Romanzo criminale
genannter FREDDO wurde verhört; er behauptete, den Nachmittag und den Abend mit seiner Lebensgefährtin, Signorina ROBERTA DE SANTIS, verbracht zu haben. Das besagte Fräulein bestätigt den Umstand.
Was NEMBO KID betrifft, so war er während des gesamten Nachmittags und Abends in Gesellschaft seiner Lebensgefährtin, einer gewissen MORAI DONATELLA.
Bis zum heutigen Tag (17. Februar) fehlt jede Spur von dem verschwundenen PUDDU NATALE MARIO.
Der Unterzeichnete ist der Ansicht, dass PUDDU einem Mord zum Opfer gefallen ist und seine Leiche versteckt wurde, und dass die beiden Tatbestände (die Ermordung PUDDUS und jene MAGNANTIS) in engem Zusammenhang stehen. Die Gründe des Doppelmordes sind in der Beziehung zu suchen, die der verstorbene PUDDU mit herausragenden Elementen der römischen Unterwelt wie LIBANESE (der ebenfalls im September des letzten Jahres von Unbekannten ermordet wurde), NEMBO KID, DANDI, FREDDO, BUFALO und anderen unterhielt. Sie alle sind Mitglieder einer gefährlichen, weitverzweigten verbrecherischen Organisation, die vor allem mit Waffen und Drogen handelt. PUDDU wurde wahrscheinlich eliminiert, weil eine Rechnung innerhalb der Organisation beglichen wurde, während MAGNANTI nur deshalb beseitigt wurde, weil er ein unbequemer Zeuge dieser Ereignisse war.
Abschließend wird auf die Tatsache hingewiesen, dass die Alibis, die von den drei Verdächtigen angegeben wurden, nicht überzeugend sind: Es handelt sich um Gefälligkeiten von Freundinnen und Geliebten, die keinerlei Relevanz besitzen.
Im ursprünglichen Bericht von Scialoja stand noch vieles mehr. Zum Beispiel, dass Mario il Sardo Cutolo bedeutete, und dass Cutolo Camorra bedeutete. Dass die weitverzweigte verbrecherische Organisation sich nicht nur mit dem Handel von Waffen und Drogen beschäftigte, sondern Kontakte zu Wichsern vom Geheimdienst unterhielt. Dass auch rechte Extremisten mit von der Partie waren. Dass Libanese ein Ungeheuer mit vielen Köpfen geschaffen hatte, dessen Einfluss sie nicht wirklich einschätzen konnten. Borgia hatte ihn überredet, eine gefälligere Version zu verfassen.
– Ich kenne meine Pappenheimer. Man darf nicht immer gleich alle Karten ausspielen. Beschränken wir uns auf die beiden Morde. Für den Staatsanwalt ist das mehr als genug!
Doch wie sich herausstellte, hatte der arme Borgia einen tragischen Irrtum begangen. Der Staatsanwalt las den Bericht, schüttelte den Kopf, bot ihm eine Zigarette an und setzte das Lächeln eines verständnisvollen älteren Bruders auf.
– Ich fürchte, ich muss dich enttäuschen, aber damit kommen wir nicht sehr weit …
Sie hätten nur Indizien in der Hand. Es gäbe keine Zeugen. Und was war mit den Alibis? Es sagte sich so leicht: Die Freundinnen der Kriminellen sind unglaubwürdig. Aber erklär das einmal einem Schwurgericht! Und diese Frauen waren letzten Endes alle unbescholten, hatten, soviel man wusste, nichts mit dem Milieu zu tun … zum Beispiel die Frau von … wie hieß er doch gleich? Dandi! Die Frau von Dandi: eine Kirchgängerin, die in zahlreichen Wohltätigkeitsvereinen tätig war, sogar mit dem Monsignore befreundet war … nein, nein, mein lieber Borgia: tut mir leid, keine Haftbefehle. Noch dazu in diesen Zeiten, wo uns die Verfassungsschützer vorwerfen, wir wollten einen Polizeistaat errichten … Man musste sich jederzeit die alte Faustregel in Erinnerung rufen: lieber Hunderte Schuldige in Freiheit als ein Unschuldiger im Zuchthaus.
Fabio Santini, der auf geheimnisvolle Weise befördert worden war und eine neue Arbeit im Justizpalast bekommen hatte, ließ Trentadenari wissen, dass Richter Borgia stinksauer war. Als er das Büro des Staatsanwaltes verließ, hatte er zwischen den Zähnen Flüche hervorgestoßen. Einen Satz, den er deutlicher ausgesprochen hatte als alle anderen, hatten alle Umstehenden verstanden:
„Was heißt hier verfassungsgemäße Rechte. Wenn es sich um Rote handelte, würden sie sie alle an die Wand stellen, mit oder ohne Alibis!“
Sie selbst hatten übrigens nicht damit gerechnet, dass der Staat so schnell klein beigeben würde. Hals über Kopf verließen sie ihre Verstecke und strömten auf die Straße, um den fälligen Applaus der römischen Unterwelt entgegenzunehmen. Sie wussten, dass sie nur Theaterdonner erwartete: Routineverhöre, Vastas strenges Stirnrunzeln, Borgias Ingrimm, Scialojas gespielte Nonchalance. Mehr nicht. Aufgrund der von den Bomben ausgelösten Paranoia befanden sie sich in Sicherheit. Die
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