Romanzo criminale
mitgebracht. Seit er gehört hatte, dass Epaminonda il Tebano einem Politiker einen Löwen geschenkt hatte, hatte sich Dandi in den Kopf gesetzt, dass eine Raubkatze ein Zeichen von Klasse war. Nembo hatte sich das Pumakätzchen von der Frau eines Bankiers schenken lassen, einer dieser Mailänder Nutten im Pelzmantel. Donatella hatte sich vorgenommen, sie an den Puma zu verfüttern, sobald er groß genug war. Patrizia hatte Zeter und Mordio geschrien, als Alonzo mit seinen Krallen ein paar Betten zerfetzt und ein paar Mädchen in Panik versetzt hatte. So war der Puma bei Gina gelandet, die ihn sofort an die Brust gedrückt hatte undin Tränen ausgebrochen war: Alonzo erinnerte sie ja so sehr an das Kind, das sie sich innig wünschte und das sie nie bekommen würde.
– Zu Hause kann ich ihn aber nicht halten, rechtfertigte sich Dandi. Er ist kein …
Seit ihm Professor Cervellone die
Protokolle der Weisen von Zion
in die Hand gedrückt hatte, war Dandi nämlich ein Liebhaber von Büchern geworden. Nicht, dass er sie gelesen hätte. Er hatte vielmehr seine Liebe zum Seltenen und Alten entdeckt: Er fand es chic, seine Wohnung mit alten Bänden vollzustopfen oder, noch besser, mit Miniaturen oder einer alten, lateinisch beschrifteten, ausgebleichten Seekarte. Und da das Pumababy alles anknabberte und die Bücher ein Vermögen wert waren, konnte Dandi dem Befehl nicht Folge leisten. Er hatte alle Hände damit zu tun, ein neues Zuhause für Alonzo zu finden.
Als Bufalo davon erfuhr, grinste er höhnisch.
– Dandi ist bürgerlich geworden. Vielleicht wird er auch noch schwul!
Libanese hatte keine Lust zu scherzen. Er zog Dandi beiseite, blickte ihm in die Augen und sagte:
– Aber wenn der Befehl von den beiden käme … den beiden aus Rebibbia … da würdest du laufen, was?
Dandi schluckte, offensichtlich verlegen.
– Das heißt, dass ich an deiner Stelle gehen muss.
Dandi zog den Schwanz ein und holte wortlos die Waffen.
Scrocchiazeppi wurde beauftragt, Saracca in die Falle zu locken, und obwohl ihm die Sache im Innersten zuwider war, widersetzte er sich nicht dem Willen der Gruppe. Scrocchiazeppi stellte Saracca auf der Straße, wobei er gut aufpasste, dass es keine Zeugen gab. Er näherte sich ihm unter dem Vorwand, ihm einen kleinen, sauberen Job anzubieten. Der arme Saracca ließ sich ahnungslos zum Schafott führen. Und selbst als er Fierolocchio, Dandi, Nembo Kid und Ricotta sah, die rauchend unter der 35. Brücke des Laurentino standen, ging er ihnen lächelnd entgegen. Den ersten Schuss gab Dandi ab und Saracca fiel mit einem ungläubigen Blick auf die Knie: Warum? Die Sache war doch erledigt! Waren sie nicht Freunde geworden? Dann erledigten ihn die Kumpel mit je einer Kugel. Die Leiche ließen sie unter der Brücke liegen.
Was die anderen anbelangte, so tauchte Bufalo aufgekratzt bei Trentadenari auf, mit ein paar Pizzen und einer Flasche eisgekühlten Weißwein unter dem Arm. Er erstarrte zur Salzsäule, als er bemerkte, dass sich Vanessa ausgerechnet diesen Abend ausgesucht hatte, um Sorcio Hörner aufzusetzen. Trentadenari öffnete ihm stinksauer und führte ihn ins Wohnzimmer, wo die Luft von Haschischrauch und Sexualhormonen gesättigt war. Schließlich ließen sie sich ein Mädchen von Patrizia schicken und Bufalo teilte sich mit ihm die Pizza. Keiner wusste, wo Libanese abgeblieben war. Freddo hingegen stöberte Gigio in einer kleinen Trattoria in der Nähe des Marktes San Giovanni di Dio auf. Er hatte gehört, sein Bruder habe eine Freundin und wollte sie unbedingt sehen. Roberta hatte blonde Locken und studierte an der Universität, ihr Vater war bei der Gemeinde angestellt. Sie sagte, sie würde Gigio helfen, Abitur zu machen, und fragte ihn, was er für einen Beruf habe.
– Ich bin Geschäftsmann, sagte Freddo unbestimmt.
Sie glaubte ihm nicht, das war eindeutig. Den ganzen Abend lang sprach Roberta nur über sich, über ihre Pläne, ihr Leben und wandte sich dabei ausschließlich an Freddo. Gigio, der verblasste Satellit seines Bruders, hing mit seinem Hundeblick an ihren Lippen und bemerkte gar nicht, was vor sich ging. Freddo hatte sich leider auf den ersten Blick in ihre frechen blauen Augen verliebt. Während sie Satz an Satz reihte, eine Zigarette nach der anderen rauchte, kamen ihm Bilder von Landschaften und Meeren in den Sinn und noch welche, von denen er gar nicht ahnte, dass sie sich von seiner beschränkten Vorstellungskraft evozieren ließen. Und wenn sie ihm ein
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