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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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uns. Tja, die Gräfin ist jung und schön, und Corneille, der sich am Gipfel seines Ruhms befand, wollte sie unbedingt haben ... aber er ist alt und hässlich und voller Falten! Kurz und gut, die Gräfin lacht ihn aus. Der Dichter beschließt sich zu rächen. Er schreibt ein Gedicht: Pass auf, Gräfin, jetzt bist du keck, weil du schön und jung bist, aber denk daran, dass auch du einmal alt werden und Falten bekommen wirst, blablabla ... mit einem Wort: ein schlechtes Omen, nicht wahr? Aber es geht noch weiter. Drei Jahrhunderte später ... oder auch vier, Jahreszahlen sind nicht wirklich meine Stärke, nimmt ein Witzbold namens Tristan Bernard das Gedicht von Corneille auf und schreibt die Antwort der Gräfin: Schon gut, mein alter Corneille, vielleicht hast du ja Recht, aber in der Zwischenzeit bin ich sechsundzwanzig Jahre alt und pfeif auf dich! Klar, oder?
    Scialoja hatte sehr gut verstanden, wollte aber, dass Vecchio noch ein wenig deutlicher wurde.
    – Nein, ich verstehe den Sinn nicht wirklich, flüsterte er und zündete aufs Neue seine Zigarre an.
    Vecchio setzte einen angewiderten Ausdruck auf.
    – Nun kommen Sie schon! Es geht um den Ausdruck
in der Zwischenzeit
, der auf Französisch
cependant
heißt ... mag sein, dass sich irgendwann einmal ein Gericht ernsthaft mit gewissen Dingen beschäftigt, mag sein, dass es irgendwann eine Gerichtsverhandlung, vielleicht sogar Urteile gibt, aber in der Zwischenzeit ...
cependant
... ich werde dann sicher nicht mehr da sein ... aber in der Zwischenzeit ...
cependant
... wird das getan werden, was getan werden muss ...
    – Und was muss getan werden? Mordanschläge? Bomben? Kleine Massaker?
    Vecchios Gesicht verfinsterte sich.
    – Ihr werdet noch den Zeiten nachweinen, die ihr jetzt als finster bezeichnet.
    – Ich soll einer Zeit nachweinen, in der Moro umgebracht wurde? Pidocchio? Und die Bomben in Bologna?
    – Sie werden schon noch sehen. Sie haben das Glück, es mit den letzten wirklichen Männern zu tun zu haben. Männern mit Leidenschaft und Identität. Aber das wird nicht mehr lange dauern! Das Heute vergeht und die Zukunft gehört ausschließlich Bankiers und Technokraten. Ach ja, und natürlich den jungen Leuten, die völlig vom Fernsehen verblödet sind.
    Scialoja dämpfte seine Zigarre aus.
    – Sie haben mich rufen lassen, aber Sie sagen mir nichts Neues!
    – Mag sein. Aber das ist Ihr Problem, nicht meines. Sie versuchen einen Plan aufzudecken, wo es keinen Plan gibt, ein Komplott, wo es kein Komplott gibt. Geben Sie diesen absurden Anspruch auf. Die Geige und der Kalender liegen nebeneinander auf dem Seziertisch, aber sie stehen in keinerlei Verbindung zueinander, außer in einer zufälligen. Wir leben nicht im Jahrhundert Hegels! Sondern im Jahrhundert Magrittes!
    Scialoja hatte die Nase voll. Vecchio lehnte sich im breiten Sessel zurück und schloss die Augen. Seine Stimme wurde zu einem fast unverständlichen Flüstern.
    – Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass der Apparat, von dem ich spreche, in keinster Weise für das Massaker von Bologna verantwortlich ist.
    – Ehrenwort?
    – Ich verstehe, dass Sie das ein wenig verwundert, aber genau so ist es. Das versichere ich Ihnen! Und ich versichere Ihnen auch, dass die Justiz früher oder später ... wie Sie sagen ... den zu fassen bekommen wird, der diese verdammte Bombe gelegt hat ...
    – Und die Auftraggeber?
    – Sind oft dieselben Personen wie die Ausführenden.
    – Würden Sie auch das bei Ihrer Ehre schwören?
    – Jetzt verlangen Sie aber zu viel von mir!, lachte Vecchio und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch.
    Scialoja war bereits an der Tür, als Vecchio ihn zurückrief. Sein Tonfall war besorgt.
    – Soll ich Sie von Zeta und Pigreco hinausführen lassen?
    – Aber ich bitte Sie. Wie sagt man doch: lieber allein als ...
    – Ich verstehe Sie. Ich verspreche Ihnen, dass Sie von dieser Seite nicht mehr belästigt werden. Und ... ich würde mich gerne noch einmal mit Ihnen unterhalten, Kommissar.
    – Da es dieses Büro zwar nicht gibt, werden Sie mich zu finden wissen!
    – Zweifellos!
    – Was soll das sein, ein Vorschlag, mich auf ihre Gehaltsliste zu setzen?
    – Um Himmels willen. Ich wüsste gar nicht, was ich mit einem wie Ihnen anfangen sollte!
    – Danke.
    – Aber ich bitte Sie.
    Scialoja schloss die Tür hinter sich. Als er schon die Hälfte des Korridors mit den frisch gestrichenen Türen zurückgelegt hatte, fiel ihm ein, dass er Vecchio noch etwas sagen wollte. Er

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