Romana Extra Band 2
gewesen, und es gab keinen Grund anzunehmen, dass es sich heute anders verhielt.
9. KAPITEL
Alejandro hatte eine harte Nacht hinter sich, davon zeugten nicht zuletzt die dunklen Ringe um seine Augen. Entsprechend schlecht war seine Laune, als Jaime am späten Vormittag das Büro betrat.
„Es hat wieder zwei Stornierungen gegeben.“ Der Spanier sprach in bemüht neutralem Tonfall, doch Alejandro hörte den leisen Vorwurf in seinen Worten. Und während er sonst darüber hinweggegangen wäre, machte ihn Jaimes Kritik an diesem Tag wütend.
„Warum sagst du nicht gleich, dass es meine Schuld ist?“, fuhr er ihn an. „Und dass du mich für einen Schwächling und Versager hältst?“
Einen kurzen Augenblick lang schien Jaime ebenfalls aufbrausen zu wollen, doch der Zorn in seinen Augen erlosch so rasch, wie er aufgeflackert war.
Alejandro wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte. „Jaime hör zu, es tut mir leid. Ich …“
„Schon gut.“ Jaime winkte ab. „Wir sind Freunde, Alejandro. Und als dein Freund sage ich dir, dass du deine Firma verlieren wirst, wenn du nicht bald die Reißleine ziehst. Einen oder zwei Monate stehen wir bei dieser Auftragslage vielleicht noch durch, aber …“
„Denkst du, das weiß ich nicht?“, knurrte Alejandro. „Ich zerbreche mir Tag und Nacht den Kopf darüber, was ich unternehmen kann, um das Ruder herumzureißen, aber …“
„Alejandro, ich kann nicht länger die Augen davor verschließen, was mit dir passiert“, fiel Jaime ihm beinahe grob ins Wort. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich weiß, dass du dich für Estefans Tod verantwortlich fühlst, und das ist vermutlich einfach nur menschlich. Aber du hast dich lange genug dafür bestraft, Alejandro. Und eines weiß ich genau: Estefan hätte nicht gewollt, dass du seinetwegen dein ganzes Leben aufgibst. Sebastián und seine Mutter wollen das ebenso wenig. Vielleicht“, fuhr Jaime etwas ruhiger fort, „solltest du über deinen Schatten springen und Kontakt mit deiner Familie aufnehmen …“ Er seufzte.
Alejandro sah aus dem Fenster, ohne etwas zu erwidern. Was hätte er auch sagen sollen? Im Grunde wusste er ja, dass Jaime recht hatte. Es war an der Zeit, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen. Das bedeutete schließlich nicht, dass er Estefan vergessen oder nicht mehr für Sebastián und seine Mutter da sein würde.
Aber er musste auch sein eigenes Leben wieder in den Griff bekommen.
Denn bei seinem Vater zu Kreuze zu kriechen und um Hilfe zu bitten, kam für ihn nicht infrage. Seine beiden älteren Brüder mochten sich inzwischen wieder mit Miguel versöhnt haben, doch Alejandro war nicht bereit, einzulenken.
Nicht, solange sein Vater sich nicht bei ihm entschuldigt hatte.
Seufzend drehte er sich um. Jaime war gegangen, doch das änderte nichts an dem Entschluss, den er gerade gefasst hatte.
Alejandro setzte sich an seinen Schreibtisch und wählte eine Telefonnummer, die er schon lange nicht mehr gewählt hatte. So lange, dass die Person, die sich nach mehrfachem Klingeln am anderen Ende der Leitung meldete, vollkommen überrascht war, seine Stimme zu hören.
„Alejandro! Mit dir hätte ich nun wirklich nicht gerechnet.“ Roberto Alvarez, der für die Sportnachrichten bei einem regionalen Fernsehsender zuständig war, schlug einen scherzhaften Ton an. „Was ist los? Willst du nun doch einen Comeback-Versuch starten?“ Er schien die Möglichkeit nicht wirklich in Betracht zu ziehen.
Alejandro lachte leise. „Es als Comeback zu bezeichnen, ist vielleicht etwas übertrieben, aber …“
„Warte!“, fiel Alvarez ihm aufgeregt ins Wort. „Soll das etwa heißen …? Nein, sag nichts! Wann hast du Zeit? Egal, ich komme auf jeden Fall gleich zu dir. In spätestens einer halben Stunde bin ich da!“
Er legte auf, ehe Alejandro etwas erwidern konnte.
Sosehr Stephanie sich den ganzen Tag über bemüht hatte, sie war nicht in der Lage gewesen, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Und nun ging es auf acht Uhr zu, und der Papierstoß auf ihrem Schreibtisch war nur unwesentlich geschrumpft.
Es klopfte, und Helena trat ein. „Brauchen Sie mich heute noch?“
„Nein.“ Stephanie schüttelte den Kopf. „Machen Sie Feierabend – Sie haben es sich redlich verdient.“
Ganz im Gegensatz zu mir, führte sie den Satz im Geiste zu Ende.
„Sie sollten aber auch nicht mehr zu lange arbeiten“, tadelte Helena sie. „Machen Sie ruhig Schluss – um den restlichen Papierkram
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