Romana Extra Band 2
immer noch zu seinem Sohn, sagte ich mir. Doch ein Anschließend gab es nicht mehr für ihn. Und das ist meine Schuld. Es ist meine Schuld, dass Estefan nicht mehr lebt, und es ist meine Schuld, dass sein Sohn keinen Vater mehr hat.“
Stephanie sah ihn an. In ihrem Blick lag weder eine Anklage noch ein Vorwurf, nur Mitgefühl. Und noch etwas anderes – eine Ahnung. „Wie … heißt Estefans Sohn?“, fragte sie gespannt.
„Sebastián“, antwortete Alejandro heiser. „Sein Name ist Sebastián.“
Stephanie schlug das Herz bis zum Hals.
Es war das erste Mal, dass Alejandro ihr gegenüber eine Schwäche zugab. Dass es noch dazu um etwas ging, das ihn schon seit Jahren schwer belastete, machte das Eingeständnis umso erstaunlicher.
„Solche Dinge geschehen“, sagte sie ruhig. „Es war ein Unfall, Alejandro. Niemand ist dafür verantwortlich.“
Sie kannte Alejandro gut genug, um zu wissen, dass er es darauf nicht beruhen lassen konnte, und sie verstand ihn. Er hatte einen Freund verloren, und er gab sich die Schuld an der Tragödie – erst recht, da der kleine Sebastián sein Schicksal nun ohne die Unterstützung und die Liebe seines Vaters meistern musste. Stephanie erinnerte sich gut daran, wie Alejandro mit dem Jungen im Krankenhaus umgegangen war. Schon da hatte sie geahnt, dass es eine tiefere Verbindung zwischen den beiden gab.
Nun erschien es ihr auch nicht mehr verwunderlich, dass Alejandro es abgelehnt hatte, selbst zu segeln. Allerdings … Sie runzelte die Stirn, als ihr ein Gedanke kam.
„Wenn du wirklich …“, begann sie unsicher. „Ich meine … Ist es dir zwischenzeitlich gelungen, deine Furcht zu überwinden?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Zumindest nicht bis gerade eben.“
Stephanie hielt den Atem an. „Willst du damit sagen …?“
„Dass ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Boot betreten habe?“ Er nickte. „Ja, so ist es. Ich kann es selbst noch nicht recht glauben, aber es sieht so aus, als hätte ich einen großen Schritt nach vorne gemacht.“
Stephanie musterte ihn verblüfft. Dass er so offen über den Kampf gegen seine Schwäche sprach, erstaunte sie noch immer. Und es berührte sie tief, dass er sich ausgerechnet ihr mitteilte. Betrachtete er sie am Ende vielleicht doch nicht nur als Spielzeug, oder hatte er seine Meinung über sie geändert?
Er hat immerhin mit dir geschlafen, sagte sie sich. Da sollte man davon ausgehen können, dass du ihm etwas bedeutest.
Nein, im Grunde wusste sie es besser. Viele Menschen waren in der Lage, Sex und Gefühle voneinander zu trennen. Sie hatte das nie gekonnt, doch das war ihr Problem, nicht Alejandros.
„Aber das ist ja wunderbar“, erwiderte sie. „Dann kannst du ja doch an der Benefizregatta teilnehmen, und alle sind zufrieden.“ Die Worte waren heraus, ehe sie sie zurückhalten konnte, und als sie in Alejandros finstere Miene blickte, schlug sie sich erschrocken die Hand vor den Mund, „Nein, so habe ich das nicht gemeint“, schränkte sie ein. „Ich wollte nur … Ich …“
Er musterte sie kalt. „Ich verstehe sehr gut, wie du es gemeint hast, Pixie.“ Im Nu war er auf den Beinen und zog sich an. Anschließend sammelte er ihre Sachen auf und warf sie ihr hin. „Beeil dich“, sagte er knapp. „Wir hatten unseren Spaß, aber jetzt muss ich mich um ein paar wirklich wichtige Dinge kümmern.“
Mit vor Scham brennenden Wangen schlüpfte sie in ihre Hose und streifte ihr Top über. Im Grunde hast du es doch gewusst. Oder hast du dir tatsächlich eingebildet, dass ihm das hier etwas bedeutet?
Schweigend machten sie sich auf den Rückweg. Alejandro hielt ihr das Tor auf, zog es hinter sich zu und schloss ab. Dann ging er zu seinem Wagen, öffnete ihr wortlos die Beifahrertür, und sie stieg ein.
Stephanie lag auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Sie war todmüde, doch der ersehnte Schlaf wollte einfach nicht kommen. Und obwohl sie versuchte, ihn aus ihrem Kopf zu vertreiben – ihre Gedanken kreisten immerzu nur um Alejandro.
Sie empfand noch immer etwas für ihn – das zu bestreiten wäre absurd gewesen. Sie brauchte ihn nur anzusehen, um es zu wissen. Die Art und Weise, wie sie jedes Mal Herzklopfen bekam, wenn er sie anblickte, sprach Bände.
Liebte sie ihn?
Sie fürchtete sich davor, den Gedanken zuzulassen. Denn obwohl es inzwischen Jahre her war, erinnerte sie sich in allen Einzelheiten, wie schmerzhaft es beim letzten Mal geendet hatte. Sie war nur ein Zeitvertreib für ihn
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