Romana Extra Band 4 (German Edition)
zunächst einfache, flache Bauten, dann kamen mehrgeschossige Häuser mit Balkonen hinzu, in deren Schatten vereinzelte Palmen standen. Die Kuppeln von Moscheen und Minaretten zeichneten sich gegen den Abendhimmel ab, bis sie von den Wolkenkratzern des Stadtzentrums abgelöst wurden. Und plötzlich waren die Straßen voller Menschen. Menschen, deren Zigarettenglut in der anbrechenden Dunkelheit leuchtete wie kleine rote Glühwürmchen.
Sie wollte Khaled gerade fragen, ob sie bereits Hebra erreicht hätten, als ein lauter Knall die Stille zerriss.
4. KAPITEL
Der rote Lichtschein der Explosion erhellte für den Bruchteil einer Sekunde das Innere des Wagens wie das Blitzlicht einer Kamera. Sapphy schrie auf und warf sich in Khaleds Arme, während ein erneutes Donnern über sie hereinbrach.
Sein Herz klopfte ruhig und gleichmäßig, und als er beschützend die Arme um sie legte, fühlte sie sich gleich viel sicherer.
Dann flammte der Himmel in anderen Farben auf, grün, blau und weiß. Die umstehenden Menschen brachen in Jubel aus. Kinder kreischten, nicht vor Angst, sondern vor Freude.
Ein Feuerwerk! Sie hatte sich vor einem harmlosen Feuerwerk gefürchtet!
Und nicht nur das: Sie saß beinahe auf Khaleds Schoß.
Hastig versuchte sie, sich aus der Umklammerung seiner Arme zu befreien, doch Khaled lockerte seinen Griff um keinen Millimeter.
„Sie machen es mir ziemlich schwer, Sie nicht zu berühren“, sagte er amüsiert.
„Ich dachte …“ Sie brach ab. Die Wahrheit würde einfach zu albern klingen. Erneut versuchte sie, seine bleischweren Arme abzuschütteln. „Sie können mich jetzt wieder loslassen.“
„Damit Sie sich noch einmal zu Tode erschrecken? Entspannen Sie sich. Genießen Sie das Feuerwerk.“
Sie blickte aus dem Fenster auf die bunten Farbformationen im Himmel. „Was hat das zu bedeuten?“
„Mein Volk heißt mich willkommen.“
„Sie machen wohl Witze! Das machen sie jedes Mal, wenn Sie aus dem Ausland zurückkommen?“
Er lachte, ein tiefer und zugleich weicher Laut. „Mein Volk ist sehr glücklich über die bevorstehende Hochzeit und freut sich auf seine zukünftige Königin. Dies hier ist der Beginn der vierwöchigen Feierlichkeiten in Jebbai.“
„In diesem Fall“, erwiderte Sapphy und rückte ein weiteres Stück von ihm ab, „sollten Sie sich besser nicht auf diese Weise mit der Designerin des Hochzeitskleids sehen lassen.“
„Machen Sie sich darum keine Sorgen“, sagte er, nahm aber dennoch den Arm von ihrer Schulter, sodass sie sich vollends auf das andere Ende der Sitzbank zurückziehen konnte. „Mein Volk weiß ganz genau, wer Sie sind.“
Sie zog es vor, wieder aus dem Fenster zu sehen, und war fasziniert von dem Kontrast, der zwischen den alten und den neuen Gebäuden Hebras bestand: Altehrwürdige Moscheen von zeitloser Eleganz wechselten sich ab mit den glitzernden Fassaden moderner Wolkenkratzer.
Schließlich hielt das Auto vor einem massiven Eisentor, das langsam aufschwang und sich, nachdem sie hindurchgefahren waren, sogleich wieder schloss. Sie erreichten einen Innenhof, auf dem eine kleine Gruppe von Menschen versammelt war, um sie willkommen zu heißen.
Khaled griff nach Sapphys Hand und drückte sie leicht. „Willkommen in meinem Zuhause.“ Zugleich wurden die Autotüren zu beiden Seiten geöffnet.
Sie stieg aus dem Wagen und trat in den mit Kopfsteinpflaster besetzten Hof. Vor ihr lag der Palast, in dem sie in den nächsten vier Wochen wohnen würde. Selbst in der Dunkelheit sah er majestätisch aus, angestrahlt von Scheinwerfern, welche die hohen Wände und den Turm des Gebäudes effektvoll in Szene setzten. Bei Tage würden die beigefarbenen Wände, die mit Perlmutt und Schildpatt verziert waren, sicherlich noch prachtvoller wirken.
Khaled legte ihr eine Hand auf die Schulter, und sie ließ sich von ihm zu der Gruppe von Menschen führen, die vor dem Palast auf sie warteten. Ein groß gewachsener Mann in traditioneller Kleidung trat auf sie zu. Sein sorgfältig gestutzter Bart war bereits leicht ergraut, und seine Augen ließen eine gewisse Ähnlichkeit mit Khaled erkennen.
„Saleem“, begrüßte Khaled den Mann und umarmte ihn. „Darf ich vorstellen: Sapphire Clemenger, Designerin des berühmten Modehauses Bacelli. Sapphy, das ist mein Cousin Saleem.“
Saleem nahm ihre Hand und verbeugte sich leicht. Als er den Kopf jedoch wieder hob, konnte Sapphy ein feindseliges Funkeln in seinen Augen erkennen, bei dem es ihr eiskalt über den
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