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Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)

Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)

Titel: Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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deutsche Stadt hat natürlich auch ihren Stadtprominenten. In Mainz ist es Gutenberg, in Bochum ist es Grönemeyer. In Frankfurt ist es Goethe. In Osnabrück haben sie Erich Maria Remarque, den Autor des pazifistischen Romans »Im Westen nichts Neues«. Aus dem Musikbereich könnte man vielleicht noch den Sänger Heinz Rudolph Kunze nennen.
    Nichts ist perfekt. Irgendetwas fehlt immer. Aber was? Was fehlt in Osnabrück? Als das Ergebnis der Glücksumfrage bekanntgegeben wurde, stand es in der Lokalzeitung. »Wie soll das bloß werden, wenn jetzt auch noch Ikea nach Osnabrück kommt!«
    Als Erstes kaufen wir also eine Zeitung. Der Feuilletonaufmacher heißt: »Auf den Spuren des Krieges«. Der Medienaufmacher heißt: »Deutschlands Fußball in (Nach-)Kriegstagen«. Im Lokalen steht auf Seite eins lang und breit der neueste Aufruf des Friedensbündnisses Osnabrück.
    Das Besondere an Osnabrück ist seine Fixierung oder auch Obsession. Osnabrück nennt sich offiziell »Friedensstadt«.
    Am Bahnhof hängt ein Friedenszitat des heiligen Franz von Assisi. Die Stadt ist der Sitz der Stiftung Friedensforschung, der Bundesumweltstiftung, von Terre des Hommes, des Remarque-Friedenspreises, des Friedensfestivals »Künstler sagennein« und der Osnabrücker Friedensgespräche. Am alljährlichen Friedenstag findet ein Friedens-Steckenpferdreiten zum Rathaus statt. Osnabrück hat sogar ein offizielles städtisches »Büro für Friedenskultur«, das die vielfältigen Friedensaktivitäten zu koordinieren versucht und zum Teil finanziert.
    Treffen mit zwei Sprechern der Friedensbewegung der Friedensstadt. Karin Detert ist leitende Angestellte im Rathaus, Dieter Reinhardt ist Dozent an der Uni. Zwei Tage zuvor haben sie als symbolische Geste ein weißes Friedensband rund ums Osnabrücker Rathaus geschlungen. Zurzeit suchen sie nach einem neuen Namen für das »Bündnis gegen den Irakkrieg« und sind beide sehr nett, wie eigentlich alle Leute, die man in Osnabrück trifft. Wenn jemand sagt: »Danke«, dann antwortet man in Osnabrück: »Da nich für.« »Ich fühle mich wohl« heißt hier: »Ich bin gut zufrieden.«
    Zu Friedensdemos in Osnabrück, sagen sie, kommen dreimal so viel Leute wie in Hamburg. Am Tag des Angriffs auf den Irak stand ein Vertreter von Attac neben einem Vertreter des Bischofs.
    Franz-Josef Bode ist der zweite Osnabrücker Superlativ. Er ist 1995 schon mit 44 Jahren Bischof geworden. Rekord. Später hat er sich auch noch zum Osnabrücker Grünkohlkönig wählen lassen. Im Jahre 2000 legte er ein »Mea Culpa«-Bekenntnis zu den historischen Irrtümern der katholischen Kirche ab, nicht alle Konservativen mögen so etwas. Aber Bode ist der beliebteste Bischof Deutschlands. Das hat ebenfalls eine Umfrage ergeben. Bischof Bode ist in Osnabrück womöglich noch beliebter als der ADAC. Es ist schwer zu sagen, wie oft Bischof Bode den Irakkrieg schon verurteilt hat. Oft genug jedenfalls.
    Das hat alles, im weitesten Sinne, historische Gründe.
    In Osnabrück und Münster wurde 1648 der Westfälische Friede geschlossen. Ende des Dreißigjährigen Krieges zwischen den Katholischen und den Evangelischen, quasi den Sunniten und Schiiten des Christentums. Die Leidenschaften waren gründlich ausgeglüht, Toleranz wurde Gesetz. Die Dörfer, in denen der Pfarrer das Bett mit einer Frau teilte, wurden damals offiziell für evangelisch erklärt. Alle Dörfer mit frauenlosen Pfarrern dagegen bekam der Papst. Ganz einfach. Und in Osnabrück regierten von da an abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Fürstbischof. Mit anderen Worten: In Osnabrück wurde die Quotenregelung erfunden.
    Dann kam Erich Maria Remarque. Und bald darauf der Zweite Weltkrieg.
    Nein, Osnabrück ist nicht nur die deutsche Friedensstadt. Es ist auch eine Metropole der politischen Korrektheit. Im Dom: Aufruf zur Misereor-Jahrestagung »Alternativen zum Krieg«. In der Zeitung, Veranstaltungsteil, allein auf der Frauenstrecke: Frauenhaus, Mädchenhaus, Frauenberatungsstelle, Mädchenzentrum, Frauennotruf und ein Internationales Frauennetzwerk. Das geballte Hilfsangebot macht den Eindruck, als sei Osnabrück für Frauen die Hölle.
    Sind die Menschen dort deshalb so glücklich?
    Karin Detert erzählt vom Machtwechsel. Wie früher die Fürstbischöfe, so lösen sich heute CDU und SPD in Osnabrück ab. SPD ist mehr evangelisch und pro Radfahrer, CDU ist mehr katholisch und ADAC. Elf Jahre regierte Rotgrün, seit kurzem regiert

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