Romanzo criminale
sich Ihre Beziehung zur Vallesi hervorragend entwickelt, Kommissar.
Scialoja hatte mit einem bitteren Lächeln geantwortet. Borgia hatte sich einen Anflug von Menschlichkeit erlaubt und darauf verzichtet, ihn weiter zu verarschen.
Außerdem war der Tipp Patrizias Abschiedsgeschenk gewesen. Scialoja hatte sie überall gesucht. Sie war unauffindbar. Scialoja wollte sich nicht damit abfinden, dass die Geschichte keine Zukunft hatte. Er würde sie weiter suchen. Er musste sie finden. Sie musste nachgeben. Sie hatten sich geliebt wie Mann und Frau. Sie hatte sich hingegeben. Aber war es echte Hingabe gewesen? Jetzt verstand er ihr Schweigen, ihr ungewisses Lächeln, ihr ewiges Aufschieben. Er hatte sie in seinen Händen gehalten und er hatte sie gehen lassen! Es war ihm nicht gelungen, sie festzuhalten! Gab es jemanden, der sie halten konnte? Scialoja hatte Mühe, den Gefühlen Einhalt zu gebieten, die ihn rund um die Uhr beschäftigten, von den bitteren Morgenstunden bis in die unruhige Nacht hinein. Er musste klar werden. Sie vergessen. Sich auf die Ermittlungen konzentrieren. Scialoja rannte im Morgengrauen ins Büro und verließ es mitten in der Nacht. Und die Nacht war schwarz. Die Nacht war hart.
Sie hingegen saßen schön in der Patsche. Noch bevor sich dieser Wichser Brugli (Traue niemals einem Roten!) gesetzt hatte, hatte er dem Chef des Geheimdienstes UCIGOS schon alle Namen genannt. So wurde nicht nur Ziccone zu nachtschlafender Stunde verhaftet, sondern auch Trentadenari, Scrocchiazeppi und Nembo Kid. Und Bufalo, der ohnehin schon tief genug in der Scheiße steckte, und Freddo, der gerade wieder mal freigelassen worden war, hatten einen schönen neuen Haftbefehl am Hals. Der Verrückte beschuldigte sie. Ein Geheimnis war und blieb, warum andere Stammkunden des Lagers im Ministerium wie Nero, Fierolocchio oder Dandi nicht auf seiner Liste aufschienen.
Borgia rieb sich jedenfalls die Hände. Er erhob sofort Anklage wegen Waffenbesitzes und krimineller Vereinigung nach Paragraf 416.
– Die Idee lässt Sie wohl nicht los, witzelte Vasta, immer wenn einer meiner Mandanten zu Unrecht angeklagt wird, gibt es auch noch eine Nebenklage … verfolgen Sie noch immer die Spur des Phantoms dieser Bande, Doktor Borgia?
– Ich bin schon neugierig, wie Sie sich diesmal aus der Patsche helfen. Die Anklage ist wasserdicht!
– Wie immer werde ich letzten Endes die Unschuld meiner Mandanten beweisen.
Letzteres äußerte er allerdings nur gegenüber dem vertrottelten Staatsanwalt, nicht zuletzt, um seine Berufsehre zu wahren. Im Gesprächsraum ließ er die Maske fallen und zog ganz andere Saiten auf.
– Bruglis Ladung ist unangreifbar. Zum Glück hat Ziccone sich anständig verhalten, sonst wären wir geliefert. Man müsste die Fakten zurechtrükken …
– Ein paar der Pistolen da unten sind leider heiß, stellte Freddo fest.
Vasta wurde steif und professionell.
– Das geht mich nichts an.
Freddo erstarrte: Sie hatten schon seit geraumer Zeit aufgehört, mit dem Anwalt Katz und Maus zu spielen. Zwischen ihnen war alles mehr als klar.
– Was ist los, Anwalt, machst du einen Rückzieher?
– Manche Dinge sollte man sogar dem eigenen Anwalt verschweigen, unterbrach er ihn und nahm Notizen und Aktentasche, wir sprechen uns in den nächsten Tagen.
Wenn sogar Vasta in die Knie ging, sah die Sache nicht gut aus. Trotzdem war da noch immer das Problem mit den Waffen. Im Lager befanden sich die Pistolen Tigames und Saraccas, die Maschinenpistolen Terribiles, ein paar Revolver Sardos und vor allem die Tanfolio, mit der Nero Pidocchio umgelegt hatte. Wer war noch auf freiem Fuß? Dandi, Fierolocchio, die Buffoni-Brüder, Botola … und auch Sorcio, auch wenn der arme Gehörnte nicht zählte. Sie mussten das Problem lösen. Vanessa schmuggelte den Kassiber aus dem Gefängnis. Auf das Kärtchen, das die Krankenschwester an einer Stelle versteckt hatte, die nicht durchsucht wurde, hatte Freddo geschrieben: für Dandi – Vorsicht: Tanf. – Pidocchio – Nero.
Dandi machte sich ernsthaft an die Arbeit. Nicht zuletzt deshalb, weil die Sache auch ihm gefährlich werden konnte. Brugli hatte sie alle im Ministerium gesehen. Seine Zunge konnte sich ganz plötzlich lösen. Es bestand die Gefahr, dass sie alle verhaftet wurden. Die Konsequenzen wären wahrscheinlich verheerend gewesen. Als erste Maßnahme verschwanden sie erst einmal alle von der Bildfläche. Die einen verzogen sich mit gefälschten Papieren in ein Hotel,
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