Romana Gold Band 13
hätte nicht sagen können, was am besten schmeckte. Zu Hause würde niemand verstehen, was ihr dieser Abend bedeutete. Anna Drayford würde nur von Rafe hören wollen, und ihre Eltern waren nur besorgt, dass sie womöglich Christopher gekränkt hatte, weil sie ohne ihn gefahren war.
Insgeheim war Caroline froh, dass Christopher nicht mitgekommen war. Dies hier war eine andere Welt. Allein Rafes Gegenwart hätte ihm die Laune verdorben. Sie hatten ein paar nette Feste auf Virginia Grove gefeiert, und Caroline hatte ihn gelegentlich zu Partys begleitet, die ihr ziemlich lebhaft vorgekommen waren. Doch das alles war nichts im Vergleich zu dem hier.
Sie beugte sich vor und sah den Tanzenden zu. Als plötzlich Schüsse fielen, schrak sie zusammen und sah Rafe Hilfe suchend an.
„Das ist nur die gute Stimmung“, erklärte er.
„Aber sie schießen!“
„Nur ins Gebälk.“
Die Musik verstummte, und die Tänzer standen einen Moment still. Der Priester, der mit den alten Männern getrunken hatte, stand auf und hob mahnend den Finger. Dabei lächelte er wohlwollend. Freudenschüsse während eines Festes schienen ihm eine lässliche Sünde zu sein. Nein, dachte Caroline, Christopher würde es hier nicht gefallen. Christopher wäre beim ersten Schuss unter dem Tisch verschwunden.
Ihr fiel auf, dass fast nur die Männer tanzten. Nur gelegentlich mischte sich eines der Mädchen unter die Tänzer. Caroline erkannte Elpida und winkte ihr zu. Nach einer Weile kam Elpida an ihren Tisch und sagte etwas zu Rafe. „Sie sagt“, übersetzte er, „dass meine künftige Schwägerin, Dannis Enkelin, willkommen ist.“
„Vielen Dank“, erwiderte Caroline und hörte, wie Elpida noch etwas an Rafe gewandt murmelte.
„Und?“, forderte sie ihn auf.
„Und du siehst sehr blass aus, sagt sie“, fuhr Rafe fort. „Mein Bruder sollte besser für dich sorgen.“
Christopher liebte ihre helle Haut. Er nannte sie seine Lilie. „Sag ihr“, erwiderte Caroline, „dass mein Verlobter sehr gut für mich sorgt, in jeder Beziehung.“
„Ach ja?“ In Rafes Augen blitzte es anzüglich, und Caroline spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie war froh, dass Elpida jetzt seine Hand nahm und Rafe mit sich auf die Tanzfläche zog. „Entschuldige mich“, sagte er und drehte sich noch einmal zu Caroline um.
„Aber gern“, erwiderte sie säuerlich. „Das muss ich mir ansehen.“
Rafe Drayford und Elpida waren ein beeindruckendes Paar. Caroline war nicht die Einzige, die ihnen zusah. Vor allem ein junger Mann wandte keinen Blick von den beiden, bis er sich schließlich mit einem Seufzer abwandte. Offenbar hatte er eine Schwäche für Elpida. Ob er nun auch nach seiner Pistole greift und ein Loch ins Dach schießt? dachte Caroline. Und ob sie wohl alle miteinander nach dem Fest hinaufstiegen, um die Löcher zu stopfen?
Als Rafe zurückkam und sich wieder neben ihr niederließ, beantwortete Elpida ihre einladende Geste mit einem Kopfschütteln und verschwand in der Menge. „Wer ist der junge Mann im grünen Hemd?“, fragte Caroline. „Er hat dich beobachtet.“
„Sein Interesse galt wohl eher Elpida.“ Rafe wollte ihr Glas auffüllen, doch sie legte kopfschüttelnd die Hand auf ihr Glas.
„Sie scheinen hier schnell mit dem Finger am Abzug zu sein“, sagte sie. „Ich hoffe, deine Absichten sind ehrenhaft.“
„Du hast gut aufgepasst.“ Er lächelte spöttisch. „Aber steck deine hübsche kleine Nase nicht in meine Angelegenheiten. Du magst ja zur Familie gehören, aber gerade von der Familie brauche ich keinen Rat.“ Einen Augenblick lang entstand verlegenes Schweigen. „Es wird Zeit, dass wir gehen“, stellte er dann fest. „Wir müssen morgen früh raus.“
Caroline ging nur ungern. Ein Fest wie dieses würde sie vermutlich nie wieder erleben. Doch er hatte recht. Sie wollten im Morgengrauen aufbrechen. „Gönnst du mir wenigstens noch einen Tanz, bevor wir gehen?“
Rafe zögerte einen Moment. „Warum nicht?“, gab er schließlich nach. Er nahm ihre Hand und führte sie zu den anderen Tänzern. Caroline kannte die Schritte nicht, obwohl sie aufmerksam zugesehen hatte, doch es war erstaunlich leicht. Rafe führte sie sicher in die richtige Richtung und wirbelte sie herum, wenn sie sich drehen sollte.
Zu Hause wäre sie niemals laut lachend herumgesprungen wie hier. Langsam begriff sie den Tanz, und je schneller die Musik wurde, desto ausgelassener drehte Caroline sich im Kreis. Als die Musiker die
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