Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort
lachte und zeigte ihre Raubtierzähnchen. »Stefano?«
Ich mochte ihn schon nicht, bevor ich ihn kannte.
»Siehst du es denn nicht?«, fragte sie. »Er ist mein Bruder.«
9
Zeit: heute
Ort: Polizeiwache Francaz – Spanien
Ich habe das Gefühl, in einem Film mitzuspielen – Titel: Das Komplott –, und Perez ist der Regisseur. Er verdreht die Wirklichkeit, aber nicht so, wie Val es meinte. Meine Situation wird davon nicht schöner oder besser, sondern nur schlechter. »Ich habe diese SMS nicht verschickt«, bringe ich gerade noch raus.
»Aber es ist dein Telefon?«
Hat er Alzheimer oder was? Das habe ich doch schon gesagt?
»Ja, aber die SMS stammt nicht von mir.«
»Ich denke schon. Als Señora Somez tot auf dem Boden vor dir lag, wusstest du dir keinen Rat mehr. Du sprichst kein Spanisch und kennst niemanden hier, außer Valerie. Also schicktest du ihr diesen Hilferuf.«
»Wirklich nicht!«, rufe ich. »Sonst hätte ich die SMS doch sofort danach gelöscht, um meine Spuren zu verwischen?«
Perez ist nicht beeindruckt. »Oder du hast die Nachricht absichtlich in deinem Handy stehen lassen, damit du mir jetzt sagen kannst, ein Mörder würde so etwas nie tun.«
Meine Fäuste liegen geballt auf meinen Knien. »Ich war es wirklich nicht. Jemand anderes muss mein Handy benutzt haben.«
»Ach ja, wer denn?«
Ich zucke die Schultern. Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier.
»Ich glaube, es war folgendermaßen«, fährt Perez fort. »Als die erste Panik abgeflaut war und du wieder ruhig nachdenken konntest, wurde dir bewusst, dass diese Nachricht nichts Geringeres als ein Schuldbekenntnis war. Du wolltest sie zwar löschen, aber dir war klar, dass das keinen Sinn hatte. Da war ja schließlich noch Valeries Handy mit deiner Nachricht in der Eingangsbox. Wir würden also sowieso herausfinden, dass du ihr diese SMS geschickt hattest.«
»Ich kann nichts geschickt haben!«, rufe ich. »Ich hatte mein Telefon ja nicht mal dabei!«
Wenn das kein Beweis meiner Unschuld ist. Kurzfristig bin ich erleichtert.
Aber dann sagt Perez: »Man braucht höchstens eine halbe Minute, um vom Zimmer von Señora Somez zu deinem zu gelangen. Einer meiner Leute hat es ausprobiert.«
Worauf will er hinaus? Hier geht es um Mord, nicht um ein Wettrennen.
»Du wolltest Valerie so schnell wie möglich sprechen«, fährt er fort. »Um zu ihr zu kommen, musstest du durch einen Gang, über die Treppe oder mit dem Aufzug nach unten, wieder durch einen Gang und an der Rezeption vorbei, über den Hof und die Bar am Pool entlang in den Garten. Das dauert deutlich länger als eine halbe Minute. Also hast du dich für die kurze, schnelle Strecke entschieden: die zu deinem Zimmer, in dem dein Telefon lag.«
»Aber warum habe ich Val dann nicht einfach angerufen?, frage ich. »Das geht viel schneller, als eine SMS schicken.«
»Hotelwände sind dünn. Vielleicht hattest du Angst, es könnte dich jemand belauschen.«
Was für ein Unsinn!
»Oder derjenige, der diese SMS schickte, wagte es nicht anzurufen«, sage ich. »Weil Val dann sofort an seiner oder ihrer Stimme hätte hören können, dass ich es nicht war!« Ich bin von mir selbst überrascht. Es kommt nicht oft vor, dass ich eine so clevere Bemerkung mache.
»Vielleicht.« Perez klappt mein Telefon zu und steckt es in eine Plastikhülle. »Aber es ist ja schon auffällig, dass die Nachricht nicht auf Spanisch, sondern auf Englisch verfasst ist.«
Tunnelblick. Er will einfach, dass ich schuldig bin.
Moment!
»Ich wurde im Zimmer von Frau Somez verhaftet. Also nicht in meinem eigenen Zimmer, wo mein Telefon lag.« Ich stolpere fast über meine eigenen Worte vor Aufregung. »Warum sollte ich nach dem Versenden dieser Nachricht um Himmels willen noch einmal an den Ort des Verbrechens zurückkehren?«
»Ja, das frage ich mich auch«, sagt Perez. »Wolltest du vielleicht deine Spuren verwischen? Oder hattest du in dem ganzen Chaos den gestohlenen Geldbeutel aus Versehen in Zimmer 27 vergessen und dachtest: Ich hole ihn noch schnell?«
Auf einmal bin ich todmüde.
Aber Perez denkt gar nicht daran, aufzuhören. »Die Nachricht wurde um 9:24 Uhr verschickt. Hast du ein Alibi für diesen Zeitpunkt?«
Ich grabe in meinem zermürbten Hirn. Wo war ich heute Morgen gegen halb zehn? Noch am Pool? Oder stand ich schon am Hotelzimmer von Frau Somez? Wäre es bloß nicht so ekelhaft warm gewesen, dann hätte ich meine Uhr getragen und ab und zu darauf geschaut. Bei diesen hohen
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