Romanzo criminale
Resultaten gesucht hatte, er rühmte sich „unerwarteter Ergebnisse“. Mehr als ein paar Tage Aufschub schlug er nicht heraus. Am Abend tauchte er zu Hause bei Scialoja auf. Der Kommissar bat ihn mit verlegenem Lächeln herein. Seit Dandi abgehauen war, hatten sie sich praktisch nicht mehr unterhalten. Der Bericht über die fehlgeschlagene Verhaftung war in hohem Bogen aus dem Fenster im vierten Stock des Justizpalastes geflogen. Scialoja hatte einen Hinweis für Dandis glückliche Flucht verantwortlich gemacht. Was seine Schürf- und Rissquetschwunden anbelangte, sagte er, sie stammten von einem Unfall infolge eines Reifenplatzers.
Borgia hatte die Lügengeschichten seines Polizisten schon ein wenig satt, andererseits bewunderte er seine Unverfrorenheit. Aber nur, solange es Resultate gab, wohlverstanden. Jedenfalls hatte er keine Lust, sich verarschen zu lassen. Alles in allem saßen sie im selben Boot. Man musste klein beigeben. Man musste Scialoja akzeptieren, wie er war, mit seiner perversen Bullenlogik und den zeitweiligen Hormonschüben. Außerdem brauchte er an diesem Abend einen Freund. Einen wahren Freund. Borgia zog einen Markengrappa aus der Aktentasche und schwor, dass er erst wieder gehen würde, wenn sie ihn geleert hatten.
– Ich kann mich schwer damit abfinden, dass wir den armen Sorcio verraten haben.
– Machen Sie sich nichts draus, tröstete ihn Scialoja, der Junge ist ja kein Heiliger. Außerdem hat er uns nicht alles gesagt ...
– Wissen Sie mehr?
– So ist es immer mit Kronzeugen. Sie schonen die Freunde und beschuldigen die Feinde. Wir dürfen nicht alles für bare Münze nehmen und müssen auf Holz klopfen.
– Das Gewicht der Erfahrung gegen das Lodern des Unbewussten?, sagte Borgia spöttisch und anspielungsreich.
Scialoja ging darüber hinweg. Irgendwann kehrt auch der beste Staatsanwalt den Richter hervor.
IV.
Nein, Sorcio hatte nicht alles gesagt. Er hatte alles über Baron Rosellini verschwiegen: Aus Eigenschutz, denn obwohl er nur zwei Anrufe aus Florenz getätigt hatte, hätte er eine Anklage wegen Beihilfe zu Entführung und Mord riskiert. Er hatte geschwiegen, was Vanessa anbelangte: aus alter Liebe, die im letzten Augenblick über die Rachegedanken gesiegt hatte. Er hatte Nercio, Zio Carlo und Maestro verschwiegen, er hatte Secco und sogar Nero verschwiegen: Eine Niete wie er wusste nämlich gar nichts von diesen Dingen, und wenn man es sich recht überlegte, war es auch gut gewesen, den Verräter nicht einzuweihen.
Dandi versteckte sich am Circeo. Ein Freund Seccos, ein Baumeister aus Neapel, der mit den Casalesi Geschäfte machte, vermietete das ganze Jahr über eine zweistöckige Wohnung an der Strandpromenade von Sabaudia. Secco und Nercio informierten ihn ständig über den Stand der Ermittlungen. Aber der Rückzug ging ihm auf die Nerven. Durch das Glasfenster der Terrasse sah man die Villen der roten Intellektuellen. Unter der Woche standen sie leer, aber am Wochenende füllten sie sich mit bekannten Gesichtern. Eines Abends, als sie feierten, weil irgendeiner einen Preis erhalten hatte, tauchte Dandi mit einer Magnum Champagner auf. Er stellte sich als Industrieller vor. Er bewunderte sie sehr. Kultur war das Höchste. Als der peinliche Augenblick vorüber war, holten sie Champagnergläser und luden ihn ein, mit ihnen anzustoßen. Dandi erkannte einen berühmten Regisseur und vertraute ihm an, er habe immer schon vom Kino geschwärmt. Der Regisseur musterte den Parvenü abschätzig und fragte ihn höflich, welche Rollen ihm vorschwebten.
– Ich bin kein Schauspieler. Ich möchte einen Film produzieren.
– Dafür braucht man Milliarden, mein Lieber.
– Geld ist kein Problem.
– Und was für einen Film möchten Sie drehen?
– Einen Film über die Unterwelt.
– Dafür sind die Amerikaner zuständig, sagte der Regisseur knapp.
Dann gehe ich eben nach Amerika, dachte Dandi, als er stinksauer in die Wohnung des Neapolitaners zurückging, und kauf mir Hollywood! Gut, das war reine Prahlerei gewesen, aber die Einsamkeit setzte ihm ordentlich zu. Zeta hatte ihm ein paar sichere Dokumente besorgt und ihm geraten, auszuwandern. Gute Idee! Damit er genauso endete wie Nero! Nein, Dandi wollte absolut nicht fliehen. Er hielt es einen Monat lang aus und dann tauchte er eines Morgens bei Patrizia auf.
– Bist du verrückt geworden? Sie suchen dich doch ... jeden Tag machen sie hier eine Razzia ...
– Mach die Augen zu.
Patrizia gehorchte. Dandi trat hinter
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