Romana Extra Band 6
Wiesen tollte. Sie pflückten Blumen und banden sie zu Kränzen, die sie sich ins Haar setzten.
Dann war da ihr Großvater. Sie sah ihn, wie er sich über seine neueste Rosenzüchtung beugte, ein Ausdruck höchster Konzentration auf dem Gesicht. Er wirkte so streng und ernst, doch als er Rosalie bemerkte und sich zu ihr umblickte, verzog sich sein Mund zu einem breiten Lächeln.
Wie hatte sie nur daran zweifeln können, dass er sie liebte? Jetzt, wo sie darüber nachdachte, konnte sie sich selbst nicht mehr verstehen. Vielleicht war es auch ein wenig Selbstschutz gewesen. Wenn Sandrine fest entschlossen gewesen war, sie mit nach London zu nehmen, hatte es nichts gegeben, was irgendjemand dagegen tun konnte. Nicht Rosalie, und auch nicht ihr über alles geliebter grand-père …
Als das Handy in ihrer Hosentasche zu vibrieren begann, wischte Rosalie sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und holte das Gerät hervor.
Es war George, ihr Agent.
„Schätzchen, was ist eigentlich los mit dir?“, begann er ohne lange Vorrede, kaum dass Rosalie das Gespräch angenommen hatte. „Das hier ist deine große Chance! Eine Zusammenarbeit mit Edmund Brewster kann dich über Nacht ganz nach oben, direkt in den Modeolymp katapultieren. Und was tust du?“
Rosalie seufzte. „Es tut mir leid, George, ich weiß, ich hätte schon längst …“
„Allerdings!“, fiel ihr Agent ihr – halb verärgert, halb erleichtert – ins Wort. „Dann kann ich Brewsters Assistentin jetzt ja endlich Bescheid geben, dass du zum ersten Probeshooting kommen wirst, ja? Am besten, du setzt dich in die nächste Maschine und …“
Dieses Mal war es Rosalie, die seinen Redefluss unterbrach. „Nein, George, du hast mich falsch verstanden.“ Sie atmete tief durch. „Ich werde nicht zurückkommen – weder für dieses Probeshooting noch für irgendein anderes. Bitte entschuldige, dass ich dich vor vollendete Tatsachen stelle, aber ich hänge den Job an den Nagel.“
Verblüfftes Schweigen setzte ein. Dann: „Du tust … bitte was?“
„Du hast schon richtig gehört“, entgegnete sie, und bereits während sie sprach, spürte sie, wie ihr eine riesige Last von den Schultern fiel. „Ich beende meine Karriere als Model hier und heute. Vielen Dank für alles, was du für mich getan hast, George. Ab jetzt werden wir getrennte Wege gehen.“
Sie beendete das Gespräch, ehe ihr Agent noch etwas erwidern konnte. Dann schaltete sie zur Sicherheit ihr Handy aus, ehe sie es wieder in ihre Hosentasche steckte, denn so leicht würde George sie gewiss nicht davonkommen lassen.
Eigentlich verdiente er es auch gar nicht, so kurz und knapp abgespeist zu werden, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für lange Erklärungen. Ebenso wie sie selbst sich erst einmal an den Gedanken gewöhnen musste, würde auch George Zeit brauchen, ihre Entscheidung zu akzeptieren. Doch letzten Endes würde ihm nichts anderes übrig bleiben.
Denn Rosalie hatte jetzt endlich einen Entschluss gefasst. Und nichts und niemand würde sie davon abbringen.
9. KAPITEL
Eine Woche war ins Land gestrichen, und Rosalie hatte die Zeit gut zu nutzen gewusst. Mit Adriennes Hilfe war es ihr gelungen, einen Gärtner namens Jacques Arnault für die Roseraie zu gewinnen. Dieser hatte bereits früher einmal für Rosalies Großvater gearbeitet, ehe es mit der Rosenzucht bergab gegangen war.
Doch ausgerechnet jetzt, wo sie richtig durchstarten wollte, tauchten von allen Seiten neue Probleme auf. Es war wie verhext. Ganz gleich, was sie auch anfing, nichts wollte ihr gelingen. Und als Jacques nun mit einer neuen Hiobsbotschaft zu ihr kam, war sie trotz allem noch überrascht.
„Was soll das heißen, Jacques?“ Ungläubig schaute Rosalie ihren neuen Angestellten an. „Ich habe doch sämtliche offenen Rechnungen meines Großvaters beglichen. Warum weigern sich die Leute trotzdem, uns Dünger zu liefern?“
Jacques, der seine Mütze zwischen den Händen knetete und sich eindeutig unbehaglich fühlte, zuckte mit den Schultern. „Ich kann es mir auch nicht recht erklären, Mademoiselle“, erwiderte er und fuhr sich mit einer Hand durch sein nur noch recht spärliches rotblondes Haar. „Jedoch hat einer unserer Lieferanten mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit verraten, man habe ihm nahegelegt, nicht mehr mit uns zusammenzuarbeiten, wenn ihm seine Firma lieb und teuer ist.“
Rosalie hob eine Braue. „Das klingt ja wie eine Drohung!“
„Und das ist es wohl
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