Romana Extra Band 6
und ihrem Vater als glückliche Familie zusammenzuleben. Der erste war in Erfüllung gegangen, der zweite hingegen war immer ein Traum geblieben.
„Rosalie?“
Sie hatte nicht gehört, dass Laurent sich genähert hatte, doch sie erkannte seine Stimme auf Anhieb.
„Was willst du hier?“ Sie erkannte ihre eigene Stimme kaum, klang heiser und atemlos.
„Ich bin hier, um noch einmal in Ruhe mit dir zu reden. Du sollst nicht denken, dass ich …“ Er brach ab. „Es war nicht okay, wie ich mich vorhin aufgeführt habe. Ganz gleich, was zwischen Geneviève und mir vorgefallen ist, ich hätte nicht einfach die Beherrschung verlieren dürfen. Und deshalb möchte ich mich bei dir entschuldigen – vor allem, da du ja nichts mit alldem zu tun hast.“
Rosalie schluckte. Sie drehte sich zu Laurent um. Im Schein der sinkenden Sonne sah es aus, als würde ihn eine Aura aus goldenem Licht umgeben.
Eine leise innere Stimme warnte sie, dass es besser wäre, ihn fortzuschicken. Sie war nicht in der richtigen Verfassung, sich einer Konfrontation mit ihm zu stellen. Doch die Wahrheit war, dass sie nicht wollte, dass er ging. Jede Faser ihres Herzens sehnte sich danach, in seine Arme zu sinken und das ganze Chaos zu vergessen, in das ihr Leben gestürzt war. Aber genau das durfte sie nicht tun. Es war sogar das Allerletzte, was sie tun durfte.
Sie straffte die Schultern. „Ja, du hast dich in der Tat ganz scheußlich benommen, aber was Mademoiselle Dupré betrifft, muss ich dir bedauerlicherweise recht geben. Diese Frau ist eine falsche Schlange.“
Sofort trat Laurent auf sie zu. Er musterte sie ernst. „Was hat sie getan? Hat sie dir gedroht?“
„Wenn man das Versprechen, dass sie mir das Leben zur Hölle machen will, als Drohung betrachten möchte – ja, in der Tat.“ Sie spürte, wie ihr erneut Tränen in die Augen traten, und wandte sich rasch ab. „Aber das war noch längst nicht das Schlimmste. Kannst du dir vorstellen, was sie und ihr Auftraggeber mit der Roseraie Baillet anstellen wollen?“
Laurent schluckte. Er konnte sich sehr gut vorstellen, wovon Rosalie sprach. Denn wie er inzwischen wusste, hatte er Genevièves unerwartetes Auftauchen in Laurins-les-Fleurs niemand anderem zu verdanken als seinem eigenen Boss Richard.
Eine Stunde zuvor hatten die beiden Männer ein ziemlich unerfreuliches Telefonat geführt. Zwar war Laurent durchaus bereit, Kompromisse einzugehen, um sich seine Chance, beruflich wieder auf die Beine zu kommen, nicht zu zerstören. Aber eine Zusammenarbeit mit Geneviève gehörte definitiv nicht zu diesen Zugeständnissen.
Er hatte schon gehört, dass sie nicht mehr für Gustave tätig war. Vermutlich hatte sein ehemaliger Chef am Ende doch begriffen, was für eine hinterhältige Schlange er sich da in seine Firma geholt hatte. Nun, wie auch immer – für ihn, Laurent, kam diese Einsicht zu spät. Und dass sie sich nun ausgerechnet bei Richard eingeschlichen hatte, konnte doch nur reine Berechnung sein.
Und Richard erwartete nun, dass sie miteinander konkurrierten. Geneviève und er sollten sich gegenseitig bis aufs Blut bekämpfen, um auf diese Weise das beste Ergebnis für ihn herauszuholen.
Ausgerechnet Geneviève!
Er konnte es schon kaum ertragen, ihren Namen zu hören. Sie zu sehen jedoch …
„Was hat sie denn gesagt?“, hakte er trotzdem nach.
„Sie wollen das Gebäude abreißen und die Rosenzucht dem Erdboden gleichmachen“, rief Rosalie empört. „Kannst du dir das vorstellen?!“ Sie vollführte eine alles umfassende Handbewegung. „All das hier soll in irgendein seelenloses Luxushotel verwandelt werden. Das geht doch nicht!“
„Non“ , entgegnete er langsam. „Das geht wirklich nicht.“
Währenddessen hallten Richards Worte noch in seinen Ohren nach. „Sorg dafür, dass diese Frau dir das Grundstück verkauft – mit welchen Mitteln auch immer! Es geht hier um einen richtig großen Abschluss, Laurent. Mein Klient will in Laurins-les-Fleurs ein großes Wellnesshotel errichten. Und ich erwarte von dir, dass du alle Hindernisse aus dem Weg räumst. Wenn du das nicht schaffst, sag es lieber gleich – ich finde schon jemanden, der es kann.“
Und nun stand er hier und konnte nichts anderes empfinden als tiefes Mitgefühl.
Rosalie sah so zart aus, so zerbrechlich. In ihren Augen sah er deutlich, wie wichtig es ihr war, die Rosenzucht ihres Großvaters zu erhalten, ganz gleich, was sie auch behauptete. Sie hing daran – und sein Job war es, zu
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