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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Schokolade. Henry roch nach Hoffnung. Er war schon immer unsere Hoffnung gewesen.
    Wir umarmten uns, bis Henry zu hüpfen begann. »Wir sind eine Froschfamilie. Froschschwestern, Froschbruder!«
    Ich atmete tief durch. »Ich bin damit durch«, verkündete ich meinen Schwestern, während wir wie Frösche hüpften. »Es tut mir leid, wirklich leid, und ich bin fertig damit. Nie wieder werde ich einen One-Night-Stand haben.«
    »Gut. Eine verdammte Schande, dass du so lange gebraucht hast, um dich zusammenzureißen, verdammt nochmal«, sagte Cecilia hüpfend. Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge, finster blickend.
    »Vielen Dank, Isabelle«, sagte Janie mit hüpfendem Pferdeschwanz. »Vielen Dank. Jetzt hat meine Seele Frieden gefunden, und mein Geist ist besänftigt.«
    Da waren wir also. Drei Verrückte und ein Normaler, die wie Frösche herumhüpften.
    Der Normale war selbstverständlich Henry.

    Endlich war ich mutig genug, mich nachts allein unter die Weide ins Gras zu legen.
    Die dunklen Zweige erinnerten mich an all die Fotos, die ich von tollen Bäumen gemacht hatte, bevor ich mit dem Fotografieren aufhörte. Ich hatte schon immer was für Bäume übrig gehabt, für ihre Symmetrie, ihre Formen, ihre Persönlichkeit. (Doch, Bäume haben eine Persönlichkeit. Man muss nur genau hinschauen.) Ich wischte mir über die Augen und drückte die Traurigkeit fort, die in mir aufstieg, als ich an meinen ehemaligen Beruf dachte, den ich nicht wiederaufnehmen würde nach dem, was passiert war.
    Ich rieb mir die Schulter, auf die der Gürtel niedergesaust war. Ich hatte mit Detective Walter Carrington sowie mehreren anderen Polizeibeamten und Anwälten über Russ Bington gesprochen. Detective Carrington hatte mir versichert, dass Russ nie wieder ohne einen orangefarbenen Overall mit dem Aufdruck HÄFTLING auf dem Rücken das Tageslicht sehen würde und dass er, wenn der Staat Texas sich durchsetzte, demnächst auf dem elektrischen Stuhl brutzeln würde.
    Er hatte mich mit seiner rauen, ruhigen Stimme gefragt, wie es mir gehe, und ich hatte ihm geantwortet, ich hätte immer noch Mühe, nicht endgültig den Verstand zu verlieren, aber ansonsten gehe es mir gut.
    Obwohl meine Blutergüsse verblassten und meine Knochen heilten, war ich voller Schuldgefühle und nach wie vor total verängstigt. Seltsamerweise war ich jedoch nicht depressiv. Ich wartete darauf, wartete auf die verhängnisvolle Schwärze, die mir so vertraut war, doch aus völlig unerfindlichen Gründen senkte sie sich nicht über mich.
    Ich war dankbar.
    Zutiefst dankbar, dass ich nicht tot und begraben war. Die Dankbarkeit hielt meist den Tag über an. Wenn ich diesen Weg auch niemandem empfehlen würde, hatte ich doch endlich erkannt, wie sehr ich das Leben liebte.

    Mein Spiegelbild und ich redeten nach dem Überfall wochenlang nicht miteinander, aber eines Morgens wachte ich auf und starrte mich an, vor allem meine Zöpfe. Ich hatte abgenommen, mein Gesicht hatte die Farbe von Fensterkitt, und mein Kiefer war so geschwollen, als hätte ich am Kinn fünf Kilo zugenommen.
    Doch nach wie vor stand ich aufrecht. Ich lebte noch. Das musste doch wohl für etwas gut sein.
    Ich hatte mir das Haar während eines besonders zermürbenden Auftrags flechten lassen, als ich für eine Dokumentation Menschen in einer Klinik im Kongo fotografieren sollte.
    Bei der Dokumentation ging es um Fisteln. In diesem Fall um Fisteln, bei denen sich ein Loch zwischen der Blase und der Scheide oder zwischen Darm und Scheide bildete. Durch dieses Loch sickerte ständig Urin oder Kot in die Vagina der armen Frau. In den Vereinigten Staaten ist das mit einer einfachen Operation zu beheben, danach kann die Frau losziehen und sich ein paar Highheels kaufen.
    Nicht im Kongo. Der Mangel an medizinischer Versorgung bedeutet, dass eine Betroffene das Problem niemals los wird. Die meisten Frauen und jungen Mädchen in der Klinik, die unter Fisteln litten, hatten Gruppenvergewaltigungen erlitten, manchen waren irgendwelche Gegenstände eingeführt worden.
    Andere Frauen lagen in der Klinik, weil schwere Geburten den Blutfluss unterbrochen hatten, so dass das Gewebe abgestorben war, weil Medizinmänner Abtreibungen schlecht ausgeführt hatten oder weil die Frauen Gebärmutterkrebs hatten. Außerdem gab es Mädchen, die schon mehrere Kinder geboren hatten, weil sie als Kinderbräute an fünfzig Jahre ältere Urgroßväter verkauft worden waren. Bei uns gilt das als Vergewaltigung und wird mit

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