Romanzo criminale
nervösen Gesten der eleganten Dame, die ihn begleitete, hatte ihn argwöhnisch gemacht. Freddo deutete ein Lächeln an und zeigte auf die Uhr. Die Menschenschlange hinter ihnen gab ein ungeduldiges Murren von sich. Der Beamte gab kopfschüttelnd die Pässe zurück. Roberta entspannte sich erst, als die Boeing vom Boden abhob. Sie nahm seine Hand und drückte sie fest.
– Bereust du es?
– Nein.
– Du hast alles verloren.
– Ich habe dich.
– Wir sind arm!
– Wir sind unheimlich reich, Liebling!
VI.
Nach dem Freispruch war Bufalo in die Irrenanstalt zurückgeschickt worden. Bevor er Rebibbia verließ, hatte er sich bei Ricotta verabschiedet, der ziemlich deprimiert war, weil er dreißig Jahre ausgefasst hatte.
– Ricò, jetzt, wo das Gozzini-Gesetz verabschiedet worden ist, werden sie wohl auch dir was nachlassen!
– Das sagt auch Dandi ...
– Der hat gut reden!
– Was soll ich dir sagen? Meiner Meinung nach irrst du dich, Bufalo!
– Mag sein. Auf jeden Fall wollte ich mich bei dir bedanken.
– Ich dachte, du bist sauer auf mich!
– Aber was redest du! Du hast mich gerettet!
Bufalo sagte, er hätte ja so Recht gehabt, sich seinem Plan zu widersetzen. Es wäre eine riesengroße Dummheit gewesen, Dandi im Knast umzulegen.
– Ideen habe ich ja genug, vertraute er ihm in einem Anfall von Aufrichtigkeit an. Mein Problem ist, dass ich es immer zu eilig habe. Wenn ich einen Augenblick darüber nachdenke, verstehe ich, dass beim Nachdenken ...
– Schon gut, Schwamm drüber, sagte Ricotta hoffnungsvoll. Ich meine, das ist der richtige Augenblick, um Frieden zu schließen ...
– Wenn es nur um mich ginge, seufzte Bufalo, aber Scrocchia ist stinksauer!
– Mit dem rede ich noch!
– Na dann, alles Gute, Bruder!
– Dir auch!
Ja, Frieden! Ricotta war wirklich naiv. Entweder macht man die Dinge gut oder man lässt es lieber bleiben. An halben Sachen geht die Welt zugrunde. Und an Impulsivität. Aber was wäre Bufalo ohne seine Impulsivität gewesen? Man musste Frieden schließen: vor allem mit sich selbst. Einen Kompromiss zwischen den eigenen Wünschen und den zur Verfügung stehenden Mitteln finden. Der erste Versuch war danebengegangen. Der zweite musste gelingen. Einen dritten würde es nicht geben. List, Gift. Und Geduld. Er musste von Secco lernen. In der Irrenanstalt traf er Conte Ugolino und Turi Funciazza wieder. Der Toskaner packte gerade seine Koffer. Nach fünf Jahren hatten sie entschieden, dass er keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellte. Fast hätte er Bufalo mit seiner heftigen Umarmung zermalmt. Am Freitag ging er frei und für Samstagabend hatte er schon einen kleinen Raubüberfall geplant.
– Ein reicher Sack mit einer Villa in Versilia ... du weißt ja, wie das ist. Ich brauche Bares!
Turi Funciazza hingegen war eher niedergeschlagen. Der Richter hatte ihm vier Tage Urlaub verweigert. Wegen der anhängigen Verfahren. Vorsichtig ließ Bufalo ihn wissen, dass er bereit sei, in Heroin zu investieren.
– Das geht, nickte der Sizilianer. Aber nicht von hier aus ...
– Gewiss, sagte Bufalo augenzwinkernd. Dazu muss man frei sein. Und nicht nur dazu!
Miglianico rieb sich die Hände, immerhin hatte er einen historischen Erfolg zu verbuchen.
Dandi war mit dem Urteil überhaupt nicht zufrieden, obwohl er zugeben musste, dass er, selbst wenn das Berufungsgericht das Urteil bestätigte, innerhalb von sieben bis acht Monaten auf Bewährung frei sein ... und dann die Strafe fast zur Gänze abgebüßt haben würde ...
– Nun, etwas mehr Dankbarkeit habe ich mir schon erwartet!
– Wofür? Bufalo ist für unzurechnungsfähig erklärt worden, aber das war er auch schon davor gewesen. Ricotta war sowieso im Arsch, weil sie ihn auf frischer Tat ertappt hatten. Freddo und die anderen haben ordentlich Prügel bezogen. Für dieses brillante Ergebnis hätten wir auch Vasta behalten können!
Miglianico machte ein beleidigtes Gesicht.
– Aber was hast du dir erwartet? Was habt ihr euch erwartet?
– Du hast gesagt, du hättest alle Richter Roms in der Hand.
– Nicht alle. Einige. Die hier zum Beispiel nicht.
– Wir haben nicht gewonnen, Anwalt. Wir werden erst gewinnen, wenn es die Vereinigung nicht mehr gibt ...
Jetzt, wo er sich einen Namen gemacht hatte, wo Bufalo im Irrenhaus verrottete und Freddo laut Nero in der Karibik in der Sonne lag ... jetzt musste die Vereinigung sterben, dachte Dandi. Und zwar richtig sterben, in jeder Hinsicht. Auch auf legaler Ebene.
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