Romana Gold Band 13
Charakterstudie.“
Die Skizze war im Handumdrehen fertig, doch während Caroline wie erstarrt dasaß, kam sie sich wie eine Gefangene vor. Als Rafe kurz zu ihr trat, ihr Kinn ein wenig hob und eine Haarlocke beiseite schob, presste sie die Fingernägel in die Handflächen, um sich ihre Erregung nicht anmerken zu lassen.
Als er den Block zur Seite legte, nahm seine Mutter diesen in die Hand. „Das ist … wunderschön“, sagte sie nach einem Moment, doch sie schien etwas verwirrt. Christopher und sein Vater betrachteten das Bild, und schließlich war Caroline an der Reihe. Es war nur eine Skizze, doch es zeigte eine veränderte Caroline – mit blitzenden Augen, offenem Haar und bloßen Schultern. Wo man gerade den Ansatz ihrer linken Brust ahnen konnte, saß ein Schmetterling. Es war eine wilde, ungezügelte Caroline.
„Ein Schmetterling?“, fragte Christopher erstaunt.
„Nur symbolisch“, erwiderte Rafe.
Caroline versuchte zu lachen. „Dafür, dass meine Gedanken unstet sind wie ein Schmetterling?“
Über der linken Brust hatte sie ein winziges rosa Muttermal. Rafe musste es gesehen haben, als er sie mit Öl eingerieben hatte.
„Vielleicht hätte ich dich mit einer Lilie zeichnen sollen“, räumte er ein. „Oder mit einem Jagdmesser?“
Wieder einmal sah Christopher sie verwirrt an. Woher sollte er auch wissen, wovon Rafe und sie sprachen? Als Rafe auf der Skizze mit einer einzelnen Linie einen gebirgigen Hintergrund andeutete, wie es der unbekannte Künstler auf den Zeichnungen von Danni und Georgio getan hatte, fragte Christopher: „Soll das Kreta sein?“
„Natürlich“, erklärte Rafe. Dabei blitzte es in seinen Augen auf, und Caroline wusste genau, welch tückisches Spiel er spielte.
Sie ging deshalb sofort auf Christophers Angebot ein, als er fragte: „Soll ich dich jetzt nach Hause bringen?“
„Ja bitte, ich bin jetzt wirklich müde. Gute Nacht, alle miteinander.“
Rafe sagte nichts. Er lächelte nur verschmitzt, als seine Mutter sagte: „Ich erwarte dich also morgen Nachmittag, und wenn du dann die Liste fertig …“
„Ich bringe die Liste mit“, fiel Caroline ihr ins Wort. Für heute hatte sie genug. Bis morgen würde sie sich entscheiden müssen, ob sie die Tochter sein wollte, die sich Anna Drayford wünschte, und die Frau, die Christopher verdiente.
Sein Wagen stand in der Auffahrt, und sie legten die kurze Strecke zu Carolines Haus schweigend zurück. Christopher fuhr auf den Hof hinterm Haus, und als er den Motor abgestellt hatte, sagte er plötzlich: „Ich möchte nicht, dass er dich malt.“
Caroline wollte das selbst nicht, doch es würde wohl kein Entrinnen geben.
„Ich mag nicht, wie er dich ansieht“, fuhr Christopher fort, „und wie er dich berührt. Er tut fast so, als wolle er dich auch übernehmen.“ Er hob die Stimme, als würde er den Verlust eines lieb gewordenen Besitzes beklagen. „Es ist nicht fair.“
„So wie Virginia Grove?“, fragte Caroline trocken.
Christopher nickte betrübt. „Irgendetwas ist zwischen euch, nicht wahr?“
„Vielleicht.“ Was sollte sie sonst auch sagen?
Christopher seufzte. „Er hat es dir also erzählt.“
„Was hat er mir erzählt?“
„Das mit dem Geld.“
Caroline hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Hatte Robert Drayford seinem ältesten Sohn bereits jetzt seinen Besitz überschrieben? Dann sagte Christopher: „Ich habe es genommen“, und da verstand sie auf einmal.
„Als er damals verschwand, habe ich den Safe geöffnet und die Kassette herausgenommen. Ich brauchte das Geld dringend. Ich hatte Schulden, und ein paar ziemlich üble Typen waren hinter mir her. Wenn du den Streit damals mitbekommen hättest, wärst du auch überzeugt gewesen, dass Rafe nie wiederkommen würde.“
„Sodass es nichts ausmachte, wenn sie ihn auch noch für einen Dieb hielten?“ Caroline konnte ihren Ärger kaum verhehlen.
„Nicht das Mindeste.“ Christopher lachte fast. „Er war so wütend, dass man ihm alles zugetraut hätte. Er hätte sogar das Haus niederbrennen können. Und sieh doch, wie sich die Dinge jetzt entwickeln. Niemand macht sich mehr etwas daraus, denn er ist Rafe. Rafe sieht man alles nach. Wenn sie aber wüssten, dass ich damals Geld beim Pferderennen verloren und den Wandsafe geleert habe, wäre ich für alle Zeiten erledigt. Mein einziger Pluspunkt ist, dass sie mich für zuverlässig halten. Wenn dieses Kapital verspielt ist, bin ich überhaupt nichts wert.“
„Aber das stimmt doch
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