Romanze im spanischen Schloss
kann nicht untätig herumsitzen. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, von Ihnen alles anzunehmen, ohne mich dafür erkenntlich zu zeigen.“
„Einverstanden. Was würden Sie denn gern machen?“
„Lassen Sie sich etwas einfallen.“
Sein Lachen klang wunderbar. Unwillkürlich wünschte sie, sie würde es öfter hören. „Das muss gefeiert werden, am besten mit einem Mittagessen, ehe wir zurückfahren. Kennen Sie das Restaurant Taberna Los Cabales an der Plaza de Santa Anna?“
„Nein. Wenn ich mit Touristen in Madrid bin, gehe ich immer in das Zalacain.“
„Ja, das eignet sich bestens für größere Gruppen. Das Taberna Los Cabales ist gemütlicher, und die Tapas dort sind einsame Klasse.“
Sie freute sich darauf, mit ihm zusammen zu sein, egal, wo. „Dann werde ich sie gern probieren.“
Sein durchdringender Blick ließ sie insgeheim erbeben. „Schnallen Sie sich bitte an“, forderte er sie freundlich auf, ehe er den Motor startete.
„Dass ich das vergessen habe, nachdem es mir das Leben gerettet hat, ist eigentlich unglaublich.“ Sie holte es rasch nach und zog ihr Handy aus der Handtasche. „Mein Bruder wartet sicher schon auf Nachricht.“
„Ganz bestimmt.“
Sie drückte die gespeicherte Nummer ihres Bruders, und nach dem zweiten Läuten meldete er sich.
„Jilly?“, rief er besorgt aus.
„Es gibt gute Neuigkeiten, Dave! Ich kann mit dem rechten Auge sehen, zwar teilweise etwas verschwommen, was möglicherweise so bleiben wird, aber alles andere ist in Ordnung. Ich bin ja so glücklich und dankbar.“
„Jilly, bin ich froh!“
„Leider muss ich jetzt Schluss machen. Es wartet schon der nächste Patient vor dem Untersuchungszimmer. Heute Abend rufe ich noch einmal an. Bis dann, Bruderherz.“
Remi bekam natürlich mit, dass sie David gegenüber so tat, als wäre sie noch in der Arztpraxis. Die Gründe für die kleine Lüge brauchte er nicht zu wissen, es würde ihn nur verletzen, wenn er erfuhr, welche Zweifel und Bedenken David ihm gegenüber hegte. Remi hatte schon genug Verletzungen erlitten, deshalb würde sie alles tun, ihn zu beschützen.
Während sie durch die Stadt fuhren, fiel ihr auf, wie überfüllt die Restaurants waren. Dennoch bekamen Remi und Jillian einen Tisch in seinem Lieblingslokal, wo ihnen der Ober sogleich die Speisekarte brachte.
„Trinken Sie Wein?“, fragte Remi.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, dafür ist es mir zu früh. Außerdem habe ich heute Morgen das Frühstück ausgelassen. Ich hätte gern ein Glas Orangensaft.“
„Ich habe auch nichts zu mir genommen“, gab er leise, fast verschwörerisch zu, ehe er sich mit der Bitte, ihnen zwei Gläser Orangensaft und eine Platte Tapas zu bringen, an die Bedienung wandte.
Der Mann nickte und verschwand wieder.
Jillian vermutete, dass Remi für sich keinen Alkohol bestellte, weil er noch fahren musste. Ihr zuliebe hätte er jedoch wahrscheinlich ein Glas mitgetrunken. Er nahm unglaublich viel Rücksicht auf sie, und auch dafür liebte sie ihn. Glücklicherweise waren ihre Augen hinter der Sonnenbrille verborgen und konnten ihre Gefühle nicht verraten, wenn sie ihn ansah. In seinen dunklen, fast schwarzen Augen spiegelten sich alle möglichen Emotionen: Schmerz, Belustigung und Ärger und vielleicht noch mehr.
„Na, zu welchem Schluss sind Sie gekommen?“, brach er plötzlich das Schweigen, das sich zwischen ihnen ausgebreitet hatte.
Sie fühlte sich ertappt und errötete. „Na ja, ich habe Sie etwas genauer betrachtet, weil ich Sie heute zum ersten Mal mit beiden Augen sehen kann“, improvisierte sie.
Er lehnte sich zurück. In dem leichten hellen Anzug und dem anthrazitfarbenen Seidenhemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren, sah er viel zu gut aus.
„Habe ich Sie erschreckt?“
Ja, weil du in mir großes Verlangen weckst, dachte sie und musste lächeln. „Ich habe jedenfalls noch nicht die Flucht ergriffen“, scherzte sie, um ihre Gefühle zu überspielen, die sie kaum noch unter Kontrolle hatte.
Er antwortete nicht gleich, denn in dem Moment servierte der Kellner ihnen die Getränke und mindestens ein Dutzend Tapas auf einer riesigen Platte.
„Diese hier sollten Sie zuerst probieren.“ Remi legte ihr einen der Appetithappen auf den Teller. „Das ist geräucherter Fisch mit Olivenöl.“
Nachdem sie den ersten Bissen gekostet hatte, konnte sie nicht mehr aufhören und ließ sich eine Tapa nach der anderen schmecken.
„Gut, dass ich die nächsten drei Wochen nicht in Madrid
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