Romana Extra Band 2
sprang von der Bank auf und entfernte sich ein paar Schritte. Schwer atmend blieb sie mit dem Rücken zu ihm stehen und versuchte, ihre Fassung zurückzugewinnen.
Schließlich, als sie merkte, dass Alejandro hinter sie getreten war, drehte sie sich um und sagte so kühl, wie es ihr möglich war: „Ich denke, es ist besser, wenn wir jetzt zum Auto zurückgehen und losfahren. Sonst verpassen wir noch unseren Termin.“
Alejandro fixierte sie einen Moment mit seinem Blick. „Sí“ , antwortete er dann und nickte.
Schweigend machten sie sich auf den Weg.
6. KAPITEL
Das Meeting mit Felipe Gonzales dauerte kaum mehr als zehn Minuten. Dann schlug der Chefredakteur der Diario Prensa vor, das geplante Fotoshooting nicht in der Redaktion stattfinden zu lassen, sondern im Park des Krankenhauses, dem die Erlöse aus der Regatta zufließen würden. So konnte das Zeitungsteam Alejandro gleich begleiten, wenn er die kleinen Patienten besuchte, auf deren Schicksale aufmerksam gemacht werden sollte.
Alejandro hatte sich dazu bereit erklärt – allerdings unter der Bedingung, dass er in dem mehrseitigen Bericht nicht in den Vordergrund gerückt wurde. Ihm war es wichtig, dass der Artikel die Kinder, die in der Spezialklinik behandelt wurden, in den Mittelpunkt stellte.
Stephanie hätte nicht überraschter sein können. So viel Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbewusstsein hatte sie dem Mann, von dem sie ganz andere Seiten kannte, nicht zugetraut.
Ähnlich verwundert war sie, als Alejandro auf der Mitwirkung eines ganz bestimmten kleinen Patienten bestand. Der Name des Jungen war Sebastián, und er sollte bei dem Fotoshooting unbedingt dabei sein. Stephanie konnte nicht recht einordnen, warum es Alejandro so wichtig war, mochte ihn aber auch nicht fragen.
Als sie zusammen mit dem Fotografen und seinem Assistenten das Hospital de Niños de San Martín erreichten, war es später Nachmittag. An der Pforte wurden sie von einem älteren Arzt abgeholt, der sich als Professor Dominguez vorstellte, Direktor der Klinik. Alejandro hatte ihn über ihr Kommen informiert, und Dominguez wollte es sich nicht nehmen lassen, ihn, Stephanie und die Leute von der Zeitung persönlich herumzuführen.
Stephanie war schon einmal wegen einer Besprechung in dem Krankenhaus gewesen. Doch bei ihrem letzten Besuch hatte sie keine der Stationen gesehen – anders als jetzt. Und der Anblick der vielen Kinder, die zum Teil wegen schwerer Erkrankungen in der Klinik waren und trotz allem immer noch ein fröhliches Lächeln auf dem Gesicht hatten, berührte sie tief.
„Sie haben ja gar keine Ahnung, wie wichtig diese Spenden für uns sind“, erklärte Professor Dominguez, während sie die onkologische Abteilung durchquerten. „Sicher, die Krankenversicherung deckt die Kosten für die Behandlung unserer kleinen Patienten. Doch gerade bei uns geht es nicht nur um medizinische Aspekte, sondern darum, den Kindern Sicherheit und Wärme zu geben.“
„Das stelle ich mir nicht immer ganz einfach vor“, entgegnete Stephanie.
„Da haben Sie recht.“ Der Professor nickte. „Ich meine, wie tröstet man einen Fünfjährigen, der zum ersten Mal in seinem Leben von seinen Eltern getrennt ist? Wie erklärt man einer Dreijährigen, dass sie eine schmerzhafte Therapie durchstehen muss, um wieder gesund zu werden?“ Er seufzte. „Ich darf mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Arbeit hier nicht leicht ist – aber sie lohnt sich mit jedem Kind, das unsere Klinik gesund und munter verlassen kann. Das zeigt einem dann immer, dass es die Mühen wert ist.“
„Und was ist mit denen, die …“ Stephanie schluckte hart, unfähig, den schrecklichen Gedanken in Worte zu fassen.
Der Klinikdirektor verstand sie auch so. „Natürlich gibt es Patienten, denen wir nicht helfen können, ganz gleich, wie sehr wir es uns auch wünschen mögen. Und gerade deshalb ist es so wichtig, den Kindern eine Umgebung zu bieten, in der sie sich wohlfühlen.“ Sie erreichten einen Raum, bei dem es sich offenbar um eine Art Spielzimmer handelte. Ein halbes Dutzend Kinder lachte und tobte ausgelassen herum, sodass man kaum glauben mochte, es mit Kranken zu tun zu haben.
Die Unbeschwertheit der kleinen Patienten führte Stephanie genau das vor Augen, was der Professor gesagt hatte. Nur so konnten die Kinder zumindest für eine Weile die Bürde vergessen, die sie mit sich trugen.
„Erzählen Sie Stephanie und den anderen von Ihren Plänen“, forderte Alejandro den
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