Romana Extra Band 2
Alejandro unterrichtete Ramón Díaz seine Schüler persönlich. Mit dieser exklusiven Leistung betrieb er aggressiv Werbung und erzielte den gewünschten Erfolg – offenbar griffen die Leute gern tiefer in die Tasche, um sich von einem ehemaligen Starsegler unterrichten zu lassen. Etliche von Alejandros Stammkunden waren bereits zu der neuen Segelschule gewechselt, und wenn sich der Trend fortsetzte, würde es nicht mehr lange dauern, bis die Velero Escuela Santiago schließen musste. Schon jetzt bestritt Alejandro einen Teil der laufenden Kosten aus seinen persönlichen Ersparnissen, auf Dauer konnte das nicht so weitergehen.
Alejandro war klar, dass es nur zwei Dinge gab, die ihn retten konnten: Wenn er bekannt gab, dass er künftig ebenfalls selbst unterrichten würde, wäre dies eine Sensation – und er zweifelte nicht daran, dass sich das Blatt in Windeseile wenden würde.
Doch das kam nicht infrage. Er hatte sich geschworen, nie wieder aktiv zu segeln. Nicht nach dem, was vor zwei Jahren geschehen war …
Eine andere Chance bot die Regatta. Als man ihn gefragt hatte, ob er sich daran beteiligen wolle, hatte er sofort zugesagt. Der Segelwettbewerb war eine hervorragende Gelegenheit, um den Bekanntheitsgrad seiner Schule zu steigern und hoffentlich all jene kritischen Stimmen zum Verstummen zu bringen, die behaupteten, er sei zu arrogant, um persönlich zu unterrichten.
Dass die Regatta allerdings ausgerechnet von Pixie Hayworth organisiert wurde, gefiel Alejandro überhaupt nicht.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte und Jaime Chavez das Büro betrat. Der ältere Mann arbeitete seit der Gründung der Segelschule als Lehrer für ihn. Sie kannten sich seit einer Ewigkeit, Alejandro hatte als kleiner Junge das Segeln von Jaime gelernt. Es gab auf der Welt kaum einen Menschen, dem er mehr Vertrauen entgegenbrachte als dem alten Spanier.
„Hast du einen Augenblick Zeit?“ Jaime hielt ihm ein Briefkuvert hin. „Der ist von Sebastián.“
Alejandro unterdrückte ein Seufzen. Der neunjährige Sebastián litt an einer seltenen Krankheit, die bei der Hälfte der Patienten innerhalb von fünfzehn Jahren zu einem vollständigen Nierenversagen führte. Der Junge lag in der Kinderklinik bei Palma, die durch die Einnahmen der Regatta unterstützt werden sollte. Er verehrte Alejandro wie einen Helden. Im Augenblick fühlte sich Alejandro allerdings alles andere als heldenhaft.
Er nahm den Brief und legte ihn in seine Schreibtischschublade, um ihn später zu lesen.
„Wie kommst du mit der neuen Gruppe zurecht?“, fragte er Jaime.
Jaime zuckte mit den Schultern. „Wie mit jeder neuen Gruppe – es ist anstrengend, aber auch aufregend. Kommst du gleich zu uns, um die Teilnehmer zu begrüßen?“
„Sí, veijo amigo.“ Obwohl es wichtigere Dinge gab, um die er sich kümmern musste, wanderten Alejandros Gedanken umgehend wieder zu Pixie Hayworth, als Jaime den Raum verlassen hatte.
Und zu dem, was sie von ihm wollte.
Er fragte sich, ob die Essenseinladung ein Fehler gewesen war. Doch dann schüttelte er den Kopf. Pixie glaubte sicher, ihn dazu bewegen zu können, als Aushängeschild der Regatta zu fungieren. Doch sie irrte sich. Nichts auf der Welt konnte ihn dazu bringen, jemals wieder zu segeln. Dennoch wollte er mit Pixie ausgehen. Denn wenn sie den Segelwettbewerb ausrichtete, würde er in den kommenden Wochen eng mit ihr zusammenarbeiten müssen, sofern er die Chance nutzen wollte, seiner Segelschule wieder zu mehr Schülern zu verhelfen.
Außerdem gab es noch einen anderen Grund, weshalb er sie sehen wollte. Für Pixie hing viel, sehr viel davon ab, dass sie ihn dazu brachte, bei der Regatta mitzusegeln.
Und er wollte wissen, wie weit sie dafür gehen würde.
2. KAPITEL
„Ich bin noch immer völlig durcheinander.“
Stephanie saß auf dem Balkon ihres Apartments, als sie zwei Stunden später mit ihrer besten Freundin Mel telefonierte. Das weiße Sonnensegel war ausgerollt und spendete angenehmen Schatten gegen die grelle Mittagssonne.
„Also war es so schlimm, wie du befürchtet hast?“ Melanie Stone und Stephanie hatten sich während des Studiums kennengelernt und waren seitdem eng befreundet.
„Viel schlimmer!“ Stöhnend strich Stephanie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Als ich ihm gegenüberstand … es war, als hätte mich eine Zeitmaschine in die Vergangenheit katapultiert. Dabei tat er erst so, als wüsste er nicht, wer ich bin. Aber er hat
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