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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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mindestens fünf Minuten an sich, sauste dann davon, holte einen rosa Zettel und wies mich an, sofort ins Krankenhaus zu gehen. Sie hatte ein trauriges Gesicht auf den Zettel gemalt. Ich dankte ihr, und sie umarmte mich erneut, hockte sich dann hinter die Couch und schluchzte.
    Henry stürmte zur Tür herein, nachdem er im Tierheim gewesen war, blieb abrupt stehen und heulte los: »Was ist passiert, Isi? Was ist passiert, Isi?« Er öffnete die Arme weit, wollte mich an sich drücken, sein gerötetes Gesicht vor Kummer verzogen, aber Cecilia und Janie mussten ihn zurückhalten, damit er mich nicht wie ein Schraubstock umarmte und dabei meine letzten intakten Rippen zerquetschte.
    »Hat das ein böser Mann gemacht? Ich krieg ihn!«, brüllte er. »Ich krieg ihn!« Er versuchte sich von Cecilia und Janie loszureißen, aber sie hielten ihn fest. Seine ererbte Bommarito-Wut brach sich immer stärker Bahn.
    »Beruhige dich, Henry!«, rief Cecilia, doch er hörte sie nicht. Tränen tropften von seinen roten Wangen.
    »Ich krieg ihn, Isi! Ich krieg ihn!« Er boxte in die Luft, tat so, als würde er jemanden zusammenschlagen.
    Grandma richtete sich hinter der Couch auf und schrie durch ihre Tränen »SOS! SOS!«
    Velvet kam hereingestürzt, erschrak im ersten Moment über mein Gesicht, kümmerte sich dann aber sofort um Henry, der zu heulen begonnen hatte, unterbrochen von Schluchzern, die tief aus seiner verängstigten, liebevollen Seele kamen.
    »SOS! SOS!«, sagte Grandma mit heiserer Stimme, bevor sie sich wieder zusammenrollte.
    »O Isi!«, brüllte Henry und sank zu Boden. »O Isi! Meine Schwester!«
    Ich ging zu ihm, wollte ihn umarmen.
    »Nicht zu doll, Henry, sei vorsichtig«, sagte Cecilia.
    »Eine sanfte Umarmung, Henry«, sagte ich.
    »Ich weiß, ich weiß. Sanfte Henry-Umarmung«, stöhnte er.
    Ich ließ mich auf den Boden sinken, und er streckte die Arme nach mir aus. Cecilia, Janie und Velvet standen bereit, um einzugreifen, falls er sich nicht zusammenreißen konnte.
    Aber Henry war sanft, so sanft, sein liebes Gesicht so nah an meinem, versank er in seinem Kummer.
    Janie rannte zu Grandma.
    »SOS! SOS!«, schrie sie. »Helft uns, helft uns!«

    Wenn man verprügelt wurde, bietet man nackt keinen hübschen Anblick. Janie und Cecilia brachen zusammen, als sie mich sahen. Ausnahmsweise wurde Cecilia mal nicht wütend und fluchte nicht, doch ihr Kummer raubte mir fast den Atem. »Cecilia«, flüsterte ich.
    »Sag … nichts …«, schluchzte sie. »Nichts … ich kann nichts mehr … ertragen …«
    Janies Tränen fielen auf meine Schultern, während sie mir mit ihren kühlen Fingern beim Ausziehen half. Ich hörte sie leise vor sich hin singen, als sie meine Prellungen, Kratzer und Blutergüsse vorsichtig berührte.
    Als ich in ein rosa Flanellnachthemd geschlüpft war und im Bett lag, gesellten sich meine Schwestern zu mir, und wir hielten uns an den Händen und ließen unseren Gefühlen freien Lauf.
    Ich hatte das ausgelöst.
    Ich hatte meinen Schwestern Kummer bereitet.
    Ich zog ihre Hände an meine Lippen und küsste sie.
    Unter einem schräg durch das Fenster fallenden Mondstrahl sammelte sich mein Schuldgefühl in meiner Mitte und wurde zu einer brodelnden, brennenden Masse.
    Ich war schuld daran.
    Oh, wie ich mich hasste.

    Die nächsten Tage liefen nicht gut im Bommarito-Haus. Henry weigerte sich, seinen Freiwilligendienst zu leisten, egal ob in der Kirche, im Tierheim, in Cecilias Vorschule oder im Seniorenzentrum. Er weigerte sich, zur Bäckerei zu gehen. Er wollte mich nicht aus den Augen lassen.
    Machte ich ein Nickerchen, blieb er bei mir und spielte leise mit seinen Murmeln, seiner Briefmarkensammlung oder las in einem Comic.
    Ich wachte davon auf, dass er mein Gesicht aus zehn Zentimetern Abstand ängstlich nach Lebenszeichen absuchte.
    »Geht’s dir gut, Isi?« Sobald ich das bejahte, brach er in Tränen aus, und ich musste ihn in den Arm nehmen und seinen Rücken tätscheln, bis mir seine Tränen nicht länger in den Nacken tropften. »Dein Gesicht! Dein Gesicht! Der böse Mann! Ich krieg ihn!« Er boxte in die Luft. »Ich krieg ihn!«
    Wenn ich tagsüber auf der Veranda ruhte, saß er neben mir, und wir lasen zusammen seine Tierzeitschriften. Wenn ich über das Grundstück humpelte, begleitete er mich. Wir redeten über Tiere und über unsere Präferenzen: Lieblingsfarbe (grün), Lieblingsstaat (Florida), Lieblingseis (Schokolade-Pfefferminz).
    Abends tat ich so, als nickte ich ein, wenn

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