Romanzo criminale
Saracca in einem Spiellokal an der Via dei Gelsomini auf. Er war stockbesoffen und begrüßte sie mit einem geräuschvollen Rülpser. Er stank schon von weitem, sein Bart war schmutzverkrustet. Bei ihm waren zwei alte Bekannte, die Brüder Bordini. Einen Augenblick lang dachte Freddo, niemand anderer als Saracca würde hinter der niemals geklärten Geschichte mit Angioletto und der Kokslieferung stehen. Das Gerücht über die Bordini-Brüder hielt sich hartnäckig, aber Botola, der der Sache auf den Grund hatte gehen wollen, hatte nichts herausgefunden. Als das Quartett das Lokal betrat, nickten die Bordini-Brüder Botola zu und zogen sich zurück. Das war eine elegante Art, einen Rückzieher zu machen. Freddo fragte Saracca mit finsterem Gesicht, was der Grund für die Beleidigung sei. Der rülpste noch mal und lachte hinterhältig.
– Ihr wollt wissen, was ich gegen euch habe? Dann sage ich es euch!
Seit sie auf der Bildfläche erschienen waren, gingen für alle die Geschäfte schlecht. Entweder war man für sie oder man war gar nicht. Sie nutzten die Gunst der Stunde, aber ihr Glück würde nicht ewig währen. Rom war nicht bereit, sich von einer Bande Dahergelaufener unterwerfen zu lassen. Der Wind drehte sich. Die Anzahl derer, die sich von ihren Methoden nicht einschüchtern ließen, wurde immer größer. Sie sollten lieber nicht das Maul aufreißen. Ihr Schicksal war besiegelt. Bald würden sie ihren Freunden im Knast Gesellschaft leisten. Oder schlimmer noch, unter der Erde. Dort, wohin sie Terribile, den armen Teufel, geschickt hatten: Ganz Rom wusste, dass sie es gewesen waren. Nur die Richter hatten es noch nicht geschnallt. Aber wer scherte sich auch um die Richter! Andere würden dafür sorgen, dass sie bekamen, was sie verdienten.
– He, warum hören wir dem Trottel noch länger zu?
Bufalo war drohend nach vor getreten. Saracca sah ihn verächtlich aus seinen vom Wein getrübten und geröteten Äuglein an, dann spuckte er ihn an. Bufalo stürzte sich auf ihn. Saracca schwankte, klappte zusammen und fiel auf den Billardtisch. Und Bufalo auf ihn drauf. Scrocchiazeppi versuchte sie zu trennen und bekam einen Fausthieb von Bufalo ab. Bufalo ließ von Saracca ab und stürzte sich auf seinen Freund: Scrocchiazeppi war ein Vögelchen auf zwei Beinen, und bei der Wut, die Bufalo in sich spürte, bestand Gefahr, dass er ihn ins Koma beförderte. Freddo ordnete den Rückzug an. Ein paar Minuten später im Auto ging Bufalo wieder zum Angriff über. Saracca musste sterben. Sofort.
– Kommt gar nicht in Frage, unterbrach ihn Freddo.
– Freddo, du gehst mir auf die Eier. Wenn dir nicht danach ist, mach ich es. Im Alleingang!
– Bravo, Bufalo, bravo! Nimm die Pistole, geh in die Bar zurück und leg ihn um, vielleicht vor den Augen der Zeugen, die dich vor einer Stunde beobachtet haben, wie du dich mit ihm geprügelt hast …
Bufalo zog den Kopf ein. Scrocchiazeppi, dessen Wange vom Fausthieb noch schmerzte, flehte sie an, sie mögen sich die Sache noch mal überlegen. Saracca war immer in Ordnung gewesen. Offensichtlich war er übergeschnappt. Er würde es bereuen. Er würde um Entschuldigung bitten. Er selbst würde verhandeln. Freddo ließ sich mit der Antwort Zeit. Als ihnen Saracca die Zukunft prophezeit hatte, war ihm aufgefallen, dass irgendetwas falsch lief. Es war ein weiteres kleines Indiz, das sich zu den vielen anderen hinzufügte, die ihm in letzter Zeit aufgefallen waren.
– Im Augenblick unternehmen wir gar nichts. Wenn Libanese rauskommt, werden wir sehen.
V.
Nembo Kid, Libanese und Ricotta wurden Ende März auf freien Fuß gesetzt und man entschuldigte sich auch noch bei ihnen. Dandi hingegen musste weitere fünfundzwanzig Tage absitzen, ein alter Artikel 80, Übertretung der Verkehrsvorschriften, Fahren ohne Führerschein, beinahe eine Beleidigung für ein Kaliber wie ihn. Aber jetzt, wo sie mit Zeta und Pigreco ein Abkommen getroffen hatten, würden Führerscheine, Pässe und allgemein Dokumente kein Problem mehr darstellen. Die beiden Agenten hatten sie noch ein paar Mal in Rebibbia besucht. Nembo Kid hatte um Hilfe für seinen alten Freund Turatello aus Mailand gebeten, dem es schlecht ging. Zeta hatte ihm gesagt, an wen er sich wenden sollte. Nembo Kid und Donatella nahmen ein Flugzeug nach Mailand. Keiner der beiden war jemals zuvor geflogen. In der Boutique in Fiumicino kleidete Donatella ihren Freund von oben bis unten neu ein. Derart aufgebrezelt kam sich Nembo Kid, der groß
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