ROMANA EXKLUSIV Band 0179
Debbie hatte erwähnt, dass er ein Gewehr bei sich habe. Er wollte sich doch nicht umbringen …?
Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, doch die Tür war von innen verriegelt. Sie klopfte an, niemand antwortete. Sie klopfte noch einmal etwas lauter. „Lester?“
„Verschwinde. Ich habe zu tun.“
Er klang barsch und ungeduldig, aber Natasha ließ sich nicht so leicht einschüchtern wie Debbie. „Du kannst mich ebenso gut hineinlassen“, antwortete sie hartnäckig. „Sonst werde ich weiterklopfen.“
Sie hörte ihn fluchen, aber gleich darauf öffnete er die Tür. „Was willst du?“, fragte er und drehte sich schon wieder um, ohne eine Antwort abzuwarten.
Sie ging ins Zimmer und erblickte ein Chaos. Das falsche Bücherbord, das den Tresor verbarg, war angelehnt, und der Safe stand weit offen, auf dem Fußboden darum herum waren in einem großen Bogen Papiere verstreut. „Was geht hier vor sich?“, fragte sie möglichst unbeteiligt.
„Ich kümmere mich um meine Geschäfte“, antwortete er widerwillig. Er kniete inmitten der Papiere und schob einige planlos von einem Stoß auf den anderen.
„Das sehe ich. Es hat wohl nicht zufällig etwas mit letzter Nacht zu tun?“
Wütend warf er ihr einen Blick zu. Debbie hatte vergessen zu erwähnen, dass er auch betrunken war.
Natasha setzte sich auf den Rand des Schreibtischs und beobachtete ihn. „Du kannst nicht sagen, dass ich dich nicht gewarnt hätte, ihn zu unterschätzen“, bemerkte sie, nicht ohne eine gewisse Genugtuung.
„Zum Teufel“, knurrte er. „Wenn ich gewusst hätte, dass er ein verdammter Gauner ist …“
„Er ist kein Gauner!“, protestierte sie scharf. „Du hast dich selbst in diese Lage gebracht.“
„Ich möchte bloß wissen, wer er ist und was er hier zu suchen hat. Ist er schon verschwunden? Ist er abgereist aus seiner Strandhütte und zurück nach England?“
„Ich glaube nicht“, antwortete Natasha vorsichtig.
„Wer ist er?“ Sein Blick schoss im Zimmer hin und her. „Wozu treibt er sich hier herum? Was will er?“
Plötzlich hatte Natasha den Eindruck, dass ihr Stiefvater tatsächlich Angst vor Hugh Garratt hatte. Aber warum? Was ging vor zwischen den beiden? Sie war entschlossen, das herauszufinden, vor allem, da es mit Spaniard’s Cove zu tun hatte.
„Übrigens, ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich heute Abend nicht hier bin“, erklärte sie nach kurzem Zögern. Sie wusste selbst nicht, wann sie ihre Meinung geändert und entschieden hatte, Hughs Einladung doch anzunehmen.
Lester seufzte, stapelte die Papiere und begann, sie zurück in den Safe zu legen.
„Ich gehe heute Abend mit ihm essen.“
Die Papiere, die Lester gerade hielt, glitten aus seinen Händen und flatterten auf den Boden. Er fluchte heftig, tastete nach den Blättern, um sie aufzusammeln, und sah Natasha dabei, die Brauen zusammengezogen, an. „Soll das ein Witz sein?“
„Durchaus nicht. Er hat mich eingeladen, und ich habe Ja gesagt. So einfach ist das.“
„Verdammt!“, schimpfte er, und sein Gesicht wurde rot vor Zorn. „Nach dem, war er letzte Nacht getan hat?“
„Es war ein faires Spiel“, stellte sie fest, ihre Stimme kühl vor Verachtung. „Du hast verloren.“
Einen Moment glaubte sie, sie sei zu weit gegangen, und er würde die Beherrschung verlieren. Aber dann zügelte er sich und musterte sie mit verschlagenem Blick. „So, du gehst also mit ihm essen, ja? Warum hat er dich eingeladen?“
Sie zuckte gespielt gleichgültig die Schultern. „Vermutlich um meine Gesellschaft zu genießen.“
„Ha! So einer doch nicht.“ Er schüttelte den Kopf und schlug sich mit der Faust in die Handfläche der anderen Hand. „Er ist nicht nur zum Kartenspielen gekommen. Die Sache geht tiefer.“ Plötzlich veränderte er sich, sein Lächeln wurde warm, um seine Augen bildeten sich Lachfältchen, wie immer, wenn er versuchte, seinen ganzen Charme spielen zu lassen. „Du könntest es heute Abend herausfinden“, sagte er. „Du bist ein sehr hübsches Mädchen, weißt du – man merkt, dass er scharf auf dich ist. Du könntest es aus ihm herausholen – mit etwas Überredungskunst.“
„Oh?“ Natasha hatte das Gefühl, irgendetwas Schleimiges würde ihr über den Rücken kriechen. In seiner netten Art war Lester viel unangenehmer als in seiner ekelhaften. „Mit welcher Überredungskunst genau? Soll ich vielleicht mit ihm schlafen?“
„Natürlich nicht!“ Der beleidigte Ausdruck wirkte beinahe echt. „Als ob
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