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Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Titel: Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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Temperaturen hier ertrug ich das klebrige Armband nicht an meinem Handgelenk, deswegen steckte sie meist einfach in meiner Tasche.
    »Ich weiß nicht genau, wo ich war«, sage ich. »Ich trug keine Armbanduhr. Jedenfalls war ich nicht in meinem Zimmer bei meinem Telefon.«
    »Entschuldige, Fin, aber das nenne ich nicht gerade ein wasserdichtes Alibi.« Perez stellt meinen Rucksack auf seinen Stuhl. Als Erstes leert er das Seitenfach. Meine Uhr. Der Sprachführer. Ein angebrochenes Päckchen Kaugummi. Mein Reisepass. Er reicht ihn Barbalala, die sofort alle Daten übernimmt und in den Laptop eingibt.
    Hinter dem Reißverschluss in der Verschlussklappe findet Perez die Landkarte von Spanien. Dann zieht er meine Kleidung heraus. Die rote Basecap, die Val mir gekauft hat. Eine Plastiktüte mit Schmutzwäsche. Unterwäsche, Hemden, zwei Jeans und eine kurze Hose.
    »Darf ich mich anziehen?«, frage ich. »Bitte.«
    Meine Badehose ist schwarz mit einem dicken grauen und einem dünnen weißen Streifen. Heute Morgen beim Pool fühlte ich mich darin noch pudelwohl, aber hier im Büro ist es ein lächerliches Kleidungsstück. Die Steigerung wäre nur noch, im Schlafanzug in der Klasse zu sitzen. Allein schon an unserer Kleidung kann man erkennen, dass Barbalala und Perez an der Spitze der Nahrungskette stehen und ich ganz unten. Ich habe keine Chance. Sie werden mich mit Haut und Haar verschlingen. Perez berät sich mit Barbalala. Die Tüte mit der Schmutzwäsche wird zur Seite gestellt. Aus dem sauberen Stapel bekomme ich ein Hemd zugeworfen. Ich ziehe es blitzschnell über meinen Kopf, bevor es sich jemand anders überlegt. Perez gibt mir auch noch eine Jeans, ein Paar Socken und meine Wanderschuhe.
    Sobald ich angezogen bin, fühle ich mich sicherer und sammle auch wieder etwas mehr Mut. Ich bin unschuldig. Wenn ich nur dabei bleibe und ehrlich die Wahrheit erzähle, werden sie mir irgendwann glauben.
    Barbalala und Perez sprechen unablässig miteinander, während sie das rote Käppi in eine Plastiktüte stopfen. Und danach auch meinen Schlafsack, meine schmutzigen Socken und Unterhosen. Sogar meine nagelneue Kamera, mein Flugticket und meine Toilettensachen. Barbalala legt alle Tüten in einen Karton und bringt ihn weg.
    Ich bleibe allein mit Perez zurück.
    »Jetzt werden wir mal ernsthaft miteinander reden«, sagt er, als hätten wir die ganze Zeit nur Witze gerissen. »Valerie hat Señora Somez um neun Uhr noch am Pool gesehen. Wo warst du da?«
    »Auch am Pool.«
    »Wie kannst du das so sicher behaupten? Du hattest doch keine Uhr um?«
    Das bisschen Mut, das ich aufgebaut hatte, rutscht mir gleich wieder in die Hose.
    »Ich möchte meinen Bruder anrufen«, flüstere ich.
    Perez reicht mir sein Telefon.
    Eigentlich weiß ich es schon. Ich habe Martijn während der Ferien schon öfter versucht anzurufen. Auch vergeblich.
    »Keine Antwort?«, fragt Perez.
    Ich schüttele den Kopf. Sergio de la Rosa hat wahrscheinlich jeglichen Kontakt verboten. Ein geheimer Ort, keine Presse und demnach auch keine Mobiltelefone, die den kreativen Prozess stören könnten… Mann, was stinkt mir dieser de la Rosa!
    »Mach dir nicht zu viele Sorgen«, sagt Perez. »Ich bin sicher, dass deine Mutter schnell Kontakt mit uns aufnimmt.«
    Dennoch hinterlasse ich sicherheitshalber eine Nachricht auf Martijns Mailbox. Dass man mich des Mordes verdächtigt und dass ich auf der Polizeiwache sitze. Ob er so schnell wie möglich diese Nummer anrufen könne. Am liebsten, bevor ich lebenslänglich bekomme.
    »Ein Anwalt«, überlege ich mir, als ich Perez das Telefon zurückgebe. »Ich habe doch das Recht auf einen Anwalt?«
    »Das kommt später noch.« Perez wischt meine Worte weg. Er hat ungewöhnlich spitze Finger. Ich stelle mir vor, dass er sie alle paar Tage wie Bleistifte in den Spitzer steckt.
    »Ein Anwalt, der Englisch spricht«, sage ich.
    »Lass uns erst mal versuchen herauszufinden, was genau passiert ist.« Er verschränkt die Arme. »Meine Kollegin holt dir inzwischen etwas zu essen.«
    Glaubt er vielleicht, ich bin ein Affe, der seine Kunststückchen zeigt, sobald ihm eine Banane vorgehalten wird?
    »Fang ruhig am Anfang an«, sagt Perez.
    Also gut, dann los. Ich habe sowieso keine Wahl.
    »Wir sind geschwommen, Val und ich. Das machen wir fast jeden Tag, wenn es so warm ist. Danach haben wir uns in den Schatten gesetzt, auf einen Hotel-Liegestuhl. Das ist eigentlich nicht erlaubt, zumindest nicht, ohne dafür zu bezahlen, aber die

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