Romanze im spanischen Schloss
Kritik.
„Vielleicht glauben Sie das nur, weil wir uns so ähnlich sind“, erklärte sie kühn.
„Gut beobachtet“, entgegnete er belustigt.
Während er sich mit einem Teller in der Hand in den Sessel setzte, überfielen sie alle möglichen Emotionen, die völlig neu für sie waren. Es war erschreckend und aufregend zugleich. „Sie spielen oft Solitär, oder?“, stellte er betont unschuldig fest.
Ihm entging auch gar nichts. „Und Sie wahrscheinlich Darts, wenn Sie zur Untätigkeit verurteilt sind und sich die Zeit vertreiben wollen.“
„Das ist nichts für mich, ich habe mich aufs Messerwerfen spezialisiert.“ Die Unterhaltung schien ihn zu amüsieren.
„Genau das habe ich eigentlich angenommen“, behauptete sie, ohne mit der Wimper zu zucken. „Um Ihre Gefühle nicht zu verletzen, habe ich es jedoch lieber für mich behalten.“
Remi lachte schallend. „Ich war der Meinung, Sie hielten mich für gefühllos.“
„Nein, so ist das nicht, sonst hätten Sie mir nicht geholfen und alles getan, damit ich rasch wieder gesund werde. Und damit komme ich zum Thema.“
Seelenruhig aß er weiter, als interessierte ihn die Unterhaltung wenig oder gar nicht. Es war zum Verrücktwerden.
„Ich weiß es zu schätzen, was Sie für mich getan haben, aber jetzt brauche ich Ihre Hilfe nicht mehr, und ich möchte mich erkenntlich zeigen“, erklärte sie steif.
„Sie hören sich an wie Ihr Bruder.“
„Ich meine es ernst, Señor Goyo.“
„Für Sie bin ich Remi. Wie oft soll ich Sie noch daran erinnern?“
Sie hatte es nicht vergessen, ihn mit dem Vornamen anzureden war ihr jedoch zu intim. Sie war fest entschlossen, ihn nicht mehr wiederzusehen, auch wenn der Gedanke schmerzte.
„Da Sie von mir sowieso kein Geld annehmen würden, brauche ich es Ihnen erst gar nicht anzubieten. Stattdessen werde ich Sie von dem Versprechen entbinden, das Sie meinem Bruder gegeben haben. Ehrlich gesagt, möchte ich heute Nacht allein sein, und ich bin mir sicher, Sie möchten es auch.“
Geschmeidig stand er auf und stellte den leeren Teller auf das Tablett. Dann sah er sie mit einem rätselhaften Leuchten in den Augen an. „Obwohl wir uns erst kurze Zeit kennen, tun Sie so, als wüssten Sie sehr viel über mich.“
Jillian atmete tief durch. „Ich kenne das Öl, das Sie herstellen. Nachdem ich gestern Ihre Olivenhaine gesehen habe, bin ich davon überzeugt, dass Sie ein verantwortungsbewusster Mensch sind, Remi.“
„Wenigstens haben Sie sich überwunden, mich mit dem Vornamen anzureden“, stellte er zufrieden fest.
Sie wandte sich ab. „Es wäre mir wirklich lieber, Sie würden mich jetzt allein lassen. Sie müssen sich um Ihr Unternehmen kümmern, und auch ich möchte mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren“, fügte sie hinzu.
„Bestimmt nicht heute Abend.“
Schweigend sah sie ihn an. Was hätte sie auch darauf erwidern sollen?
Als er die Hand auf den Tisch legte, um ihn wegzuschieben, fiel ihr auf, dass er keinen Ehering trug, was natürlich nichts zu bedeuten hatte. Der dezente Duft seines Aftershaves hatte eine verheerende Wirkung auf ihre Sinne und brachte sie völlig durcheinander.
„Sie sehen müde aus. Lassen Sie uns die Unterhaltung morgen fortsetzen, ehe Sie entlassen werden. Außerdem wollen Sie sicher noch einige E-Mails an Freunde und Bekannte schicken. Deshalb verabschiede ich mich jetzt. Im Notfall können Sie mich telefonisch im Hotel Casa Cervantes hier in Madrid erreichen, man wird Sie zu mir durchstellen. Gute Nacht, Jillian.“
Auf dem Weg zur Tür nahm er das Notbett mit hinaus auf den Flur, da es nicht mehr gebraucht wurde.
„Gute Nacht“, flüsterte sie. Zu ihrer grenzenlosen Enttäuschung hatte er gar nicht beabsichtigt, noch eine Nacht bei ihr zu verbringen.
3. KAPITEL
Der Arzt legte Jillian die Augenbinde wieder an. „Das sieht schon ganz gut aus, Miss Gray, ich bin sehr zufrieden. Sobald ich das Entlassungsformular unterschrieben habe, wird Sie jemand zum Ausgang begleiten. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?“
„Ja, etwas möchte ich noch unbedingt wissen“, erwiderte Jillian ruhig. „Aber auf die Antwort muss ich wohl noch warten.“
„Sie sind sehr tapfer. Nächste Woche Donnerstag um elf sollten Sie zur Nachuntersuchung in meine Praxis kommen. Sie befindet sich in dem Gebäude gegenüber des Haupteingangs von dem Krankenhaus.“
„Ich werde pünktlich erscheinen. Vielen Dank für alles.“
Er nickte. „Wir geben Ihnen Tropfen mit, und Sie erhalten
Weitere Kostenlose Bücher