Romana Extra Band 3
hast“, erwiderte er, und die Enttäuschung war ihm deutlich anzuhören. „Es ist höchste Zeit, dass du deinen eigenen Wert erkennst. Hör endlich auf, dich kleinzumachen.“
Er nahm Mel unsanft am Arm und führte sie ins Haus zurück.
7. KAPITEL
Als Ava an die Tür klopfte, war Mel wieder einigermaßen gefasst. Der Kaffee, den sie bestellt hatte, war auf einem Silbertablett heraufgebracht worden – hübsch arrangiert, wie ihre Mutter es den Hausmädchen beigebracht hatte. Mum muss aus einer kultivierten Familie stammen, dachte Mel nicht zum ersten Mal. Ihre Stilsicherheit, ihr Benehmen und ihre Kenntnisse – alles deutete darauf hin.
Angeblich hatte die ungewollte Schwangerschaft den Familienfrieden zerstört. Als Teenager von einem unbekannten Mann ein Kind zu bekommen – der Skandal hätte nicht größer sein können. Sarinas sittenstrenger italienischer Vater, bislang ein glühender Verehrer seiner schönen Tochter, hatte sie von heute auf morgen wegen Entehrung der Familie fallen lassen. Ob das alles der Wahrheit entsprach?
Später war Mels Mutter Mike Norton begegnet. Einen „armen Betrogenen“ hatte Mireille ihn verächtlich genannt, das würde Mel nie vergessen. Dabei war ihr damals gar nicht klar gewesen, was das bedeutete. Mike hätte sie fragen können, aber der hatte alle Antworten mit sich ins Grab genommen.
Irgendwann hatte sie begriffen, dass sie eine „Frühgeburt“ gewesen war. Auch das hatte Mireille ihr verraten. Wieder hatte sie nicht genau gewusst, was damit gemeint war, und im Lexikon nachschlagen müssen. Warum hatte Sarina ihr das alles verschwiegen, und warum hatte Mireille sie nicht wie ein Kind, sondern eher wie eine erwachsene Frau behandelt?
Das alles ging Mel durch den Kopf, als sie Ava auf den Balkon führte. An dem zierlichen schmiedeeisernen Tisch, auf dem gedeckt worden war, war nur Platz für zwei Stühle. Als sie sich gegenübersaßen und Mel den Kaffee einschenkte, stöhnte Ava: „Was für ein Tag! Du bist erledigt, nicht wahr? Genau wie ich. Gibt es etwas Besonderes?“
Mel sah in den Garten hinunter, aus dem fast zu süße Düfte aufstiegen. Die Baumwipfel waren im Lauf der Jahre zusammengewachsen und bildeten natürliche Bogengänge, in deren Schatten großblättrige dunkelgrüne Alokasien gediehen.
„Nein“, antwortete sie und wandte sich wieder Ava zu, die nervös mit ihrem Trauring spielte. „Nur ein kleiner Streit mit Dev … wie üblich. Das passiert immer wieder und kann manchmal heftig werden.“
„Immerhin kracht es noch zwischen euch.“ Es klang, als könnte sich Ava nichts Schöneres denken. „Das war schon immer so, und trotzdem seid ihr seelenverwandt. Worum ging es?“
Mel schnitt ein Gesicht. „Natürlich um meine Mutter. Ich weiß, wie geschockt heute alle waren … mich selbst eingeschlossen.“
Ava schwieg eine Weile und sagte dann: „Wir werden es überstehen, Mel. Du nimmst alles zu schwer. Dein Leben lang hast du für sie gekämpft und dich mit ihren Problemen belastet. Das war zu viel für dich. Du bist nicht deine Mum.“
„Aber Kinder büßen oft die Sünden der Mütter“, seufzte Mel.
„Das mag sein. Trotzdem musst du dich nicht für sie schämen. Das alles hat mit dir nichts zu tun.“ Sie war schon immer der Meinung gewesen, dass Mel sich unnötig für ihre Mutter aufgeopfert hatte. „Nach einiger Zeit sieht alles anders aus.“
Mel nickte. „Das sagt Dev auch. Doch genug von mir. Ich möchte wissen, wie es dir geht.“ Sie reichte Ava die gefüllte Kaffeetasse. „Du bist nicht glücklich.“
„Danke.“ Ava trank einen Schluck. „Ich hatte gehofft, durch die Ehe frei zu werden, was allerdings eine Illusion war. Luke ist ein Spieler, und ich bin die Trophäe, die er gewinnen wollte. Er denkt nur an sich selbst und ist mir bestimmt längst untreu geworden. Erst vorhin hat er dich ziemlich eindeutig belästigt. Ich bin nicht dumm, Mel, und es tut mir leid, dass er dir nachläuft. Er glaubt, dass alle Frauen nur auf ihn warten … genau wie sein Vater. Luke hält mich wie in einem goldenen Käfig. Seine Eltern sind auch keine Hilfe für mich. Sie vergöttern ihren Sohn, und wenn er mal in die falsche Richtung sieht … was soll’s? Ihrer Meinung nach tun das alle Männer, weil man es mehr oder weniger von ihnen erwartet. Auf seine Weise liebt mich Luke, aber ich ersticke an dieser Liebe.“
„Das merkt man dir an. Du wirkst, als schlepptest du ein schweres Gewicht mit dir herum, das dich zu Boden
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