Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
vom Weinen rot und geschwollen.
»Was ist los, Janie?«
»Wir haben es satt, Isabelle«, blaffte Cecilia.
Janie wimmerte schwach. »Sag es nett, Cecilia. Wie wär’s, wenn wir Yo-Yo Ma auflegen?«
»Nein. Kein Yo-Yo Ma, und ich werde es nicht nett sagen.«
»Sie wurde vor zehn Tagen zusammengeschlagen!«
»Weil sie einen fremden Mann in ihre Wohnung gelassen hat, einen Mann, den sie nicht kannte, mit dem sie nicht ausging, einen Mann, nach dessen Namen sie sich nicht mal erkundigte, hab ich recht, Isabelle?« Cecilia schlug mit beiden Händen auf den Korbtisch. »Und er hat sie beinahe umgebracht. Und mich ebenfalls.«
Ich hatte mich nach dem Überfall bei Cecilia entschuldigt, bis sie müde die Hand gehoben hatte. »Sag kein einziges Wort mehr, ich kann’s nicht mehr ertragen.« Ich hatte mich bei Janie entschuldigt, bis sie sagte: »Hör auf, hör auf. Lass uns Tee hören. Und Scones trinken. Und ein wenig Vivaldi essen. Bitte.«
»Janie und ich haben uns schon immer zu Tode geängstigt wegen deiner One-Night-Stands. Wie konntest du uns das antun?«
»Ich habe Angst um dich, Isabelle«, flüsterte Janie. »Ich habe Angst, dich zu verlieren! Ich habe Angst, dass du beim nächsten Mal stirbst!«
»Und ich habe Angst, dass ich dich eigenhändig erwürge, wenn du das noch mal tust!«, brüllte Cecilia. »Wir brauchen dich. Ich brauche dich für mich, für meine Töchter, zur Unterstützung bei Momma und Grandma und Henry. Und Janie braucht dich. Sie hat nicht alle Tassen im Schrank, und wir beide sind ihre einzigen Freundinnen. Du kannst nicht rumlaufen und dein Leben aufs Spiel setzen, wenn all diese Menschen dich brauchen. Das geht mir auf den Senkel. Du gehst mir dermaßen auf den Senkel.«
»Cecilia …«
»Ich glaube nicht, dass ich ohne dich leben kann, Isabelle«, wimmerte Janie. »Du bist mein Licht. Meine positive Energie und die Schwester meiner Seele.«
»Janie«, wimmerte ich ebenfalls.
Cecilia war noch nicht fertig. »Du lebst nicht völlig allein auf dem Neptun, und du hast uns anderen gegenüber die moralische Verpflichtung, am Leben und gesund zu bleiben. Ist es denn zu viel von dir verlangt, dein Flittchenwesen zu zügeln?«
»Du hast versprochen, nett zu sein, Cecilia!«, warf Janie ihr vor und rang die Hände. »Wie wär’s mit etwas Orangentee?«
»Ich bin nett, verdammt nochmal! Ich bin nett! Ich hab ihr noch nichts Böses an den Kopf geworfen, oder? Ich habe nicht gesagt, sie sei selbstsüchtig, rücksichtslos, ungebärdig, unmoralisch, und zwar schon seit jeher.«
»Du bist gemein!«, protestierte Janie. »Negatives Karma!«
»Gemein ist, dass meine Nase zweimal in einer Nacht geblutet hat und sich mein Kopf anfühlt, als hätte ich einen Tritt dagegen bekommen. Dass meine Schulter brennt, weil sie einen Mörder in ihr Loft eingeladen hat!«, brüllte Cecilia. »Das ist gemein!«
»He!«
Wir fuhren herum und sahen Henry lächelnd in der Verandatür stehen, sein Haar zerzaust vom Schlaf. Er trug seinen Lieblingspyjama mit der Eisenbahn. »He!«, sagte er noch mal. »He, he!«
»Guten Morgen, Henry.« Cecilias Ärger verflog. Wie immer, sobald Henry auftauchte. Henry war für Cecilia wie eine Wärmflasche, eine gemütliche Tasse heiße Schokolade oder ein lebendiger Teddybär oder alles in einem. »Wie hast du geschlafen?«
»Gut. Ich hab geträumt!«
»Und wovon hast du geträumt, Henry?« Er hatte mich gerettet. Ich sank auf meinem Stuhl zurück, zu meinem Schuldgefühl und meinem Kummer.
»Von ein Frosch, hüpf, hüpf.« Er hüpfte.
»Einem Frosch?« Ich musste lächeln. Auch Janie lächelte. Selbst Cecilias Mundwinkel hoben sich.
»Ja, ja. Ein großer Frosch. Wir sind zum See gegangen. Schwimmen.« Er machte Schwimmbewegungen wie ein Frosch. »He! He! Janie traurig! Cecilia wütend! Du auch traurig, Isi? Wegen bösen Mann? Machen wir eine große Kuschelrunde für alle Bommaritos!«
Mir war nicht danach, mit Cecilia zu kuscheln.
Sie verschränkte die Arme. Sie hatte auch keine Lust, mit mir zu kuscheln.
»Los jetzt! Großes Bommarito-Kuscheln!« Henry lachte und streckte die Arme aus. »Los, los! Kuscheln!«
Cecilia sah mich finster an. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Ich hasste mich genauso.
»Kommt kuscheln!«, forderte Henry uns auf. Ich merkte, dass er gekränkt war. »Wollt ihr nicht mit Henry kuscheln?«
Meine Schwestern und ich nahmen ihn in die Arme, Cecilias finsterer Blick immer noch auf mich gerichtet. Janie roch nach Pfefferminz. Cecilia nach
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