ROMANA EXKLUSIV Band 0179
Matratze, zog die Knie an und legte die Arme darum. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Sie runzelte die Stirn. War Lester verrückt oder nur zu betrunken? Glaubte er wirklich, er könnte sie so unter Druck setzen, dass sie durch eine Unterschrift ihr Erbe an diesen schleimigen Tony de Santo verlieren würde?
Igitt … Allein bei dem Gedanken an ihn bekam sie eine Gänsehaut. Wie wollte er sie „überreden“? Man brauchte nicht viel Vorstellungsvermögen. Wenn sie daran dachte, wie er sie angesehen hatte, wie er sie überall betatscht hatte, bis sie ihm absichtlich auf den Fuß getreten war, um ihn zu warnen, sie in Ruhe zu lassen.
Das Problem war, wie sie zugeben musste, dass Lester völlig recht hatte – niemand würde sie vermissen. Sie hatten wechselnde Kundschaft. Niemand würde auch nur nach ihr fragen, und wenn, würde seine plausible Erklärung jeden zufriedenstellen. Nur Hugh hätte einen Verdacht schöpfen können, aber er war nicht da.
Ein leises Rascheln auf dem Fußboden in der Ecke erschreckte sie, und sie zog die Beine enger an. Lester hätte sie nicht erst an die Ratten erinnern müssen. Für gewöhnlich ließen sie sich nicht blicken, wenn man auftauchte, da sie lichtscheu waren, aber sie hatte noch nicht mal eine Kerze. Sie schauderte, aber nicht wegen der Kälte. Sie war erst kurze Zeit hier, und schon kam es ihr vor, als wären Stunden vergangen.
Würde er sie wirklich so lange hier unten schmoren lassen, bis sie diese Papiere unterschrieben hätte? Trotz allem fiel es ihr schwer, das zu glauben. Aber wenn er zum Äußersten entschlossen war … Und sie war ganz sicher, dass der Plan, sie einzusperren, nicht von ihm stammte, dafür war dieser Plan zu sorgfältig durchdacht. Sie wusste nicht viel von Tony de Santo und der Miami-Clique, bezweifelte jedoch, dass sie halbe Sachen machten.
Dieser Gedanke führte sie unweigerlich zu einem anderen, noch weit unerfreulicheren. Onkel Timothy. Bestimmt hätte er etwas gegen unsaubere Geschäfte. Aber er war ein alter Mann und nicht gerade bei bester Gesundheit. Für Tony und seine Kumpane dürfte es nicht allzu schwierig sein, ihn einzuschüchtern bis zur Fügsamkeit. Wenn sie nachgab und die Papiere unterschrieb, würde er ihr nächstes Ziel sein. Sie musste bei ihrer strikten Weigerung bleiben.
Nachdem ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, entdeckte sie eine Flasche Wasser und einen Plastikbecher neben der Matratze. Sie trank ein paar Schlucke, aber in Maßen, schließlich wusste sie nicht, wann und ob überhaupt Lester ihr noch mehr Wasser bringen würde. Ungeduldig schüttelte sie den Kopf und kämpfte die aufsteigende Panik nieder. Wenn sie erst anfing, so zu denken, würde sie verrückt werden. Bis man sie hier herausließe – falls man sie jemals wieder herausließe – wäre sie mit den Nerven fertig, und keiner würde sich ihre Geschichte auch nur anhören.
Sie schloss die Augen und suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, sich abzulenken. Gedichte – versuch einige der Gedichte herzusagen, die du in der Schule gelernt hast. Sie versuchte es, aber immer wieder schweiften ihre Gedanken ab und endeten bei Hugh Garratt.
Die Erinnerung an seine Küsse wärmte sie. Wenn nur …
Aber es hat keinen Zweck, sich zu wünschen, die Dinge wären anders gelaufen, schalt sie sich ungeduldig. Auch er war, auf seine Art, darauf aus gewesen, Spaniard’s Cove zu bekommen. Sie konnte froh sein, dass sie ihn davon überzeugt hatte, damit nur seine Zeit zu verschwenden. Inzwischen würde er vermutlich in England sein.
Während sie in diesem winzigen, kalten Keller eingeschlossen war, ohne Essen und mit einem ungewissen Schicksal vor sich.
Sie konnte gerade das beleuchtete Ziffernblatt ihrer Uhr in der Dunkelheit erkennen. War wirklich erst eine halbe Stunde vergangen, seit Lester sie hier eingesperrt hatte? Sie legte sich auf das Bett, blickte in die Dunkelheit und versuchte, sich im Geiste das Bild auszumalen, das sich ihr am Nachmittag vom Berghang aus geboten hatte: das dichte grüne Blätterdach üppiger Wälder unter ihr am Steilhang, und dahinter das weite blaue Karibische Meer.
Würde sie je wieder den warmen tropischen Regen auf ihrem Gesicht spüren oder den süßen Duft der Frangipani riechen …? Natasha sah auf die Uhr, zum hundertsten Mal, wie ihr schien. Fast zehn Uhr. Seit beinahe sechs Stunden war sie nun hier eingeschlossen ohne etwas zu essen. Manchmal hatte sie ein wenig vor sich hin gedöst,
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