Romana Gold Band 13
langsam wie Anna Drayford, dachte sie. Eine andere Generation, doch derselbe Typ. Ihr Kleid war makellos und ihre Frisur perfekt. Ihre Augen wirkten ein wenig glanzlos, doch vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.
Nichts hatte sich verändert, seit Caroline das letzte Mal vor ein paar Wochen hier gewesen war. Sie besprachen die Speisefolge mit dem Kellner, und dann lehnten sie sich im Schein der Kerzen bequem zurück und genossen den Aperitif. Die meiste Zeit sprach Christopher vor allem über die bevorstehenden Flitterwochen. Schon seit Monaten betrieben sie das als ein schönes Spiel. Caroline hörte gern von den atemberaubenden Möglichkeiten, und auch an diesem Abend hörte sie lächelnd zu und versuchte, sich die beschriebenen Orte vorzustellen.
Doch etwas war heute anders. Caroline war nicht recht bei der Sache. Sie war müde, und das gute Essen und der Wein taten ein Übriges. Ein paar Mal hätte sie fast gegähnt, doch dann nahm sie sich zusammen, denn Christopher tat sein Bestes, um sie zu unterhalten.
Doch auch er konnte seine Besorgnis nicht auf die Dauer unterdrücken. „Rafe hat angeboten, unsere Mutter zu malen“, sagte er schließlich niedergeschlagen.
„Wie bitte?“ Caroline hatte nicht richtig hingehört, doch sie erschrak, als hätte er ihr den Namen ins Ohr gebrüllt.
„Ein Porträt. Das heißt, dass er eine ganze Weile hierbleiben wird.“
Caroline brauchte einen Moment, bis sie die Mitteilung richtig verdaut hatte. „So lange auch wieder nicht“, sagte sie dann, um Christopher und auch sich selbst zu beruhigen. „Ach übrigens, ich habe ihn nach der Erbschaftsklausel gefragt, und er sagt, er sei wirklich nicht daran interessiert. Er wird also nicht ewig bleiben.“
„Da hatte er Isabel noch nicht getroffen.“
„Er schien nicht einmal zu wissen, dass Isabel angerufen hat.“ Auf einmal war sie wieder hellwach.
„Jetzt weiß er es“, erklärte Christopher. „Er ist heute Morgen ausgeritten, und Mutter war sich nicht sicher, wie sie sich verhalten sollte. Schließlich ist Isabel noch verheiratet. Aber dann hat meine Mutter es sich überlegt und Isabel eingeladen. Rafe scheint nichts dagegen zu haben. Isabel könnte ihn hier festhalten.“
Caroline hatte Hühnchen an Limonensoße bestellt. Es schmeckte köstlich, doch plötzlich kam es ihr fade vor. Christophers Worte gingen ihr durch den Kopf, und sie empfand ein neues, erschreckendes Gefühl. Sie war eifersüchtig! Was für ein nichtssagendes Wort für ein Gefühl, das sie unvermittelt durchzuckte und das sie bisher nicht gekannt hatte! Sie liebte Christopher von Herzen, doch wenn sie ihn in leidenschaftlicher Umarmung mit einer anderen Frau ertappte, würde es sie nicht so erschüttern wie die Vorstellung, dass Rafe Isabel wiedersah.
Der Schock saß tief. Caroline fühlte sich, als wäre ihr ganzes bisheriges Leben in einer gewaltigen Explosion zersprungen. Erstaunlicherweise war um sie herum alles heil. Dass sie errötet und dann wieder blass geworden war, blieb im flackernden Kerzenlicht unbemerkt. Langsam entspannten sich ihre verkrampften Finger. Als sie wieder sprach, war ihre Stimme leise und gefasst.
Caroline sehnte sich danach, allein zu sein, doch sie stand das Essen bis zum Ende durch. Lächelnd beendete sie das Hauptgericht. Sie wählte Eis zum Dessert und trank zum Abschluss einen Kaffee. Im Wagen auf dem Rückweg gab sie gerade die richtigen Kommentare von sich, um die Unterhaltung in Gang zu halten. Als Christopher jedoch in die Auffahrt nach Virginia Grove bog, statt ins Dorf weiterzufahren, erschrak sie. „Ich möchte gern nach Hause.“ Sie klang wie ein müdes Kind.
„Meine Mutter möchte gern mit dir über die Gästeliste für die Verlobungsparty sprechen“, entgegnete Christopher.
„Heute noch?“
„So spät ist es doch gar nicht.“
Caroline hätte schwören können, dass Mitternacht schon vorüber war, doch es war noch nicht einmal zehn. Ein gesellschaftliches Ereignis wie eine Verlobung war für Anna Drayford von höchster Dringlichkeit.
„Ich könnte ihr doch eine Liste aufstellen“, protestierte Caroline schwach. Womöglich würde es gar keine Verlobung geben. Sie musste allein sein, um mit klarem Kopf zu entscheiden, was sie tun sollte.
„Nur eine halbe Stunde“, beharrte Christopher. Sie hätte die Tür öffnen und davonlaufen können, doch sie blieb, wo sie war. Innerlich musste sie bitter lachen. „Ich werde mich von dir fernhalten“, hatte sie gerufen, und Rafe hatte
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