Romana Gold Band 13
Wenige zu erinnern versuchte, was ihr junger Ehemann ihr viele Jahre zuvor kurz vor seinem Tod erzählt hatte. Als ihre Eltern heimkamen und ihre Großmutter sich wieder ihrem Stickzeug zuwandte, fragte Caroline: „Wirst du mir noch mehr über Kreta erzählen?“
„Das ist alles, was ich weiß“, hatte ihre Großmutter erklärt, und das Thema war nie wieder berührt worden.
Das versuchte Caroline jetzt Rafe mitzuteilen, doch sie sah ihn immer wieder den Kopf schütteln. „Ich weiß es eben auch nur vom Hörensagen“, entschuldigte sie sich.
Beim nächsten Namen, der ihr einfiel, nickte Rafe ausnahmsweise. „Der Ort war zerstört, aber man hat ihn später wieder aufgebaut.“
„Höhle der Winde.“ Daran erinnerte sie sich genau. Doch wieder schüttelte er den Kopf. „Es gibt eine solche Höhle. Aber für dich ist sie völlig unzugänglich.“ Seine Miene duldete keinen Widerspruch. „Wie hieß dein Großvater denn überhaupt?“, fragte er nun.
„Sergeant Daniel Hammond. Er blieb nach der Schlacht um Kreta hier, als die anderen sich zurückzogen. Er hat sich als Funker der Widerstandsbewegung angeschlossen. Ich habe Bilder von ihm draußen in meinem Koffer.“
Rafe schob seinen Stuhl zurück. „Ich gehe sie holen.“
Sie nahm die Schlüssel aus ihrer Handtasche und reichte sie ihm. „Mein Wagen steht unter der Zypresse, ein Jeep.“
Während er draußen war, dachte sie nach. Wenn ihre Reise in die Berge tatsächlich hier beginnen sollte, würde sie, Caroline, über Nacht bleiben müssen. Aber nicht in diesem Haus, entschied sie. Irgendwo im Dorf würde sie bestimmt ein Zimmer finden. Sie schnitt sich noch ein Stück Käse ab. Den restlichen Wein in ihrem Glas rührte sie nicht an. Sie hatte eindeutig genug.
Kurz darauf kam Rafe wieder herein. „In welchem?“, fragte er und hielt ihre beiden Gepäckstücke hoch.
„Sie sind im Koffer.“
Der Umschlag lag gleich obenauf. Das Bild zeigte eine hübsche junge Frau und einen großen jungen Mann in der Uniform eines Sergeants. Das Bild war schon verblichen und an den Rändern verknickt. „Einmal ist er nach Hause gekommen“, erklärte Caroline. „In diesem Urlaub haben sie geheiratet, und in der Zeit hat er ihr auch alles erzählt, was ich weiß.“
Ein weiteres Blatt rutschte aus dem Umschlag. „Das habe ich in seinen Papieren gefunden“, erklärte sie. „Das ist mein Großvater.“ Die Bleistiftskizze hatte das Gesicht des jungen Mannes gut getroffen, und im Hintergrund waren die Umrisse eines Gebirges gestrichelt. Rafe griff hastig nach dem Bild, als würde er es erkennen. Doch das war natürlich unmöglich.
„Mit dem Wagen kommst du jedenfalls nicht weiter“, stellte er fest. „Hier endet, was man mit gutem Willen als Straße bezeichnen könnte. Selbst im Sommer geht es von hier aus nur zu Fuß oder mit dem Maultier weiter. Zu dieser Jahreszeit entfernen sich nicht einmal die Einheimischen sehr weit vom Dorf. Es hat schon geschneit, und wir erwarten täglich neue Niederschläge. Willst du wirklich da hinauf?“
Deshalb war sie ja gekommen! „Sie haben dort oben gelebt, stimmt’s?“, fragte Caroline.
„Ja, aber …“ Er musterte sie von oben bis unten, und sein Blick sagte mehr als tausend Worte.
Sie wusste, wie sie aussah, und konnte deshalb nur trotzig wiederholen. „Ja, ich will da hinauf.“
„Wir werden umkehren, sobald du genug hast.“ Jeder vernünftige Führer hätte das gesagt, aber langsam ging Rafe ihr damit auf die Nerven.
„Es ist zu spät, um heute noch aufzubrechen“, erklärte er. „Wir müssen bis morgen warten. Du kannst auf dem Dachboden schlafen. Es ist nicht sehr bequem, aber etwas Besseres wirst du hier nicht finden.“ Er deutete auf das dunkle Loch in der Decke, in das eine hohe Leiter gelehnt war.
„Und wo wirst du schlafen?“, fragte Caroline.
„Dort.“ Rafe deutete auf die breite Bank an der Schmalseite des Raumes. „Dort schläft gewöhnlich die ganze Familie“, erklärte er, als er ihren ungläubigen Blick bemerkte. „Es ist nicht ganz Virginia Grove.“ Er lachte, und fast hätte Caroline gesagt: „Nein, aber du bist ja auch nicht Christopher.“ Sie unterdrückte die Bemerkung. Er hätte sich nur darüber amüsiert.
„Ich möchte dich mit jemandem bekannt machen“, fuhr er fort. „Zieh deinen Mantel an, und bring die Zeichnung mit.“
Wortlos gehorchte sie und folgte ihm aus dem Haus in die bittere Kälte. Man konnte den Schnee förmlich riechen. Nachdem es im Haus so warm
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