!“
„Das stimmt“, gab er zu. „Vielleicht gibt es sonst jemanden, den du bitten könntest, als überzeugender Bräutigam einzuspringen …?“
„Nein, gibt es nicht. Aber …“ Sie schüttelte den Kopf und bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen – die lange Nacht in der verqualmten Luft und die Aufregung während des Spiels hatten sie anscheinend benommen gemacht. „Also wirklich, dieses ganze Gespräch ist total lächerlich.“ Bemüht, ihr gewohnt kühles Lächeln aufzusetzen, reichte sie ihm die Hand zum Abschied. „Danke für den Vorschlag, aber ich habe nicht die Absicht zu heiraten – weder dich noch sonst jemanden. Und nun gute Nacht, Hugh, oder wie du vorhin schon sagtest, guten Morgen.“
Er sah sie einen Moment schweigend an, dann nahm er ihre Hand. Doch anstatt sie zu schütteln, führte er sie an seine Lippen und drückte einen sanften Kuss auf die Rückseite ihrer Finger. „Denk darüber nach“, sagte er leise. „Leb wohl, Natasha. Es war mir ein Vergnügen, deine Bekanntschaft zu machen.“
Er drehte sich um, ging die Terrassenstufen hinunter und den breiten Kiesweg unter den hohen Kokosnusspalmen entlang.
Natasha stand eine Weile auf der obersten Stufe und sah zu, wie er davonging. Jede Menge Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Er war nicht nur zum Pokern hierhergekommen; er hatte mit Lester eine alte Rechnung beglichen – dessen war sie ganz sicher. Nur, worum war es gegangen? Und hatte sie ihn wirklich angezogen, oder war auch das nur Teil seines Spiels gewesen?
Und weshalb hatte er vorgeschlagen, sie solle ihn heiraten …?
„Verdammt …!“ Sie durfte ihn nicht gehen lassen, ohne wenigstens auf einige dieser Fragen die Antwort zu haben. Entschlossen hob sie ihren langen Rock an, eilte die Terrassenstufen hinunter auf den Kiesweg und lief ihm nach. „Hugh – warte!“
Er drehte sich um, überrascht – oder vielleicht auch nicht –, als sie ihn eingeholt hatte.
„Wer bist du?“, fragte sie geradeheraus. „Warum bist du hierhergekommen? Du bist kein Berufsspieler, oder?“
Er lächelte leicht. „Wie hast du das herausgefunden?“
„Wenn du es wärst, hätte ich schon von dir gehört“, behauptete sie. „Die Welt ist klein. Gute Pokerspieler sind bekannt. Also, warum bist du gekommen? Es hat mit Lester zu tun, richtig?“
Er zögerte, schien kurz zu überlegen, ob er antworten sollte oder nicht, dann nickte er.
„Aber warum?“ Ihr fragender Blick suchte nach einer Antwort in diesen unergründlichen grauen Augen. „Du hast ihn vorher nie gesehen, zumindest kannte er dich mit Sicherheit nicht. Was hat er getan, dass du es ihm so heimzahlen musstest?“
„Ich hatte meine Gründe“, antwortete er ausweichend. „Aber ich will nicht, dass du da mit hineingezogen wirst.“
„Das bin ich schon“, erwiderte sie scharf. „Mir gehört das Kasino, falls du das vergessen haben solltest.“
Er schüttelte den Kopf. „Das habe ich nicht vergessen.“ Seine silberfarbene Fliege war gelockert, sein Hemdkragen geöffnet, seine elegante Smokingjacke hing über der Schulter und baumelte an einem Finger. Er schien den Kies zu seinen Füßen eingehend zu betrachten, eine tiefe Falte lag zwischen seinen dunklen Augenbrauen. „In gewisser Weise bist du wohl in die Sache verstrickt – ziemlich tief sogar. Vielleicht hast du ein Recht darauf, die ganze Geschichte zu erfahren.“
Natasha atmete scharf ein. Also hatte sie doch richtig vermutet. Und die Wahrheit war endlich in greifbare Nähe gerückt.
„Nur brauche ich im Augenblick etwas Schlaf“, fügte Hugh hinzu mit diesem unschuldigen Ausdruck, dem zu misstrauen sie gelernt hatte. „Lass uns heute Abend zusammen essen gehen, dann erzähle ich dir alles.“
Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. „Mit dir zu Abend essen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich …“
Er lachte. „Du lässt dich von Spielern nicht einladen? Aber wenn du erfahren willst, weshalb ich hierhergekommen bin, wirst du mit mir zu Abend essen müssen“, beharrte er.
Sie zögerte. Die warnenden Stimmen in ihrem Kopf stritten heftig mit denen, die sie drängten, die Gelegenheit zu nutzen – nur dieses eine Mal. Die warnenden Stimmen verloren.
Weitere Kostenlose Bücher