Romanze im spanischen Schloss
selbstverständlich begleitete Remi sie.
„Dr. Filartigua kommt gleich.“
„Jetzt ist es so weit“, sagte Jillian, nachdem die Helferin die Tür hinter sich geschlossen hatte, und sah Remi an. Zu seiner Erleichterung schickte sie ihn nicht hinaus. „Habe ich Ihnen eigentlich erzählt, dass ich auf dem rechten Auge immer noch nichts sehen konnte, als ich das letzte Mal die Binde gewechselt habe?“
Obwohl sie sich auf das Schlimmste gefasst machte, wünschte sie sich insgeheim natürlich einen positiven Befund zu bekommen. Wie er mit einem negativen Ergebnis umgehen sollte, wusste er noch nicht.
„Das muss nichts bedeuten“, antwortete er.
Sie atmete tief durch. „Egal, was jetzt geschieht, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie mich heute begleiten.“
„Was hätte ich sonst tun sollen?“
„Auf Ihrem Landgut wartet viel Arbeit auf Sie.“
„Heute nicht, denn …“ Er verstummte, weil der Arzt hereinkam.
„Miss Gray, ich begrüße Sie.“ Der Arzt schüttelte ihr die Hand und nickte Remi freundlich zu.
„Hallo, Doktor“, erwiderte sie betont munter, und wieder einmal bewunderte Remi ihren Mut und ihre Selbstbeherrschung.
„So, dann lassen Sie uns gleich zur Sache kommen. Würden Sie bitte den Kopf etwas höher heben?“
Remi konnte nicht mehr still sitzen, er stand auf und verfolgte, wie der Arzt die Augenbinde entfernte.
„Oh!“, rief sie erfreut aus. „Ich kann wieder sehen!“
Das war das Schönste, was Remi seit Langem gehört hatte. Freude und Erleichterung durchfluteten ihn.
„Gut. Und was genau nehmen Sie wahr?“, fragte der Arzt.
„In der Mitte ist alles verschwommen, aber am Rand ist die Sicht klar.“
Der Arzt wollte es noch genauer wissen. Dann nickte er und erklärte: „Okay, dann will ich mir das Auge einmal genauer anschauen.“
Während sie seine Anweisungen genau befolgte, wartete Remi mit angehaltenem Atem auf die Diagnose.
Schließlich schob der Arzt die Geräte weg.
„Wird diese Trübung sich, oder was auch immer es ist, noch geben?“ Jillians Stimme klang hoffnungsvoll.
Nachdenklich wiegte er den Kopf hin und her. „Ich befürchte, Sie werden eine leichte Sehstörung behalten.“
Oh nein! Remi stöhnte leise auf.
„Um es kurz zu machen, der Glassplitter hat die Netzhaut geschädigt“, fügte der Arzt hinzu.
„Ah ja.“
„Sie werden sich an die Behinderung gewöhnen. Wenn Señor Goyo nicht so rasch und umsichtig gehandelt hätte, wäre vielleicht das Auge durch die innere Blutung noch stärker in Mitleidenschaft gezogen worden. Ehrlich gesagt, ich hatte nicht damit gerechnet, Ihre Sehkraft überhaupt erhalten zu können, und bin froh über das doch recht positive Ergebnis.“ Der Arzt klopfte ihr freundlich auf die Schulter.
„Ich auch“, flüsterte sie. „Vielen Dank, dass Sie gerettet haben, was zu retten war.“
„Keine Ursache, das ist mein Beruf. Die Augenbinde brauchen Sie nur noch nachts zu tragen. Und die Tropfen nehmen Sie bitte weiterhin zweimal täglich, bis wir uns in drei Wochen wiedersehen.“
Sie zögerte kurz. „Darf ich mir jetzt die Haare waschen?“
Während Remi sich ein Lächeln verbiss, war der Arzt nicht so rücksichtsvoll und lachte in sich hinein. „Ja, aber nur wenn Ihnen jemand dabei hilft. In drei Wochen können Sie wieder alles machen, was Sie wollen. Lassen Sie sich bitte von meiner Sprechstundenhilfe demnächst einen neuen Termin geben.“
Remi schüttelte dem Arzt die Hand, ehe er Jillian beim Aufstehen half. Plötzlich wollte er sie nicht mehr loslassen. Er zog sie an sich und barg das Gesicht in ihrem Haar. „Sie sind die mutigste, tapferste Frau, die ich kenne. Ich bin froh und dankbar, dass Sie Ihre Sehkraft auf dem rechten Auge nicht ganz verloren haben.“
Sie ließ die Hände über seine muskulöse Brust gleiten, eine Geste, die ihm fast den Atem raubte. „Wenn Sie mir nicht geholfen hätten …“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn sanft auf die Lippen. „Danke, Remi.“
Das reichte ihm nicht. Er sehnte sich danach, sie leidenschaftlich und innig zu küssen. Dazu kam er allerdings nicht, denn sie löste sich viel zu rasch von ihm.
„Wir müssen gehen.“ Sie verstaute die Augenbinde in ihrer Handtasche. „Sie haben noch die lange Rückfahrt vor sich.“
Schweigend verließen sie den Raum. Jillian ließ sich von der Sprechstundenhilfe einen Termin geben, und die Frau reichte ihr eine Sonnenbrille. „Die ist ganz nützlich, denn das Tageslicht wird Ihnen zunächst sehr grell
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