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Romanzo criminale

Romanzo criminale

Titel: Romanzo criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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bei den elementarsten Dingen gehorchen.
    Beim Begräbnis traf er Patrizia. Ein aus acht Musikern bestehendes Orchester folgte bei prasselndem Regen dem Sarg, der auf einem überdachten Leichenwagen stand, und dudelte Jazzmusik. Scialoja erkannte
When the Saints Go Marching In
, und dann, am Eingang zum ersten Tor, ein wehmütiges, herzzerreißendes
Sophisticated Lady
. Spielt diesen Schlager, hatte Ranocchia im Abschiedsbrief an Patrizia geschrieben, im Grunde wollte ich immer eine „elegante Dame“ sein. Abgesehen vom Orchester waren sie die Einzigen. Die einzigen Menschen, die sich rühmen konnten, eine Beziehung zu ihm gehabt zu haben. Schweigend warteten sie darauf, dass das Grab zugeschaufelt wurde. Patrizia bezahlte die Musiker. Der Regen hatte aufgehört. Patrizia hakte sich bei ihm ein.
    – Du siehst gut aus.
    – Du nicht. Du hast zugenommen, bist zu dick geschminkt, von oben bis unten mit protzigem Schmuck behängt … du bist auf dem besten Weg, ein fettes altes Mafiaweib zu werden …
    – Danke, sehr freundlich. Bist du noch immer wegen dieser Sache in Positano sauer?
    Sie gingen zu ihrem Maserati. Noch immer Arm in Arm. Patrizia lachte ihr kehliges Lachen.
    – Ranocchia mochte Schmuck. Er sagte, mit Schmuck sähe ich aus wie Kleopatra.
    – Kleopatra hat ein schlimmes Ende genommen.
    – Das passiert mir nicht.
    Plötzlich nahm sie seinen Kopf zwischen die Hände und versuchte ihn auf den Mund zu küssen. Er schüttelte den Kopf und schob sie vorsichtig weg. Kein Herzklopfen. Kein Aufwallen von Begehren, kein Ziehen im Unterleib. Scialoja war genauso kalt wie der Regen, der wieder auf das Dach des luxuriösen Maserati prasselte.
    – Bin ich wirklich so widerlich geworden?, fragte sie kokett.
    – Die Dinge verändern sich.
    – Verdammt, ich möchte ficken.
    – Was ist, hat Dandi dir Ausgang gewährt?
    Sie lachte. Ihr Blick wurde schmachtend. Dann verzweifelt, und dann aufs Neue arrogant und gemein. Sie stürzte sich mit Heftigkeit auf ihn, ohne sich um den Regen zu kümmern. Sie biss ihn ins Ohr.
    Freddo möchte Sorcio umbringen, flüsterte sie ihm zu.
    Dann trat sie zurück, stieg ins Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
    Später bemerkte Scialoja, dass ihm Patrizia zwei Schlüssel in die Tasche geschoben hatte.
IV.
    Freddo hatte es immer wieder versucht, aber seit Gigio das Krankenhaus verlassen hatte, weigerte er sich, ihn zu treffen. Es war ihm nichts anderes übrig geblieben, als seiner Mutter etwas Geld zu schicken und sie zu bitten, sie möge seinen Bruder überreden, eine kleine Reise ins Ausland zu machen. Schließlich hatte Gigio eingewilligt. Er war jetzt in London, weit weg von dieser Kloake, und baute sich, wie Freddo hoffte, ein neues Leben auf. Inzwischen versuchte er herauszufinden, allerdings erfolglos, welcher Mistkerl ihm den Stoff verkauft hatte. Alle Appelle und Nachforschungen waren umsonst, genauso wie Drohungen und Schmeicheleien. Von den anderen kam keine Hilfe. Es war eine Familienangelegenheit, offensichtlich waren insgeheim alle derselben Meinung wie Dandi. Jeder, der gewohnheitsmäßig oder auch nur gelegentlich fixt, ist selbst schuld. War das nicht auch seine Meinung gewesen, bevor die Sache mit Gigio passierte? Aber irgendjemand musste für den Vorfall büßen.
    Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass Gigio völlig abgebrannt war, als er sich den Schuss setzte. Als er die Klinik verließ, besaß er nicht einmal mehr das Moped, das ihm sein Bruder eines Abends vor vielen Jahren geschenkt hatte. Wahrscheinlich hatte er den Schuss gegen das Zweirad getauscht. Freddo setzte das Gerücht in Umlauf, dass ihm jemand etwas gestohlen hatte. Diesen Vorwurf konnte man nicht auf die leichte Schulter nehmen: Kaum war die Woche vergangen, tauchte tatsächlich ein kleiner Straßenräuber aus Centocelle bei Freddo auf. Bibbernd vor Angst schwor der Junge bei allen Heiligen, dass er keine Ahnung hatte, dass er niemals ... wenn er auch nur geahnt hätte ... dass er geglaubt hatte, das Moped sei sauber ... dass er es von Zoppo gekauft hatte, einem in der Szene angesehenen Hehler. Freddo bedankte sich bei dem Jungen und sagte zu ihm, dass er das Moped behalten dürfe, wenn seine Informationen stimmten. Zoppo war ebenfalls kooperativ. Er hatte nicht den Eindruck gehabt, dass das Moped geklaut worden war, und als Sorcio es ihm brachte, hatte er überhaupt keinen Verdacht geschöpft ... Danke, ist gut, das reicht.
    Sorcio war es also gewesen. Und jetzt musste er büßen. Beweise?

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