Romana Extra Band 3
erschienen – unter dem Vorwand, er sei zu erschüttert, um etwas essen zu können. Lügner! Er hatte doch nur Angst vor seinem Schwager.
Nach dem exzellenten dreigängigen Menü, von dem Mel und Ava nur gekostet hatten, wurde Kaffee serviert. Danach entschuldigten sich die Gäste, einer nach dem anderen. Für den nächsten Morgen, pünktlich um acht Uhr, war ein Charterflug nach Sydney organisiert worden. Der Wunsch, früh schlafen zu gehen, diente daher als passender Vorwand, das peinliche Zusammensein zu beenden.
Schließlich waren nur noch Mel und Dev übrig. „Danke, dass du uns Gesellschaft geleistet hast“, sagte er.
„Du musst dich nicht bedanken“, erwiderte sie. „Ich habe es für Ava getan.“
„Wie lange willst du dich noch für andere aufopfern?“ Dev musterte sie über den Tisch hinweg. Das violette Kleid mit dem tiefen Ausschnitt, der den Ansatz ihrer Brüste ahnen ließ, stand ihr ausgezeichnet. Sie hatte diese Farbe in seiner Gegenwart noch nie getragen. Es brachte ihren makellosen dunklen Teint bestens zur Geltung. „Die Ohrringe gefallen mir. Eine kleine Aufmerksamkeit deines Chefs?“
„Sei nicht albern.“ Mel spürte, dass sie errötete. „Ich habe sie mir selbst geschenkt.“
„Eine schöne Frau sollte nie gezwungen sein, sich ihren Schmuck selbst zu kaufen.“ Devs Augen glänzten im Kerzenschein. Sie waren wirklich ungewöhnlich blau. Nach einer Pause fuhr er fort: „Ich glaube, es wird Zeit, deiner Mutter einen Besuch abzustatten.“
Mel erschrak. „Jetzt?“
Dev sah auf die Uhr. „Es ist erst halb zehn. Sieh doch kurz nach, ob sie noch angezogen oder schon im Negligé ist. Ich möchte nicht indiskret sein.“
„Würde dich ein Negligé stören?“
„Um Himmels willen, nein! Du hast mich damit oft genug verführt.“
„Und du konntest es mir nicht schnell genug ausziehen.“
Darauf ging Dev nicht ein. „Gehst du nun, oder nicht?“, fragte er. „Wie du dich auch entscheidest … Ich rede auf jeden Fall noch mit deiner Mutter. Sie hat ihre Macht verloren.“
„Da spricht Gregorys Enkel!“, fuhr Mel auf. Sie hatte sich zu sehr daran gewöhnt, ihre Mutter zu verteidigen. „Willst du schon jetzt in seine Fußstapfen treten?“
„Wenn es sein muss … ja“, antwortete er entschieden.
„Dann erübrigt sich jede Diskussion. Gib mir zehn Minuten Zeit.“
„Fünf Minuten, dann bin ich oben.“
Mel rannte fast den Korridor entlang und klopfte laut an Sarinas Tür. Jetzt war nicht der richtige Augenblick, um Rücksicht zu nehmen. Für falsche Höflichkeit blieb keine Zeit.
Trotzdem dauerte es eine Weile, bis Sarina öffnete. Sie trug einen exotischen Seidenkaftan mit leuchtendem Blumenmuster. Das offene Haar fiel ihr über den Rücken, und sie war noch tadellos geschminkt.
„Du, Amelia?“, fragte sie unfreundlich. „Was ist los?“
„Gut, dass du noch angezogen bist“, erwiderte Mel, ohne irgendwelche Umstände zu machen. „Dev möchte mit dir sprechen. Er kommt in wenigen Minuten herauf.“
„Was?“
Sarina schwankte, und Mel umfasste automatisch ihren Arm, um sie zu stützen. „Hör zu, Mum … es ist alles in Ordnung. Dev möchte nur wissen, was du vorhast. Du kannst dich nicht verstecken oder einfach von der Bildfläche verschwinden. Mit deiner fristlosen Kündigung hast du die Familie schon genug brüskiert.“
Sarina zuckte nicht mit der Wimper. „Ich habe keinen Grund, mich bei den Langdons zu entschuldigen.“
„Ich glaube, doch“, widersprach Mel. „Ist es kein Vertragsbruch, ohne Vorwarnung zu kündigen?“
„Das ist mein Problem … nicht deins.“ Sarina ging sofort in Abwehrstellung. „Bitte geh, Amelia. Ich will nicht, dass du hier bist, wenn Dev kommt.“
„Ich möchte aber bleiben, Mum.“ Mel ließ sich nicht einfach wegschicken. „Womöglich bin ich der einzige Mensch auf der Welt, der dir noch beisteht.“
Sarina sah sie so kalt an, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. Wer war diese Frau? Wie sehr musste sie in ihrer Jugend verletzt worden sein, um so zu werden.
„Geh, Amelia!“, befahl sie noch einmal. „Ich brauche dich nicht.“
„Ja, geh nur“, sagte in diesem Moment jemand hinter Mel. „Gehorche deiner Mutter.“
Mel drehte sich hastig um. „Du auch?“, fragte sie enttäuscht. „Dann bin ich wirklich überflüssig.“
Sie warf einen letzten Blick auf ihre Mutter und erschrak fast über deren veränderten Gesichtsausdruck. Sarina starrte Dev an, als wäre er eine göttliche Erscheinung.
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