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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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warum Freddo derart sauer auf Sorcio war. Was hatte einer der größten Bosse mit diesem armen Teufel zu tun? Was war der Grund für die Rache?
    – Der sagt kein Wort, protestierte Borgia erschöpft. Ich kann ihn ja nicht foltern.
    – Sorcio scheißt sich an vor Angst. Lassen wir ihn frei.
    – Frei? Sie sind ja verrückt, Scialoja.
    – Hören Sie zu, so eine Gelegenheit kommt nie wieder. Vertrauen Sie mir!
    Eine Woche nach der Verhaftung wurde Sorcio freigelassen, offiziell aus Gesundheitsgründen. Von dem Augenblick an, an dem er über die Schwelle des Hotel Regina trat, wurde er rund um die Uhr von zwei Beamten beschattet. Außerdem hatte Scialoja verfügt, die Operation, von den beiden Beamten einmal abgesehen, streng geheim zu halten. So könne Fabio Santini Trentadenari nicht benachrichtigen, dass Sorcio beschattet würde.
    Zuerst war Sorcio eine richtige Enttäuschung. Die Beamten berichteten, das Objekt verbarrikadiere sich den ganzen Tag zu Hause, bei verschlossenen Fenstern und Türen. Als er einmal einen kleinen Nachmittagsspaziergang machte, drang einer der beiden in die Baracke ein, wo sich ihm ein unglaubliches Bild der Verwahrlosung bot. Sorcio lebte gewissermaßen im eigenen Dreck.
    Borgia schwankte. Scialoja ließ nicht locker. Er war bereit, sogar Freddo freizulassen und zu schauen, was passierte.
    Sorcio hatte an winzigen Anzeichen erkannt, dass jemand in seine Baracke eingedrungen war, und seine Paranoia war ins Unermessliche gestiegen. Überall sah er Freddo. Er bibberte im warmen Sonnenlicht. Wenn er etwas Mumm in den Knochen gehabt hätte, hätte er sich erschossen. Alles, alles, nur um diese Angst abzustellen, die ihn halb umbrachte.
    Trentadenari, dem sein Schweigen Sorgen bereitete, musste etwas unternehmen. Der Neapolitaner versuchte ihm gut zuzureden: Niemand hatte etwas gegen ihn, und solange Freddo saß, ging das Leben ganz normal weiter.
    – Und wenn er freikommt?
    – Wenn er freikommt, sprechen wir mit ihm. Freddo kann nicht immer seinen Kopf durchsetzen.
    Aber Sorcio zierte sich. Trentadenari spielte seinen Trumpf aus: Heroin.
    – Hundert Gramm. Höchster Reinheitsgrad. Achtzig zum Verkaufen und zwanzig ganz allein für dich!
    Als Sorcio wieder allein war, starrte er auf das Päckchen, das der Neapolitaner dagelassen hatte, und spürte die heftige Versuchung, es ins Klo zu werfen. Doch dann gewann die Gier Oberhand und nach einem schönen Schuss war er mit der Welt versöhnt. Als er frisch rasiert und gewaschen die Baracke verließ, stürzten sich die beiden Polizisten auf ihn. Sie packten ihn und schrien: „Halt, Polizei!“, aber Sorcio war schon bei ihrem Anblick in Ohnmacht gefallen. Sie brachten ihn ins Haus, wo sie auf einem wackeligen Tisch das aufgerissene Säckchen mit dem Stoff fanden. Sorcio kam wieder zu sich, nahm zur Kenntnis, in welcher Situation er sich befand, und der Geier, der ihn mit seinen Krallen am Hals gepackt hatte, flog plötzlich davon. Er bat, zu Richter Borgia gebracht zu werden.
    – Ich möchte ein umfassendes Geständnis ablegen. Seit einigen Jahren bin ich Mitglied einer großen und weitverzweigten kriminellen Organisation ...

Dritter Teil

1984
Alle im Knast
I.
    Sorcio diktierte und Scialoja stenografierte.
    Nervenstärke, Wille und Hoffnung gaben dem Jungen eine Kraft, von der er nicht einmal zu träumen gewagt hatte. Zum ersten Mal seit vielen Jahren sah er einen Ausweg. Den Affen und die Paranoia loswerden. Und wenn das als Verrat galt, umso besser. Was verband ihn mit Freddo und den anderen? Er empfand kein Mitleid für sie. Als Erstes spuckte er den Namen von Fabio Santini aus.
    – Wir können bis zum Morgengrauen hier sitzen, aber wenn Sie den Spion nicht ausschalten, ist alles sinnlos.
    Sie unterbrachen das Verhör, ließen Bier und Brötchen für den Jungen bringen und sperrten sich im Büro ihres Chefs ein. Borgia hätte den korrupten Polizisten am liebsten ins Militärgefängnis von Forte Boccea werfen lassen. Scialoja widersprach ihm.
    – Alles, was wir gegen ihn in der Hand haben, ist Sorcios Wort. Es gibt keine Beweise. Er braucht nur zu sagen, ein Krimineller wolle ihm etwas heimzahlen, und ist aus dem Schneider. Wenn wir ihn jetzt verhaften, ruiniert uns unser Freund die Ermittlungen.
    – Auch wenn er in Freiheit bleibt, ruiniert er uns die Ermittlungen.
    – Das hängt davon ab ...
    Scialoja legte ihm seinen Plan dar. Der Staatsanwalt wurde bleich.
    – Aber das ist ja illegal!
    – Gehen Sie wieder runter und machen Sie mit

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