ROMANA EXKLUSIV Band 0179
wünschte wirklich, du würdest mitkommen.“
Debbie schüttelte den Kopf. „Mir wird schon nichts passieren, ehrlich“, versicherte sie. „Mach dir keine Sorgen.“
„Na gut, aber du solltest den Schlüssel besser in seine Jackentasche zurückstecken, bevor er merkt, dass er fehlt“, schlug Natasha vor. „Vielleicht vermutet er ja auch gar nicht, dass du es warst, die mich herausgelassen hat.“ Obgleich das sehr unwahrscheinlich ist, dachte sie.
„Okay.“ Debbie ließ den Schlüssel in ihre Tasche gleiten. „Aber wohin willst du gehen?“
„Das weiß ich wirklich nicht. Darüber habe ich bis jetzt noch nicht nachgedacht.“
Sie könnte in ein Hotel gehen, aber dann wäre sie zu leicht zu finden, falls Lester und sein Freund Tony sie suchten. Oder sie könnte die Insel verlassen. Aber sie hatte nicht die Absicht, sich dauernd zu verstecken. Sie würde kämpfen um das, was ihr gehörte. Irgendwie.
„Was ist mit Lord Nevilles Freund?“, fragte Debbie. „Er hat zwar Lesters Geld gewonnen, aber das hat ja nichts mit dir zu tun. Und er schien dich sehr zu mögen. Sicher würde er dir helfen.“
Natasha schüttelte den Kopf. „Du meinst Hugh Garratt? Das nützt nichts, er ist abgereist. Heute Morgen hat er sich abgemeldet.“
„Nur für das Strandhaus“, antwortete Debbie unschuldig. „Lord Neville hat es mir gesagt. Er ist auf dem Segelboot – du kennst das schöne mit dem blauen Rumpf, das wir letztes Wochenende beim Einlaufen beobachtet haben? Es hat drüben im Jachthafen von St. Paul’s angelegt.“
Die Jacht hatte an dem Ponton am westlichen Ende des Kais festgemacht, innerhalb der Wellenbrecher – schnittig, mit Aluminium-Bootsrumpf und vielversprechender Geschwindigkeit. Natasha hatte die Jacht eine Woche zuvor beobachtet, wie sie vor dem Wind dahingeglitten war wie ein Vogel im Flug, während sie auf die Insel zusteuerte. Obwohl täglich Dutzende von Booten am Horizont vorbeizogen, hatte dieses eine ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Und nicht nur wegen des auffallenden Anstrichs, der sich von Reinweiß am Bug über ein Dutzend Aquamarin-Schattierungen bis zum tiefsten Indigoblau abstufte.
The Kestrel – der Name stand auf dem Heck. Der Sicherheitsbeamte im Jachthafen kannte Natasha schon von klein auf und hatte sie ohne Passierschein durchgelassen. Obwohl es schon nach elf Uhr war, brannte noch Licht in der Salonkajüte. Vorsichtig stieg Natasha die Leiter zum Ponton hinunter und überquerte das Deck aus Teakholz.
Sie hörte Gelächter, und es dauerte einige Augenblicke, bis auf ihr dezentes Klopfen an die Kajütentür geantwortet wurde. Schließlich wurde sie von einem rothaarigen, etwa zwanzigjährigen Burschen geöffnet, der bei ihrem Anblick große Augen machte. „G… Guten Tag“, begrüßte er sie auf Deutsch und wurde leicht rot unter seinen Sommersprossen. „Kann ich Ihnen helfen?“
Eine Stimme aus der Kajüte rief ihm etwas auf Deutsch zu, und er antwortete in derselben Sprache.
Natasha schüttelte den Kopf. Sie hätte es wissen müssen – Debbie musste sich getäuscht und Lord Neville falsch verstanden haben. „Bitte entschuldigen Sie, ich muss auf dem falschen Boot sein“, sagte sie und trat zurück. „Ich suche einen Mann namens Hugh Garratt.“
„Ah – ja, Sie sind auf dem richtigen Boot“, antwortete der junge Mann auf Englisch. „Bitte, kommen Sie rein.“ Er hielt ihr die Tür weit auf und warf einen neugierigen Blick auf ihre Reisetasche. „Käpt’n, Sie haben Besuch.“
Natasha spähte vorsichtig hinter ihn und sah eine elegant ausgestattete, teakholzverkleidete Kabine, einen leicht geschwungenen ovalen Tisch und Sitzmöbel mit cremefarbenen Lederpolstern. Es gab noch drei andere junge Männer, etwa so alt wie der, der ihr die Tür geöffnet hatte, und alle sahen sie mit unverhohlenem Interesse an.
Hugh hatte ihr den Rücken zugewandt, sich aber halb umgedreht, um über die Schulter zu blicken. Sobald er sie sah, stand er auf. „Natasha …!“ Einen flüchtigen Augenblick lang hätte sie fast geglaubt, echte Wärme aus seiner Stimme herauszuhören. Dann aber sah sie das spöttische Glitzern in diesen rauchgrauen Augen. „Nun, wie komme ich zu diesem Vergnügen?“, fragte er und zog sichtlich amüsiert eine Braue hoch, als er ihre Reisetasche bemerkte. „Ist es nicht ein bisschen spät für einen Besuch?“
Ihre blauen Augen blitzten kalt, aber sie hatte auch nicht erwartet, dass es leicht werden würde. „Ich … muss mit dir reden“,
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