Romanzo criminale
flüchtiges Lächeln zuwarf oder seinen Schenkel berührte, schnürte ihm irgendetwas Warmes den Magen ein und wanderte hinunter bis zum Geschlecht. Und Gigio, der über beide Ohren verliebt war, beeilte sich, ein Loblied auf seinen Bruder zu singen: Er sei ja so stark und so kühn, er löse alle familiären Probleme, er hätte die riesige Villa gewissermaßen mit eigenen Händen gebaut.
– Aber er wohnt nicht dort, er ist ein Einzelgänger!
– Vielleicht, meinte Roberta provokant, hat er die Richtige noch nicht gefunden.
– Aber was!, protestierte Gigio. Mein großer Bruder hat jede Menge Frauen.
– Ja, sagte Roberta hartnäckig, aber was ist mit der Richtigen?
Freddo hatte genug von der Komödie, er bezahlte und ging unter irgendeinem Vorwand weg.
Als er sich verabschiedete, ließ Roberta lange ihre Hand in der seinen liegen. Dort fand Freddo schließlich ein Stück Papier mit einer Telefonnummer darauf, die von einem kleinen Herzchen umrahmt war.
1980
Tod eines Bosses
I.
Freddo wohnte jetzt im Pigneto, in einer großen Wohnung an der Casilina Vecchia, in allernächster Nähe des Viadukts. Die Wohnung befand sich in einem alten Eisenbahnergebäude, das Ziccones Mannschaft renoviert hatte, und wenn sich Freddo auch noch um Möbel gekümmert hätte, hätte sie ausgesehen wie ein Palast. Aber so was interessierte Freddo nicht; er begnügte sich mit einem Sofa, einem Bett, zwei Stühlen und ein paar provisorischen Lampen.
Eines Abends Ende Juni kam ihn Libanese besuchen. Freddo saß mit einem blond gelockten Mädchen im Wohnzimmer und sah fern. Freddo sagte, das sei Roberta. Sie ging nach ein paar Minuten, nachdem ihr Libanese klargemacht hatte, dass sie sich unter vier Augen unterhalten mussten.
Libanese machte es sich bequem. Über den Bildschirm flimmerten Bilder der Toten von Ustica: Eine Leiche mit nur einem Bein, die im tiefblauen Wasser des Tyrrhenischen Meeres trieb, beeindruckte Libanese in besonderer Weise. Freddo stellte den Fernseher ab.
– Uns wollen sie lebenslänglich verpassen, und was ist mit denen?
– Angeblich war es ein Unfall.
– Haha, ein Unfall … wer war das Mädchen?
– Irgendeine.
– Eine ernsthafte oder nur so eine?
– Eine ernsthafte.
Libanese dachte, dass ihr Lächeln wenig vertrauenserweckend war, wie das einer cleveren Nutte. Aber er behielt es bei sich.
– Wir müssen uns unterhalten, sagte er entschlossen.
– Probleme?
Libanese faltete eine Liste auseinander, die er regelmäßig verfasste, um sich über die Situation der Gruppe im Klaren zu sein.
Freddo gab ihm das Blatt Papier mit einem fragenden Blick zurück.
– Als die Sache mit Saracca war, hast du mir gesagt, du würdest eine gewisse Disziplinlosigkeit verspüren ... und dass wir Regeln aufstellen müssten, sagte Libanese, nun, du hattest Recht!
Man brauchte nur die Liste zu lesen, erklärte er, um zu erkennen, dass ein hässlicher Riss quer durch ihre Gruppe ging. Die Drogengeschäfte liefen wie geschmiert; alles ging wie von selbst, als hätten sie den Autopiloten eingeschaltet. Jeder bekam denselben fetten Anteil vom Gewinn. Die Unterschiede entstanden danach, im Augenblick der „Investition“. Secco brachte das Geld auf seine Weise in Umlauf. Er hatte einen Bankdirektor in der Hand, nach den Bürostunden nahm er sein Büro in Beschlag und verborgte Geld zu Wucherpreisen an jene, die gepfändet waren. Wenn jemand nicht bezahlen konnte, konfiszierte er rasch Autos, Häuser, Grundstücke, Betriebe. Die Buffoni-Brüder und ein paar Zigeuner, denen Secco sehr verbunden war, kümmerten sich dann um die Verzweifelten. Es gibt niemanden, der nichts zu verlieren hätte, war Seccos Wahlspruch. Zu guter Letzt konnte man aus jedem noch was rauspressen. Dandi, Nembo, Botola, Libano und Scrocchiazeppi, die Häuser und Kredite anhäuften, entwickelten sich zur Wirtschaftsmacht. Aber die anderen! Bufalo hielt sich mit Ach und Krach über Wasser, er verließ sich auf seinen Instinkt. Trentadenari war ein Geheimnis. Über Sardo machte er sich keine Sorgen, denn sein Schicksal war, sobald er aus dem Irrenhaus entlassen sein würde, besiegelt, außer es geschah ein Wunder. Aber die anderen! Angefangen bei Fierolocchio über die Buffoni-Brüder bis hin zu diversen Gefolgsmännern ... einfach eine Katastrophe! Sie gaben mehr Geld für Weiber und Stoff aus, als sie am Abend in der Tasche hatten. Sie verprassten ihr Geld, ohne sich um die Zukunft zu kümmern, und bald würden sie sich aus Neid zerfleischen.
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