Romana Gold Band 13
blieb dann jedoch auf dem Korridor erschrocken stehen.
Sylvia stand in einem durchsichtigen Negligé vor Alex’ Zimmertür, die Hand auf der Klinke. Als sie Ginger sah, legte sie den Finger an die Lippen. „Psst! Alex braucht seinen Schlaf, es war eine lange Nacht.“ Sie lächelte vielsagend und sah einen Moment lang aus wie eine Katze, die gerade einen Vogel gefressen hatte. „Sie wissen schon, was ich meine. Aber solange seine Mutter an Bord ist, gehört es sich wohl, dass ich zurück in meine eigene Kabine gehe …“
4. KAPITEL
Einen Moment lang war Ginger wie betäubt. Zum ersten Mal in ihrem Leben verspürte sie unendliche Eifersucht, auch wenn sie sich das nicht eingestehen wollte.
Völlig benommen ging sie zu Annas Kabine, entsetzt über ihre eigene Dummheit. Sie war eifersüchtig auf Alex und Sylvia! Wie hatte das nur passieren können? Bis dahin hatte sie sich immer eingeredet, sich nichts aus Alex zu machen, auch wenn sie Spaß an ihren Wortgefechten hatte. Aber Sylvia aus seinem Zimmer kommen zu sehen hatte sie tief getroffen, und ihr wurde klar, dass sie wohl doch seit Mykonos insgeheim die Hoffnung gehegt hatte, Alex könnte wirklich etwas für sie empfinden.
„Gut, dass Sie so früh kommen, meine Liebe“, begrüßte Anna sie. „Ich wollte mit Ihnen reden, bevor wir zu den anderen müssen. Setzen Sie sich zu mir, und trinken Sie eine Tasse Kaffee.“
Wie eine Schlafwandlerin nahm sich Ginger eine Tasse Kaffee und nippte daran.
„Es geht um gestern Abend. Ich fürchte, ich habe Sie die letzten Wochen etwas in die Irre geführt. Mein Sohn und ich haben in Wirklichkeit ein sehr gutes Verhältnis, und ich sehe ihn wesentlich öfter, als ich zugegeben habe. Aber der Unfall hat mich ein wenig depressiv gemacht. Alex war in Australien, und ich bin vor Selbstmitleid vergangen.“
Ginger hob überrascht den Kopf und sah Anna schuldbewusst lächeln. „In die Irre geführt?“, wiederholte sie verständnislos.
„Ja. Normalerweise ist Alex jeden Monat in London. Er hat dort zwar eine eigene Wohnung, besucht mich aber fast täglich oder ruft an. Außerdem machen wir im August zusammen Urlaub auf meiner Insel Serendipidos. Alex ist in Wirklichkeit ein sehr liebevoller Sohn und würde mich niemals einfach so abschieben.“
Im Grunde überraschte Ginger das nicht. Sie hatte nur deshalb so bereitwillig das Schlimmste von Alex gedacht, weil seine Wirkung auf sie sie so erschreckt hatte.
„Das weiß ich, Anna. Meine Bemerkung von gestern war auch mehr Selbstschutz. Inzwischen ist mir klar, dass Ihr Sohn Spaß daran hat, mich aufzuziehen, aber er meint es nicht ernst.“
„Ich bin ja so froh, dass Sie dafür Verständnis haben. Unter seiner harten Schale steckt wirklich ein herzensguter Kern, und ich möchte nicht, dass Sie schlecht von Alex denken. Er scheint Sie nämlich zu mögen.“
Das ist ja wohl ein Witz, dachte Ginger. Ein Mann wie Alex mag alles, was einen Rock anhat.
„Außerdem möchte ich gern, dass Sie im Herbst mit mir nach Serendipidos kommen. Es ist wunderschön dort, es wird Ihnen bestimmt gefallen. Sie haben mir zwar gestern klargemacht, dass Sie keine Dauerstellung möchten, aber um ein oder zwei Wochen könnten Sie Ihren Vertrag doch sicher verlängern.“
Ginger machte ein langes Gesicht. Die Aussicht auf ein paar Wochen in Alex’ Gesellschaft schien ihr in diesem Augenblick unerträglich.
„Sie können es sich ja noch überlegen, aber vierzehn Tage Sonne und Meer sind bestimmt besser als Herbstwetter in England.“
„Also schön, Sie haben mich überredet“, gab Ginger nach. Der Schock vom Morgen hatte sie gründlich von ihrer wachsenden Schwäche für Alex geheilt, und sie hoffte, ihn nach dem Sommer endgültig vergessen zu haben.
Nach dem Frühstück wies Alex Ginger kühl an, sich reisefertig zu machen. Ein Hubschrauber sollte sie zum Flughafen bringen. Dort stand schon ein Privatjet für den Weiterflug nach London bereit. Alex selbst wollte mit seinen anderen Gästen zusammen nach Athen fahren.
Ginger war etwas verärgert, als sie dem Steward folgte, der ihr Gepäck zum Hubschrauber trug. Sie hätte zumindest erwartet, dass Alex kommen würde, um seiner Mutter auf Wiedersehen zu sagen. Dass sie auch gekränkt war, weil er sich von ihr nicht verabschiedet hatte, wollte Ginger allerdings nicht wahrhaben.
Der Propeller drehte sich schon, aber Ginger und Anna mussten noch warten, bis der Steward das Gepäck verstaut hatte.
„Mama! Fast hätte ich dich verpasst.
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