Romana Extra Band 6
wirklich passiert?“
Seufzend fuhr er sich durchs Haar. „Das ist nicht weiter schwer zu erklären. Ich habe ihr einen fantastischen Job bei der Firma besorgt, für die ich damals tätig war. Weil ich sie liebte und annahm, dass sie meine Gefühle erwidert. Zum Dank hat sie Beweise gefälscht, die darauf hindeuteten, dass ich Firmengelder in die eigene Tasche wirtschafte. Das Ganze liegt jetzt zwei Jahre zurück. Ich verlor damals alles. Und das nur, weil ich der falschen Frau vertraut habe.“
Rosalie war ehrlich schockiert. Die Dupré war ihr von Anfang an unsympathisch gewesen. Aber das falsche Spiel, das sie mit Laurent gespielt hatte, zeigte, wie skrupellos diese Person wirklich war.
Unwillkürlich regte sich Mitgefühl in ihr. Ihn so verbittert und mit seinem Schicksal hadernd zu erleben, schmerzte sie sehr. Dabei kannte sie diesem Mann doch erst seit Kurzem. Vielleicht war es langsam an der Zeit, sich einzugestehen, dass sie mehr für ihn empfand.
Sie unterdrückte ein Aufstöhnen.
Das hatte ihr gerade noch gefehlt!
„Gab es denn keine Möglichkeit, gegen diese Verleumdung vorzugehen?“, fragte sie und hielt inne.
Laurent atmete tief durch. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Wie immer, wenn er über die Vergangenheit sprach, krampfte sich etwas in ihm zusammen. Doch zum ersten Mal hatte es auch etwas seltsam Befreiendes an sich.
„Nein“, beantwortete er ihre Frage. „Ich habe nie auch nur den geringsten Beweis gefunden, den ich gegen Geneviève hätte verwenden können. Sie hatte die Sache wirklich schlau eingefädelt. Hätte ich nicht ganz genau gewusst, dass ich unschuldig bin, ich wäre vermutlich selbst nicht bereit gewesen, mir zu glauben.“
Er zuckte mit den Schultern. „Du kannst dir sicher vorstellen, dass es nach so einem Vorfall alles andere als leicht ist, beruflich wieder Fuß zu fassen. Eine Weile lang habe ich versucht, mich als freiberuflicher Makler durchzuschlagen, doch mein Ruf eilte mir voraus, wohin ich auch ging.“
„Aber dieser Richard Delacroix war bereit, dir eine Chance zu geben?“, fragte Rosalie.
Laurent nickte. „Aber glaube nicht, dass er das aus reiner Menschenfreundlichkeit getan hätte.“ Angewidert verzog er das Gesicht. „Richard weiß, dass er mich in der Hand hat, und es macht ihm Spaß, mich wie seine Marionette tanzen zu lassen. Er zieht die Fäden, und ich habe zu gehorchen. Du ahnst ja nicht, wie ich dieses Spielchen satthabe!“
„Warum beendest du es dann nicht einfach?“ Fragend schaute Rosalie ihn an.
„Hast du mir gerade nicht zugehört? Es gibt keinen Immobilienmakler in ganz Frankreich, der mich noch einstellen würde. Mir bleibt gar keine andere Wahl, als meine Seele an den Teufel zu verkaufen.“
„Unsinn!“, protestierte Rosalie energisch. „Man hat immer eine Wahl. Die Frage ist nur, ob man auch bereit ist, im Zweifelsfall den schwereren Weg zu gehen.“
„Du rätst mir also, meinen Job bei Richard hinzuwerfen?“
„Macht er dich denn glücklich?“
Er schüttelte den Kopf. „Non, pas du tout“ , entgegnete er. „Keineswegs.“
„Nun, dann sehe ich auch keinen Sinn darin, dass du dich weiterhin für etwas quälst, an dem dein Herz nicht hängt.“
Von dieser Seite hatte Laurent es noch nie betrachtet. Seit Jahren rackerte er sich nun schon ab, immer nur das eine Ziel vor Augen: Geneviève ihren Verrat heimzuzahlen und ihr eine Dosis von ihrer eigenen Medizin zu verabreichen. Doch war es das wirklich wert? War er bereit, dafür all seine Prinzipien zu vergessen?
Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit dachte er wieder darüber nach, wie er sich sein Leben vor der Sache mit Geneviève vorgestellt hatte. In seinen Träumen hatte es stets eine liebevolle Frau und einen ganzen Stall voller Kinder gegeben. Und eines Tages, so sah es sein reichlich verschwommener Plan vor, wollte er genug Geld verdient haben, um sich mit seiner Familie irgendwo zur Ruhe zu setzen. An einem Platz wie diesem hier. Und mit einer Frau wie dieser?
Die Tragweite dieses Gedankens erschreckte ihn fast selbst ein wenig. Aber war er denn wirklich so abwegig? Wusste er im Grunde nicht schon seit ihrer allerersten Begegnung, dass Rosalie ein ganz besonderer Mensch war?
Er trat auf sie zu, umfasste ihren Kopf mit beiden Händen, beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Merci“ , flüsterte er. „Merci beaucoup.“
Dann löste er sich von ihr, wandte sich ab und ging zu seinem Wagen zurück. Er konnte nicht
Weitere Kostenlose Bücher