Romana Extra Band 2
wenn du tätest, was Pixie von dir will, und als aktiver Segler an der Regatta teilnehmen würdest, könntest du obendrein eine super Reklame für deine Schule machen.
Er stand auf und trat ans Fenster.
Es war spät, doch der Mond schien hell und tauchte die Segelboote, die am Steg vertäut lagen und sanft in der Dünung schaukelten, in silbriges Licht.
Der Anblick war Alejandro vertraut und fremd zugleich.
Vertraut, weil er in seinem Leben mehr Zeit auf den Planken eines Bootes als an Land verbracht hatte. Dem Segeln hatte seine ganze Liebe gegolten. Den Wind in den Haaren zu spüren, das Salz auf den Lippen zu schmecken … Allein die Erinnerung daran beschwor ein Hochgefühl in ihm herauf, wie er es lange nicht mehr verspürt hatte.
Doch dann sah er wieder das schreckliche Bild vor sich, wie Estefan vom Segelbaum am Kopf getroffen und über Bord geschleudert worden war. Sein bester Freund, der eigentlich gar nicht an Bord hätte sein sollen. Der auf diesem Törn nur mitgesegelt war, weil er, Alejandro, darauf bestanden hatte und …
Unwillkürlich fingen seine Hände an zu zittern, und er fluchte unterdrückt. Was war bloß aus ihm geworden? Wie hatte es so weit kommen können? Hätte ihm jemand vor ein paar Jahren gesagt, dass der Gedanke, an Bord eines Bootes zu gehen, ihn einmal in regelrechte Panik versetzen würde, er hätte denjenigen wohl einfach ausgelacht. Und doch war es so, allein die Vorstellung zu segeln machte ihm Angst.
Und wie lange willst du willst du noch zulassen, dass deine Dämonen dich beherrschen?
Er straffte die Schultern, verließ sein Büro und verschloss die Tür.
Kühle Abendluft schlug ihm entgegen, als er nach draußen trat, doch ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Er empfand Abscheu vor sich selbst. Was war er für ein elender Feigling, dass er nicht einmal seine eigene Angst in den Griff bekam!
Was war denn schon dabei? Er musste einfach nur an Bord eines der Boote gehen. Etwas, das er in seinem Leben schon unzählige Male getan hatte. Wie konnte das plötzlich so schwierig sein?
Der Steg schwankte leicht, als er ihn betrat, doch Alejandro gab sich einen Ruck. Jeder Schritt kostete ihn unendliche Überwindung. Und es wurde schwerer, je weiter er sich vom Empfangsgebäude entfernte. Ohne es zu merken, ballte er die Hände so fest zu Fäusten, dass sich die Nägel in die Haut gruben. Sein Körper war angespannt wie eine Bogensehne.
Das leise Knarren der Bordwände, wenn die Dünung die Boote gegen den Anleger drückte, drang an seine Ohren. Früher hatte er dieses Geräusch kaum wahrgenommen. Das Flattern eines Segels im auffrischenden Wind war ihm ebenso vertraut gewesen wie der eigene Herzschlag.
Der Sport hatte ihm alles bedeutet.
Und nun war er sein schlimmster Albtraum. Vor allem, weil ein Teil von ihm sich danach sehnte, ihn wieder ausüben zu können. Das Hochgefühl zu erleben, das einen erfasste, wenn man hart am Wind segelte. Den Rausch der Geschwindigkeit, das pure Glück, den Elementen zu trotzen.
Das alles hatte er verloren, und an manchen Tagen wünschte er sich verzweifelt, es wieder zurückzubekommen.
Wieder der Mensch zu sein, der er einmal gewesen war.
Doch davon war er meilenweit entfernt. Und die meiste Zeit über fand er, dass er sich absolut lächerlich verhielt. Ein erwachsener Mann, der nicht in der Lage war, das zu tun, was er sein ganzes Leben lang getan hatte.
Das war vielleicht das Unerträglichste an der ganzen Situation: dass er genau wusste, wie unnormal sein Verhalten war. Es gab absolut keinen Grund für ihn, sich vor irgendetwas zu fürchten. Bei dem Unfall hatte er selbst sich zu keiner Zeit in unmittelbarer Gefahr befunden. Dass es überhaupt zu der Katastrophe gekommen war, ließ sich nur durch eine Verkettung unglücklicher Umstände erklären.
Trotzdem war ein Mensch ums Leben gekommen. Und er fühlte sich schuldig deswegen.
Nein, er fühlte sich nicht nur schuldig, er war es tatsächlich. Immerhin hatte er, als Skipper und Besitzer des Segelbootes, die Verantwortung für alles getragen. Wenn auch vielleicht nicht im rechtlichen Sinne, so doch zumindest im moralischen.
Er hatte das Ende des Steges erreicht und stand nun unmittelbar vor der Gangway, die an Bord der Ocean Cruiser führte.
Auf dieser Jacht war das schreckliche Unglück geschehen. Es lag nunmehr fast zwei Jahre zurück, doch für Alejandro machte das keinen Unterschied. Er schreckte nachts noch immer schweißgebadet aus dem Schlaf. Hörte Estefans gellenden
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