Romanzo criminale
hatte Libanese eine Lösung gefunden. Da Dandi vor Liebeskummer halb umkam, hatte Libanese ganz offen mit ihm gesprochen: Entweder ließ er die Hure fallen oder er rang sich durch, sie so zu nehmen, wie sie war, denn ändern konnte er sie ohnehin nicht.
– Bei der versagen die üblichen Methoden. Weißt du, warum deine Patrizia unbedingt eine Hure bleiben will? Weil sie sich von niemandem herumkommandieren lassen will.
– Und was soll ich tun?
– Kauf ihr ein Puff.
– Was, ich soll auf Zuhälter machen?
– Du hast nichts damit zu tun. Sie ist die Chefin. Sie verdient ihr eigenes Geld und ihr geht uns nicht mehr auf die Eier!
Gesagt, getan. Libanese kümmerte sich höchstpersönlich um das Bordell. Mit der Hilfe von Ranocchia, dem großen Experten in Sachen käuflicher Liebe, wurde ein altes dreistöckiges Gebäude auf der Piazza dei Mercanti in Trastevere ausfindig gemacht und gekauft. Der Kaufvertrag wurde notariell beglaubigt. Libanese erklärte Patrizia, es handle sich um ein Darlehen auf Verlustkonto: Sie müsse nur die anfängliche Investition zurückzahlen. Ohne Zinsen. Der Gewinn gehörte ihr, und alles Gute. Sie war jetzt Dandis Frau. Auf immer und ewig. Bis dass der Tod euch scheidet, hätte der Priester gesagt. Und amen. Für die Inneneinrichtung sorgte ein Freund Trentadenaris, ein Architekt. Patrizia hatte völlig freie Hand bei der Auswahl der Mädchen, den Preisen, den Arbeitszeiten, den Leistungen. Unterstützt wurde sie nicht nur von Daniela, sondern auch von Donatella, der Freundin von Nembo Kid, einer kleinen Schwarzhaarigen mit grünen Augen, die früher einmal im Ambra Jovinelli getanzt hatte.
Wie der Rechtsanwalt Vasta vorhergesehen hatte, wurden Freddo und seine Kumpane Anfang Oktober entlassen. Freddo ging still und leise, ohne auf seine Freunde zu warten, die ihm gewiss einen würdigen Empfang bereitet hätten. Den ersten Abend in Freiheit verbrachte er mit Gigio. Seine Mutter – mit der er nur telefonisch verkehrte – hatte ihm erzählt, dass sein kleiner Bruder in der Schule eine Katastrophe sei. Der Junge war abgemagert und zitterte vor Kälte. Freddo hatte den Verdacht, dass er Drogen nahm. Gigio protestierte. Damit hätte er nichts zu tun.
– Umso besser für dich. Wenn ich dich dabei erwische, bringe ich dich um.
Am Abend darauf traf er sich mit Libanese vor Francos Bar. Drinnen saßen unter anderem Bufalo und Trentadenari: Champagner für alle und wehe, wenn einer ablehnte!
Libanese und Freddo umarmten einander.
– Danke.
– Ich danke dir, antwortete Freddo nach einer kurzen Pause.
Dann schleppte er ihn zu seiner neuen roten Alfetta Spider und sie machten eine Spritztour zu einer zweistöckigen Villa an der Olgiata.
– Das ist das Haus.
Freddo betrachtete den verwahrlosten Garten, die leeren Fensterhöhlen, das solide und düstere Äußere des Gebäudes, das Schild mit der Aufschrift „Zu verkaufen“, das an einem dünnen Draht am Tor hing.
– Was für ein Haus?
– Der Club. Tausenddreihundert Quadratmeter auf zwei Stockwerken, im Kellergeschoss ein Billardzimmer oder vielleicht auch ein Pool. Der Besitzer kann gar nicht absagen. Mit fünfhundert Riesen sind wir dabei. Wenn du mitmachst, unterschreiben wir morgen den Vertrag.
Freddo zündete zwei Zigaretten an und reichte eine davon Libanese. Es hatte den Anschein, als ob er sich kaum auf den Beinen halten konnte.
– Warum ich?
– Hör zu, Freddo, diese Geschichte mit Terribile …
– Du hast dich schon bedankt, unterbrach ihn Freddo und ging zur Alfetta.
Libanese folgte ihm kopfschüttelnd.
– Die Sache überzeugt dich nicht, was?
Freddo blieb stehen.
– Nein.
– Und warum nicht?
– Es ist zu früh.
– Zu früh wofür?
– Keine Ahnung, sie überzeugt mich eben nicht.
Hin und wieder ging einem Freddo auf die Nerven. Libanese fragte sich, ob er Angst hatte. Dann erinnerte er sich an die Sache mit Terribile: So wie ihm Bufalo davon erzählt hatte, kannte Freddo überhaupt keine Furcht. Angst war es also nicht. Aber was dann?
– Das ist unser Traum, Freddo. Der Qualitätssprung. Alles in allem ist uns bis jetzt alles leicht gefallen: ein paar Ideen, etwas Entschlossenheit … die Welt ist lasch, diese Stadt ist lasch … alle haben nur darauf gewartet, dass jemand kommt, der entschlossen ist … jemand wie wir … jemand mit Herz und Hirn …
– Warum ausgerechnet ich? Frag doch Dandi …
– Der ist noch nicht bereit.
– Dann frag Bufalo, Scrocchiazeppi, Trentadenari, Sardo
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