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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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war.
    Ausgerechnet in dem Moment kamen wie aus dem Nichts zwei Riesenlaster angerumpelt, daher musste ich warten, um nicht umgemäht zu werden. Für einen kleinen, dürren, verängstigten Mann bewegte Bao sich recht schnell.
    Nachdem die Laster endlich vorbei waren, humpelte ich den Gehsteig entlang, verlor Bao aber aus den Augen, als er die Hauptstraße verließ und einen von Häusern bestandenen Hügel hinaufschlurfte.
    An der nächsten Ecke entdeckte ich Bao wieder, als er gerade ein weißes Gartentor öffnete und hinter sich schloss. Das Tor befand sich an der Vorderfront dreier Reihenhäuser, die unglaublich baufällig wirkten.
    Zwei Rasenflächen vor den Häusern waren vermüllt, auf einer stand ein lädierter Wohnwagen, auf der anderen ein altes Auto ohne Fenster, überall lag zerbrochenes Kinderspielzeug herum, und vor dem Haus lungerte ein verlotterter Kerl, der mich hinter dem Qualm seines Joints kaum bemerkte.
    Baos Grundstück war ein üppiger Garten Eden, verglichen mit der Wüstenei daneben. Ein gewundener Steinpfad führte zur Eingangstür. Zu beiden Seiten des Pfades wuchsen Blumen und Büsche, und zwei rosa blühende Bäume neigten sich majestätisch über den winzigen Rasen. Ein weißer Spalierbogen führte zur Eingangstür.
    Ich humpelte über die Straße und öffnete das weiße Gartentor. Von der Anstrengung tat mir der ganze Körper weh. Ich sah Bao hinter einem Tulpenbaum in seinem kleinen Garten hocken.
    »Bao?«, sagte ich und trat näher.
    Er redete, jedoch immer noch auf Vietnamesisch. Ich merkte, dass er noch nicht wieder bei sich war. Ich hockte mich vor ihn, er trat mit dem Fuß nach mir und hob die Arme wieder im Karatestil.
    »Alles ist gut«, flüsterte ich ihm zu, wischte mir den Schweiß von der Stirn und warf meine Zöpfe nach hinten. »Alles ist gut.« Ich fröstelte, weil mich die ganze Sache an meinen Dad und jene verhängnisvolle letzte Nacht erinnerte, als Dad Momma die Waffe an die Kopf gehalten und er genauso gekeucht hatte, genauso geweint, genauso geschwitzt hatte wie Bao jetzt.
    Und Bao war Vietnamese, daher brauchte man kein Genie zu sein, um auf die Idee zu kommen, dass Bao wohl in demselben Krieg gekämpft hatte und sich mit denselben Kriegsdämonen herumschlug wie mein Vater, der zu kaputt war, um noch Vater zu sein.
    Bao sprach wieder, und diesmal konnte ich mehr verstehen. Sein Körper schaukelte vor und zurück, vor und zurück, sein Blick starr nach vorn gerichtet, die Hände in Kampfposition.
    Immer wieder hörte ich dasselbe Wort.
    Das Wort lautete: Lauf.
    Lauf, lauf, lauf!
    »Sie kommen!«, schrie er. »Sie schießen! Sie schießen auf uns!«
    »Keiner schießt, Bao. Wir sind in deinem Garten. Du bist in Sicherheit.«
    »Nein!«, kreischte er. »Versteckt euch! Versteckt euch!« Er riss mich an sich, drückte mich zu Boden, schirmte meinen Körper mit seinem ab, er zitterte am ganzen Leibe, verdrehte die Augen, im Geiste war er wieder in Vietnam und bei den Bomben, den Toten, dem Blut und dem Hunger, in der grauenvollen Hölle, die er durchlitten hatte.

18. Kapitel
    In den kommenden Tagen tat ich mein Bestes in der Bäckerei, doch mein Körper fühlte sich immer noch an, als wühlte ein Schwert darin. Ich war erledigt, weil ich im Schlaf die Folterqualen immer neu durchlitt, ich war emotional zerrissen, weil ich so vielen Menschen wehgetan hatte, und außerdem verstört wegen Bao.
    Belinda hatte entsetzt den Mund verzogen, als sie mein Gesicht sah, und sich geweigert, bei uns im Laden ihr Nickerchen zu machen.
    Sie begann zu weinen und zu jammern, schlurfte hinaus und schüttelte den Kopf. Janie lief ihr nach, aber Belinda holte aus und versetzte Janie einen Hieb gegen das Kinn. Das verstörte Belinda noch stärker, und sie warf die Hände hoch und ließ einen schwarzen Müllbeutel fallen. Ein Fläschchen nach Jasmin duftender Lotion zerschellte auf dem Boden.
    Janie wollte sie in den Arm nehmen, doch Belinda schüttelte sie ab und schob ihren quietschenden Einkaufswagen im Laufschritt vor sich her. Ihr Mantel flatterte, ihre Stiefel machten schmatzende Geräusche, und der Kopf ihrer Katze mit der schmutzigen rosa Schleife hüpfte über den schwarzen Müllsäcken auf und ab.
    Diese Szene mit der armen Belinda war schlimm genug, aber was ich in Baos kleinem Haus – und ich meine wirklich klein – erfuhr, gab mir fast den Rest.
    Baos winziger Garten, von den anderen durch einen weißen Gartenzaun getrennt, sah aus wie der Garten eines Engels.
    Ein weißes

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