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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Satz schien in keinem einzigen Bericht auf.
    Nur Dandi entging der Festnahme. Sorcio zufolge besaß er eine Absteige in der Nähe des Messegeländes von Rom. Offiziell gehörte die Wohnung Patrizia, aber er kam und ging, wie es ihm passte. Keine Panzerglasscheiben, kein spezielles Schloss. Seit Patrizia im Knast gewesen war, konnte sie Schlösser nicht ausstehen. Außerdem würde sich in Rom niemand trauen, die Frau des Bosses zu belästigen. Scialoja sperrte mit den Schlüsseln auf, die sie ihm bei Ranocchias Begräbnis zugesteckt hatte. Trotz der brenzligen Situation konnte er nicht umhin, einen bewundernden Blick um sich zu werfen. Wenige Designerstücke und alles in Weiß. War diese Beschränkung auf das Existenzielle das Werk eines Architekten oder der Zeit? Scialoja machte alle Lichter aus, zündete sich eine Zigarette an, setzte sich auf einen Diwan, von dem aus er die Eingangstür beobachten konnte. Seit den Zeiten in Porta Maggiore hatte sein Täubchen Karriere gemacht. Dennoch hätte er schwören können, dass sie irgendwo noch das kleine Kästchen mit den Dingen aufbewahrte, die das Symbol ihrer armseligen und gierigen Träume waren: Kleingeld, Ringe, das Foto Raquel Welchs, der Bulgari-Prospekt, die Traumreise in die Südsee. Während seine Männer die Wohnungen der Bosse durchkämmten, wollte er Dandi ganz allein festnehmen. Borgia hätte gesagt, das sei ein dummes Bravourstück. Und vielleicht war es das auch. Aber es hatte auch etwas damit zu tun, dass Ketten gesprengt, Erbschaften und perverse Spiele aufgegeben wurden, von denen man sich nicht in den Abgrund treiben lassen wollte. Es ging gar nicht anders. Überlebenstrieb. Als Scialoja vor vielen Jahren von einem Requisiteur im Zirkus ein Fläschchen afghanisches Haschisch gekauft hatte, hatte er zum ersten Mal festgestellt, dass er eine gute Portion davon besaß. Beim ersten Zug hatte er das Gefühl, er würde sich von außen betrachten. Beim zweiten hatte er das Gefühl, sein Herz ginge im Zimmer spazieren. Einen dritten gab es nicht, weil das Zeug im Klo gelandet war. Sechzehn war er damals gewesen. Seither hatte er keinen richtigen Joint mehr geraucht. Überlebenstrieb. Um die Extratour zu rechtfertigen, hatte er seinen Kollegen erklärt, Dandi sei extrem gefährlich und deshalb müsse man in aller Ruhe vorgehen, leise und ohne die Dinge zu überstürzen. Aber während er in den nervösen Dämmerzustand des Wartens verfiel, fiel ihm auf, dass er beinahe liebevoll den Griff der Dienstberetta streichelte, beinahe wie um sich zu trösten. Bestimmt war Dandi bewaffnet. Und wenn er Widerstand leistete? Er entsicherte sie. Vielleicht musste er ihn erschießen. Diese Aussicht, stellte er mit einem Frösteln fest, beunruhigte ihn gar nicht einmal so sehr. Außerdem war es gar nicht sicher, dass sich Dandi ausgerechnet diese Nacht des
buen retiro
bediente. Dann würde er am nächsten Morgen weitermachen wie gewohnt. Ein kleiner Zeitverlust, nicht mehr. Aber was für eine verlogene Lösung. Er zündete sich eine Zigarette an, eine zweite, noch eine. Und wenn er mit Patrizia nach Hause kam? Er vertrieb den Gedanken mit der x-ten Zigarette. Als Dandi endlich nach drei Uhr morgens auftauchte, saß er wachsam, finster und mit gezogener Pistole auf dem Sofa. Dandi trug eine schwarze Jacke und Lederstiefeletten. Er war noch dicker geworden und die Haare gingen ihm bereits aus. Instinktiv versuchte er die Flucht zu ergreifen. Scialoja beschränkte sich darauf, den Lauf zu heben und auf seinen Kopf zu zielen. Dandi zuckte mit den Achseln.
    – Dreh dich um und heb die Arme.
    Dandi gehorchte. Scialoja durchsuchte ihn, wobei er ihm den Lauf ans Genick hielt. Dandi roch nach Rasierwasser und einem Anflug von Schweiß. Er war sauber. Sein Tonfall war spöttisch.
    – Glaubst du, ich schlepp ’ne ganze Artillerie mit mir rum?
    Scialoja teilte ihm mit, er sei festgenommen. Er hätte das Recht, seinen Anwalt anzurufen. Er hätte das Recht, seine Familienangehörigen anzurufen. Er wollte gerade den Haftbefehl notifizieren, als Dandi in schallendes Lachen ausbrach.
    – Wozu der ganze Aufwand? Ach, ich verstehe ... wegen Patrizia, nicht wahr?
    Scialoja machte einen Schritt zurück, gewissermaßen von der Evidenz überwältigt. Dandi nutzte seine Überraschung, um die Arme fallenzulassen. Scialoja richtete die Waffe auf ihn. Dandi lächelte.
    – Du wirst doch nicht auf einen Unbewaffneten schießen, oder?
    – Ausgerechnet du sagst das!
    – Was hat das damit zu tun? Du

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